Kapitel 14

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Wie sehr ich es hasse wenn mich alle anstarren. Anstatt das ich den Rundgang in der Pause gemacht hätte oder mit Mila, musste es ja unbedingt eben sein, sodass mich jetzt alle noch mehr angaffen, als sie es eh schon tuen würden.

Der Klassenraum ist relativ groß und hat immer Dreierreihen, sodass sechs Schüler in einer Reihe sitzen.

Mila sehe ich sofort. Sie sitzt in der Mitte des Raumes und ihr lächeln lässt den Raum noch heller wirken, als er eh schon ist. Neben ihr sitzt ein Junge, ich schätze mal, es ist Ben. Der Platz links von ihr, an der Wand ist frei.

»Tschuldige die Störung aber ich habe da jemanden abzugeben. Klasse 11b, das hier ist Liv. Sie geht ab heute in eure Klasse.«

Mit den Worten dreht er sich zu mir um, weil ich noch immer in der Tür steht. Er lächelt mir aufmuntern zu und sagt nun an mich gewand, den Satz den keiner hören will.

»Willst du dich kurz selbst vorstellen?«

Echt. Alle Lehrer sind doch irgendwie gleich.

Ich bewege mich kein Stück aber um es schnell und so unauffällig wie möglich hinter mich zu bringen, rattere ich dann doch was runter. Meine Stimme hört sich seltsam in meinem Ohren an und die Blicke brennen heiß auf mir.

»Ich heiße Liv Bergmann, meine Familie ist neu hier her gezogen und ich bin 17 Jahre alt.«

Mein Gott das klang wie auswendig gelernt. Hoffentlich kann ich mich endlich setzten.

»Na gut, ich werde dann auch mal wieder gehen, wir sehen uns morgen und bringt alle eure Sportsachen mit.«

Liegt das an der Landluft oder warum sind hier alle so fröhlich drauf?

Herr Becker verschwindet, während ich immer noch lost in der Klasse herumstehe. Frau Sommer, die wirklich alt und eine wenig vergesslich aussieht, zeigt auf die Klasse.

»Setz dich ruhig hin, Platz haben wir ja genug.«

Ok vielleicht sind nicht alle super motiviert und gut drauf. Ich muss fast lachen, weil sie genug, jenuch ausspricht, kann mich aber zusammenreissen und gehe an den Schülern vorbei auf die winkende Mila zu, die mich freudig strahlend empfängt.

Frau Sommer kritzelt weiter irgendwas über Gedichtsanalysen, soweit ich ihre Schrift entschlüsseln kann, an die Tafel. Die klasse passt nicht wirklich auf aber die Lehrerin scheint das tuscheln und murmeln nicht zu hören. Mila stupst mich kurz mit der Seite an.

»Du sahst aus, als würdest du gleich umkippen. Hat dich das Radfahren wirklich so aus den Latschen gekippt?«

»Ach quatsch, ich bin doch in Top Form. Was du wieder denkst.«

Sie kichert leise, und Gott wie ich das Geräusch mag. Es hört sich vielleicht komisch an aber ich mag Mila echt gerne, obwohl ich sie erst seit zwei Tagen kenne und ich habe eine Heiden Angst davor, irgendwas falsch zu machen.

Der Junge beugt sich über die drei Tische und grinst mich freundlich an. Ich glaube ich wurde in meinem Leben noch nie, so oft hintereinander, von so vielen Menschen angelächelt.

»Ich bin übrigens Ben.«

»Hi, ich bin Liv.«

Innerlich schlage ich mir dafür gegen den Kopf, er hat eben zweimal meinen Namen gehört. Ich denke mal nicht, dass er so schwer zu merken ist.

»Ich weis.« Er lacht jetzt sogar ein wenig.

Peinlich.

»Ruhe. Lisa, kannst du bitte vom ersten Vers bis zu dem fünften vorlesen.«

Mila schiebt mir ein Blatt hin, auf welchem, wie ich denke, ein Gedicht gedruckt ist. Lisa tut mir leid. Das Gedicht ist verdammt lang und in einer so altertümlichen Schrift geschrieben, sodass sie sich bei jedem dritten Wort verhaspelt.

Das Thema hatten wir mal vor einem Jahr angeschnitten, bis unser Lehrer es aufgegeben hatte, weil keiner die Wörter Verstande hatte  und jeder einen Lachanfall bekommen hat.

Dieses Gedicht allerdings, ist wirklich schwer und ich gebe nach zwei Versen auf mitzulesen. Stattessen beobachte ich meine neuen Mitschüler ein bisschen. Erster Eindruck und so. Lisa ist noch immer am lesen.

»Da stehn noch die schönen Geschirre, Frisch, ihr Mädchen, und schöpft in den etrurischen Krug. Steht nicht der Dreifuß hier auf schön geflügelten Sphinxen?...«

Lisa sitzt eine reihe vor mir und beugt sich soweit über ihren Text, dass man nur ihren Rücken und ein Bisschen von ihrem Hinterkopf sieht.

Neben ihr sitzt zwei Jungs. Generell sind hier viel mehr Jungs, als Mädchen. Also hatte Mila nicht übertrieben.

Ich zähle im Kopf durch. Es sind fünf sechser Reihen in der Klasse, aber nicht auf jedem sitzt jemand. Insgesamt sind es sechsundzwanzig Schüler und Schülerinnen, davon neun Mädchen, mit mir sind jetzt zehn. Der Rest sind Jungs.

Die Meisen unterhalten sich mit ihrem Sitznachbar und werfen dabei ab und zu ein verstohlenen Blick zu mir herüber. Ja als ob ich das nicht merke ihr Kohlköpfe.

»Siehst du, sie merkt es nicht, dass niemand zuhört.«

Flüstert mir Mila ins Ohr, dabei streift mich ihr warmer Atem und ich bekomme Gänsehaut.

Jetzt erst fällt mir was auf.

»Wo ist eigentlich Emma? Meintest du nicht ihr seid zu dritt?«

Mila zeigt auf ein Mädchen in der ersten Reihe. Sie hat hellblonde Haare, welche zu einem Pferdeschwanz gebunden sind und redet grade mit dem Jungen neben sich.

Bevor ich fragen kann warum sie freiwillig in der ersten Reihe sitzt, denn das macht doch niemand, beugt sich Ben wieder halb über Mila, damit ich ihn verstehen kann.

»Mila wollte nicht das du am ersten Tag neben irgendeinem Fremden sitzen musst, also hat sie Emma verdonnert woanders zu sitzen.« Er grinst verschlagen.

»Das stimmt so gar nicht. Ich hatte DICH gebeten aber du musstest ja rumzicken.«

Mault ihn Mila an.

»Gebeten war das aber auch nicht, das war eher ein Befehl.« Jetzt guckt er mich an. »Als sie eben in die Kasse kam war nicht ein einmal ein nettes ,,Guten Morgen, wie gehts denn meinen Lieblingsmenschen?" zu hören. Nur Befehle.«  Ich muss lachen, bei der Vorstellung.

»Ist ja auch egal, jedenfalls hat sich Emma bereit erklärt so freundlich zu sein,«  Ein tadelnder Blick in Bens Richtung, »um Liv den Einstieg zu erleichtern.«

Ben verdreht gespielt die Augen und setzt sich wieder auf sein Stuhl zurück.

Lisa ist endlich fertig mit dem vorlesen und Frau Sommer setzt grade dazu an, ein neues Opfer herauszusuchen, als sie die Schulglocke unterbricht.

»Pause!!!«

Schreit Ben. Ich glaube ich mag ihn.

Mila ignoriert Ben und sieht ich fragend an.

»Wollen wir drinnen bleiben? Oder in die Mensa, wenn du Hunger hast? Wir können auch auf den Hof?«

»Ich mache das, was ihr macht.«

»Perfekt, dann bleiben wir drinnen, ist mir echt zu heiß draußen, und dann noch die ganzen Stufen!« Sie stöhnt laut.

Vielleicht war es doch eine gute Idee gewesen herzuziehen. Hoffentlich.

"Best Friends''  [gxg]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt