A Talent's Voice

Part 37

"Ich hoffe, ich störe nicht." Ich starre sie an. Was soll ich sagen. "Was ist?" frage ich emotionslos. "Hillary, ich weiß auch nicht. Ich wollte einfach sicher gehen, dass es dir gut geht. Aber du weichst mir aus." Ich sehe sie an. "Das war bisher die schlimmste Nacht meines Lebens. Ich will gerade einfach niemanden sehen, und außerdem muss ich den Schlaf nachholen. Ich weiß nicht Stefanie, ich kann im Moment einfach nicht mehr. Ich will gerade einfach alleine sein, nachdenken können. Dafür brauche ich meine Zeit." Meine Emotionen sind echt am Ende. Es fühlt sich so an, als hätte ich sie alle aufgebraucht. Stefanie sieht mich traurig an. "Ich will dich nicht bedrängen. Ich gebe dir die Zeit, die du zum verarbeiten brauchst." Müde lege ich meinen Kopf schief. "Stefanie, bitte. Wir können wann anders darüber reden, aber ich muss mich dringend ausruhen." sie nickt. "Danke." flüstere ich. Ich schließe die Türe. Ich denke nach. Ich bin so unhöflich. Aber ich kann auch nicht immer nett sein, das ist manchmal einfach zu anstrengend. Ich habe das Gefühl wieder heulen zu müssen. Ich fühle mich wie dieses Sandmännchen aus dem Film 'Hüter des Lichts', als er zum Bösen gemacht wird und sich nicht wehren kann. Bei mir ist es so, ich werde immer mehr das Gegenteil von meinem eigentlichen Ich, innerhalb von Tagen, und das unfreiwillig. Ich kann es auch nicht aufhalten. Ich habe viel Wut und negatives Selbstbewusstsein in mir. Ich spüre es. Aber diese Ohnmacht dabei ist schrecklich. Diese Umwandlung habe ich ganz alleine Jana zu verdanken. Durch ihre psychischen Angriffe hat sie mich von innen zerstört. Aber ich, ich werde zurück kommen. Ich werde diese Hülle besiegen. Ich muss das schaffen, bevor die nächsten Aufzeichnungen stattfinden. Die Proben beginnen bald wieder, mit einem Sidecoach. Ich weiß noch nicht wer es ist, aber ich bin gespannt. Glaube ich, denn eigentlich fühle ich nur Gleichgültigkeit. Leere.

Es ist wieder Probe. Ich habe in den letzten Tagen nicht wirklich viel gemacht. Ich habe teilweise das Essen ausfallen lassen, weil ich sowas wie Hunger in meinem Zustand nicht mehr spüre. Ich soll Survivor singen. Survivor von Destiny's child. Das hat der Leopard auch gesungen, das war meine absolute Lieblingsperformance. Aber ich freue mich nicht nicht wirklich. Ich kann auch mit der Bedeutung des Textes nicht so viel anfangen. Dieses Mal ist Stefanie nicht zufrieden mit meiner Leistung. Und der Sidecoach? Ist Yvonne. Sie sieht mich sorgenvoll an, auch sie scheint so ein bisschen meine Umwandlung zu merken. Was soll ich sagen, ein bisschen? Vermutlich eher stark. Ich erkenn mich selbst nicht mehr. "Nein, Hillary! Was ist denn los, du legst so wenig Gefühle in den Song, das war mal so schön! Komm schon, ich weiß, dass Jana ihre Spuren hinterhlassen hat. Aber das darf dich nicht so kaputt machen! Bitte, versuch es wenigstens."  Mir steigen langsam die Tränen in die Augen. "Ich glaube, wir brechen heute ab und du übst für dich ein bisschen. Und sieh zu, dass du wieder zu dir selbst wirst." Steff will die Probe abbrechen? Yvonne sagt nichts. "Das kannst du nicht machen" flüstere ich. "Das kannst du wirklich nicht machen!" sage ich lauter, verzweifelter. Vielleicht ist auch ein bisschen Wut dabei. Sie strengt sich doch gar nicht so richtig an, um mich zu motivieren. "Hillary, ich kann. Ich habe nicht ohne Grund dieses Lied für dich ausgewählt. Du kennst doch die Bedeutung. Du kannst Englisch. Aber du strengst dich zu wenig an, dir fehlt die Motivation. Ich kann so schlecht mit dir arbeiten. Finde zu dir selbst, dann machen wir weiter." Fassungslos sehe ich Stefanie und dann Yvonne an. Yvonne nickt langsam. "Stefanie hat Recht. In deinem Zustand macht das nicht so viel Sinn. Dein wahres Ich ist verschwunden. Bitte such es." Das kann doch nicht ihr Ernst sein! Ich weiß eigentlich, dass es stimmt was sie sagt, aber ich will es wohl nicht so wirklich wahr haben. In mir steigt die Wut immer weiter. Ich muss aufpassen, dass ich die Türe nicht zuschlage. Ich drehe mich um, in Richtung Türe. Ich scheine aber den Eindruck zu machen, die Türe wieder zuknallen zu wollen. "Hillary!" höre ich den äußerst strengen und auch leicht wütenden Ausruf von Steff. Ich sehe sie aus schmalen Augen an. "Was?!" Sie hat nun auch Wut im Blick. "Lass die Türe ganz." sie betont die Worte einzeln. Es hört sich an wie eine Drohung. Mit vor Schreck geweiteten Augen sehe ich sie an. Eine Drohung. Nicht schon wieder eine Drohung. "Nein" hauche ich, dann renne ich weg. Ich kann mir sowas nicht schon wieder anhören. Mein Puls rast.