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Die Nacht war sternenklar und perfekt für diesen Abend. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schaute ich aus dem großen Fenster des Schlafzimmers und betrachtete die einzelnen Lichtpunkte am Himmelszelt. Jene wurden lediglich von vereinzelten, bunten Explosionen unterbrochen, welche eigentlich erst um Mitternacht starten sollten. Silvester war eines dieser Nächte, auf die ich mich insgeheim immer ziemlich freute. Ähnlich wie zu Weihnachten versammelten sich alle Liebsten, um den Beginn eines neuen Jahres zu feiern. Ein Neuanfang - was auch immer er bedeuten mochte. Für Ino und Sai bedeutete es wohl, endlich ein gemeinsames Zuhause aufzubauen und ihre Bindung noch weiter zu verstärken. Für Naruto und Hinata, ihre gewonnene Liebe voll auszukosten. Selbst Itachi und Lana haben beschlossen, ihrer Beziehung eine zweite Chance zu geben. Die Übergabe des Zweitschlüssels für die Wohnung war wohl eh ein sicheres Anzeichen dafür gewesen. Und ich?

"Worüber denkst du nach?"

Ein angenehmer Schauer überlief meinen Körper, als ich seine raue Stimme hinter mir vernahm. Mein Lächeln wurde automatisch ein Stück breiter. Bemüht langsam drehte ich mich zu Sasuke um. Er hatte sich für den Abend extra ein dunkles Hemd angezogen, da wir uns alle für eine elegantere Feier entschieden hatten. Seine Haare waren leicht zurückgekämmt, was ihm ausgezeichnet stand. Augen, so dunkel, verrucht und geheimnisvoll wie immer betrachteten mich. "Über einen Neuanfang." antwortete ich, als ich an ihn herantrat und meine Hände um seinen Nacken legte. Automatisch zog er mich an der Hüfte näher zu sich heran, sodass ich seinen Herzschlag vernehmen konnte. Belustigt hob Sasuke eine Augenbraue, während er mein Gesicht studierte. "Das klingt ziemlich gut, würde ich sagen." Schmunzelnd stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Noch immer hatte ich mich nicht daran gewöhnt, welchen Einfluss er auf mich hatte. Jede Berührung versetzte meinen Körper unter Strom und hinterließ eine Gänsehaut. Seine Finger fuhren an meinem Rücken entlang, während er den Kuss intensivierte und mich beinahe nach Luft schnappen ließ. Hitze durchströmte meine Adern, als er leicht an meinen Haaren zog und mich noch enger an sich presste. Bevor meine Beine sich gänzlich in Wackelpudding verwandeln und komplett nachgeben würden, löste er sich grinsend von mir. Der Idiot wusste genau, was er mit mir anstellte. Mit erhitzten Wangen schenkte ich ihm nur einen gespielt bösen Blick, bevor wir auch schon wieder von einem gewissen Blondschopf gerufen wurden. Da wir die Feier in Sasukes Haus veranstalteten, war der Gastgeber ziemlich gefragt. Zudem hatte ich jedoch das Gefühl, dass Naruto den Aufpasser spielte - jedes Mal, wenn wir gemeinsam etwas unternahmen, hatten Sasuke und ich kaum einen Moment für uns allein. Als würde Naruto sichergehen wollen, dass alles in Ordnung war. Auf der einen Seite war es verständlich und irgendwie niedlich, dass er auf mich aufpassen wollte. Schließlich hatte Sasuke mir vergangene Woche erst seine Gefühle offenbart, jedoch wurde das Wort Beziehung noch nicht in den Mund genommen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, diese Tatsache noch vor dem Neujahr zu ändern. Zeitlich wäre es wohl möglich gewesen, doch die letzten Tage verliefen einfach zu gut, als dass ich es aufs Spiel setzen wollte. Mir war bewusst, dass ich Sasuke nicht zu sehr bedrängen durfte, sonst würde ich ihn wohl wieder in die Flucht schlagen. Dennoch nagte diese Tatsache an mir - was genau waren wir nun? Eine Freundschaft mit gewissen Vorzügen würde für mich nicht infrage kommen und Sasuke war sich dessen bestimmt bewusst. Natürlich hatte er genau diese drei Worte ausgesprochen, die ich schon mein Leben lang hören wollte, doch bedeutete dies automatisch, dass man zusammen war?

Seuftend verdrehte Sasuke die Augen, als Naruto ein weiteres Mal nach uns rief. "Wir kommen!" antwortete ich schnell, bevor der Uchiha einen kompletten Nervenzusammenbruch erleiden würde. Schmunzelnd nahm ich seine große Hand in meine und zog ihn mit zur Treppe. Eigentlich war ich nur im oberen Stockwerk gewesen, um mich im Bad schnell frisch zu machen und einmal durchzuatmen. Der kurze Abstecher ins Schlafzimmer war unbewusst geschehen, genauso, dass Sasuke mir still und heimlich gefolgt war. Mit Freuden spürte ich, wie er seine Finger mit meinen verschränkte und diese auch nicht löste, als wir unten ankamen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass es ihm vor unseren Freunden noch unangenehm war, sich so zu zeigen oder zu verhalten. Mit der Zeit würde er sich vielleicht daran gewöhnen.
"Da seid ihr ja." sagte Naruto unschuldig grinsend und führte uns zurück ins Wohnzimmer. "Wir wollten eine Runde Bleigießen, habt ihr Lust?" Deswegen hatte er uns gerufen? Ich verdrehte amüsiert die Augen, stellte mich jedoch zu den Anderen an die kleine Kücheninsel. "Was habt ihr denn so lange oben getrieben?" fragte Ino Augenbrauen-wackelnd, sodass ich ihr nur die Zunge rausstreckte und lachte. Wenn sie wüsste. Augenblicklich spürte ich Sasukes Präsenz hinter mir, der über meinen Kopf hinweg das Vorhaben begutachtete. Inos Frage ignorierte er bewusst, doch aus den Augenwinkeln konnte ich das Schmunzeln erkennen. Ich war erleichtert, dass er endlich akzeptierte hierher zu gehören. Zu uns.

Verräterisches HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt