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Einige unerträgliche Sekunden war es totenstill. Ich hörte die Wanduhr ticken und draußen Autos vorbei fahren, doch Sasuke sagte kein Wort. Nicht ein einziges. Ich traute mich kaum aufzusehen und in seine Augen zu schauen, die wohlmöglich einem Eisturm ähnelten. Er hatte mich schon einmal so angesehen, kurz bevor er gegangen war und für Jahre verschwand. Damals ist mein junges Herz gebrochen - ich will das kein zweites Mal erleben.

Ich spürte, wie die Couch unter einem weiteren Gewicht etwas einsank. Sasuke setzte sich neben mich und schwieg eine Weile, bis ich mich traute meinen Kopf zu heben und ihn anzusehen. Er starrte auf das Bild im Regal; sein Blick war nachdenklich, nicht ganz anwesend. Besorgt beobachtete ich seine markanten Gesichtszüge, die fast nie eine Regung zeigten. Warum sagte er nichts? Worüber dachte er nach? Hatte ich doch etwas falsches gesagt?

„Du musst die Frage nicht beantworten, wenn du nicht möchtest. Ist schon okay, es geht mich nichts an." fügte ich etwas zittrig hinzu und knetete meine Hände. Warum fühlte mein Körper sich plötzlich so schwer an? „Nein, es ist in Ordnung." kam es endlich von ihm, als er seinen Blick wieder auf mich richtete. „Ich rede nur nicht gern darüber."
Ich nickte, da ich nicht wusste, was ich antworten sollte. Ich ließ ihm die Zeit, die er benötigte, um seine nächsten Worte zu wählen.
„Itachi und ich sind viel gereist, meistens waren wir nie länger an einem Ort als ein paar Wochen." begann er. „Wir hatten nie das Gefühl, irgendwo anzukommen. Wahrscheinlich war das auch der Sinn der Sache, diese Rastlosigkeit." Seine Stimme hatte eine gewisse Bitterkeit angenommen, die mir wieder eine Gänsehaut verpasste. Am liebsten hätte ich ihn jetzt berührt, doch ich traute mich nicht. „Wir hatten das Glück", er spuckte das Wort beinahe aus, „dass unser Vater so viel Geld angespart hatte. Seine Aktien wurden auf uns überschrieben und wir mussten nie über die Ausgaben nachdenken."

Mir war bewusst gewesen, dass Sasukes Vater viel Geld besessen hatte und seinen Söhnen dementsprechende Summen hinterließ. Ansonsten hätte deren kleine Weltreise wohl auch nicht ohne Probleme funktioniert. Doch selbst die größte Menge an Geld konnte nicht das wett machen, was passiert war: den Verlust.

„Doch irgendwann begann Itachi, über Zuhause zu sprechen. Über den Ort, der in mir nur noch Übelkeit und Schrecken auslöste." Ich schluckte bei seinen harschen Worten. Mir gefiel die Richtung des Gesprächs überhaupt nicht. „Er hatte Heimweh. Er wollte zurück und ein neues Leben beginnen; dort, wo alles für uns geendet hatte - hier." sagte er und seufzte schwer. Ich konnte ihn verstehen, doch seine Worte verletzten mich mehr, als sie sollten. Schließlich war ich auch ein Teil seines Zuhauses gewesen. Wir alle wären für die beiden da gewesen, hätten sie es nur zugelassen. „Ich wollte nicht zurück." rutschte es ihm heraus, bevor er den Blick hob um meine Reaktion zu sehen. Er wusste um meine Gefühle. Wohl besser, als ich selber. Ihm war klar, dass er mich mit jeder Silbe verletzte. Dennoch tat er es.

„Ich wollte nie wieder zurückkehren."

Das Messer, welches mein Herz ein weiteres Mal durchbohrte, ließ mich die Luft anhalten. Meine Hände verkrampften sich zu Fäusten, welche ich in meinem Schoß zusammenballte. Fang nicht an zu weinen, Sakura.

„Itachi überredete mich, mit ihm zurück zu kommen. Unserem alten Zuhause eine Chance zu geben, um einen neuen Start hinzulegen." ergänzte er und wandte den Blick wieder ab. Ich starrte nur an mir herunter, um meine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Natürlich wollte ich mit Sasuke über seine Gefühle und Erfahrungen reden, ganz wie Ino es vorgeschlagen hatte. Schließlich bekam ich jetzt endlich einen Einblick hinter die düstere Mauer, die Sasuke jedem zeigte. Doch Ino und ich hatten eine Sache vergessen: was seine Worte in mir auslösen würden.

„Und..." begann ich, musste aber kurz innehalten, um meine Stimme unter Kontrolle zu bringen. Etwas zittrig sprach ich weiter. „Und hast du es getan? Deinem Zuhause eine Chance gegeben?" fragte ich, obwohl ich die Antwort nicht hören wollte. Ich wusste, was er sagen würde und wollte es nicht aus seinem Mund hören. Es würde nur ein weiteres Messer in meinem Herzen hinzufügen.

Verräterisches HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt