3

645 30 6
                                    

Kritisch beäugte ich mich im Spiegel. Meine rosafarbenen Haare ließ ich wie immer locker über die Schulter fallen und hielt eine Strähne nur mit einer dünnen Klammer zurück. Das rote Kleid, welches mir Ino vor Ewigkeiten mal angedreht hatte, reichte mir lediglich bis zu der Mitte meiner Oberschenkel. Unruhig zupfte ich daran herum, als würde ich es dadurch in die Länge ziehen können. Ich wusste nur zu gut, dass ich wieder nach Hause geschickt werden würde, wenn ich bei Ino in einer Jeans auftauchen würde. Seufzend drehte ich mich einmal und betrachtete meine Kehrseite, bevor ich den Kopf schüttelte und vom langen Spiegel abließ. Jetzt hatte ich eh keine Zeit mehr, um etwas zu ändern. Ich schlüpfte schnell in passende Schuhe und meine Jacke, legte mir die Umhängetasche um und verließ auch schon die Wohnung. Bis zu Ino war es nur ein kurzer Spaziergang, dementsprechend konnte ich mir Zeit lassen. Genau genommen klingelte ich sogar fünf Minuten zu früh, was mit einem belustigten Schnauben kommentiert wurde. "Das du immer überpünktlich sein musst." meckerte Ino, als sie mich unten vor ihrer Wohnung endlich erreichte und wir uns mit Sai auf dem Weg machen konnten. Natürlich war ihr Freund dabei, da deren Beziehung noch relativ frisch war und sie dementsprechend nicht ohne einander konnten. Mir war es recht, ich mochte ihn und seine ruhige Art. Ich hatte das Gefühl, dass die beiden sich mit ihren Gemütern gut ausglichen.

"Bereit für Mission Macker-Finden?" fragte Ino grinsend, als wir den Club nach einer Weile erreicht hatten. Skeptisch hob ich eine Augenbraue. "Ich dachte, du findest einen neuen Namen dafür." Sie zuckte nur mit den Schultern und hakte sich bei uns beiden ein. "Ist doch egal, solange die Mission erfolgreich verläuft." Natürlich musste ich ihr zustimmen, auch wenn mir etwas flau im Magen wurde. Meine anfängliche Zuversicht hatte sich deutlich gelegt, gerade weil wir inzwischen auch im Club angekommen waren und die vielen Leute sahen. Es war brüllend heiß und die Tanzfläche total überfüllt. Ino schien allerdings die Ruhe selbst und zog uns einfach mit, bis wir einen freien Tisch entdeckten. "Gut, dass ich vorher reserviert habe." rief sie uns entgegen, denn anderweitig konnte man sich eh nicht unterhalten. Wie sollte ich so jemand kennenlernen? Das hatte ich gar nicht bedacht.

Sobald wir unsere Sachen unter den Bänken sicher verstaut hatten, schickte Ino Sai auch schon los, um Getränke zu holen. Der Arme tat mir ein wenig leid, als ich die Masse vor der Bar entdeckte. Offensichtlich machte heftiges Tanzen und Rummachen ziemlich durstig. Die Musik fegte über den Club hinweg und erreichte selbst die hinterste Ecke, als ich mich etwas zu Ino beugte. Ihre langen, hellblonden Haare hatte sie zu einem hohen Zopf geflochten, was bei der aufkommenden Wärme wohl auch am klügsten war. "Und wie läuft es so bei euch?" fragte ich sogleich, sodass sie mir nur ein glückliches Lächeln schenkte. "Besser als gut. Der Sex ist..."

"Ino!"

"Was? Das gehört dazu, du Mauerblümchen!" machte sie sich über mich lustig. Ich streckte ihr nur die Zunge heraus. Leider war mein Liebesleben diesbezüglich auch ein wenig dürftig, doch das würde ich ihr jetzt nicht auf die Nase binden. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie das auch so wusste. Nach einem kurzen Plausch über deren Beziehung kam Sai auch schon wieder zurück, sein Gesichtsausdruck sprach Bände. "Das hat ewig gedauert, die Aufmerksamkeit von den Barkeepern zu bekommen." beschwerte er sich und stellte drei volle Gläser hin. Anscheinend hatte er sich für irgendwelche Cocktails entschieden. "Egal, jetzt können wir wenigstens endlich anstoßen." beschwichtigte Ino und erhob ihr Getränk. Wir taten es ihr nach und ließen die Gläser aneinander klirren. Es schmeckte süßlich und hinterließ am nächsten Morgen bestimmt schlimme Kopfschmerzen, wenn man genug davon trank. Allerdings hatte ich heute nicht vor, mir vollends die Kante zu geben. Ich vertrug nicht allzu viel und mochte es nicht, wie mein Körper die Kontrolle verlor. Ganz im Gegensatz zu Ino, wie ich schmunzelnd feststellen musste. Der kleine Schluckspecht hatte ihr halbes Glas schon geext, was Sai auch nur mit einem Seufzen quittierte. Er musste sie später schließlich nach Hause tragen.

Verräterisches HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt