Kapitel 46

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Mein bester Freund steht vor mir, seine Hände in den Taschen vergraben, die Haare wie immer verwuschelt. Das einzige was fehlt sind seine Grübchen, die er beim lächeln so oft zeigt.

»War die Zugfahrt ok?«

Ich nicke. »Ja. Nur etwas teuer.«

Er nickt.

Wir gehen langsam aus dem Bahnhofsgebäude, ich kriege jetzt schon schlecht Luft. Großstadt war nie meins. Nervös reibe ich meine schwitzigen Hände an meiner Jenas ab.

»Wo wollen wir hin?« Frage ich mit einem Seitenblick auf sein bebrilltes Gesicht.

»Waffelhaus?«

Ich nicke. Das Waffelhaus war ein altes Café, in welches wir oft mit Lucy gegangen waren. Dort verbrachten wir mehr Zeit, als zuhause.

Nachdem wir schweigend nebeneinander her gegangen sind, wurde unser Schweigen zum Glück abgelöst, wir sind angekommen. Wir setzen uns in die hinterste Ecke.

Ich verschrenke die Arme, langsam merkt man das der Sommer doch zu Ende geht.

Meine Aufregung hat sich gott sei dank ein wenig gelegt, sodass ich meinem besten Freund in die Augen sehen kann.

»Ok, erzähl mal. Wie ist es hier so ohne mich?« Ich grinse ihn an. Mit Erleichterung merke ich, dass seine Gesichtszüge jetzt auch ein wenig lockerer sind, als noch eben auf dem Bahnhof.

»Naja, es ist ruhig. Ich habe ja niemanden mehr, der über alles lacht was ich sage und sonst ist es auch einfach nicht das selbe.«

Ich lächele. Es fühlt sich so gut wieder mit ihm zu reden und zu wissen das ich ihm fehle.

»Glaub mir, ich vermiss dich auch. Am meisten unsere Abende, an denen wir einfach nur dumme Filme gucken.«

Ein Kellner kommt an unseren Tisch und wir bestellen wie üblich, zwei heiße Kakaos.

»Kommst du klar in der Schule, also ich meine jetzt von den Fächern?« Sein Blick ruht interessiert auf mir.

»Japs, noch komme ich mit. Aber Oberstufe ist definitiv schwerer als alles andere. Bin so happy mit den Leuten dort. Du glaubst nicht wir höflich die alle sind. Sagen immer Hallo. Wenn du nicht aufpasst wirst du dann aber erstmal nh halbe stunde zugelabert.«

Er grinst sein übliches Grinsen und lauscht mir gespannt.

Wir reden in den nächsten 60 Minuten über alles und nichts. Er erzählt mir von den neuen Freunden, ich ihm von denen aus meiner Schule.

Irgendwann aber werde ich wieder ein wenig ernster. Etwas liegt immer noch zwischen uns, ich kann es nicht benennen aber es ist da und ich muss es lösen.

John hat nicht so viel Zeit, weswegen ich nicht weis wie lange wir hier noch so sitzen können.

»Ich wollte mich nochmal entschuldigen, dafür das ich mich so wenig gemeldet habe. Ich wollte dir nicht das Gefühl geben, als hätte ich dich abgeschoben oder vergessen oder sowas.« Ein wenig peinlich berührt schaue ich nun auf meine leere Tasse Kakao.

»Ich habe mich ja selber kaum nach dir erkundigt. Du musst dich nicht entschuldigen, wir sind beide Schuld.«

Ich nicke und Endich spreche ich es aus.

»Was ist passiert? Ich meine zwischen uns ist irgendwas, seitdem du dich von Lucy getrennt hast.«

In seinem Gesicht verändert sich aufeinmal etwas. Er sieht mir nicht mehr in die Augen. Nun ist er derjenige, der auf eine Tasse starrt.

»Hör zu, es gab einen Streit und generell, ich war schon seid längerem nicht mehr so richtig verliebt. Ich konnte es ihr nicht sagen. Irgendwann hat sie es wohl irgendwie gemerkt und mich drauf angesprochen. Wir haben gestritten und uns getrennt.«

Ich nicke. Ein wenig überrascht, das er mir das nicht schon früher gesagt hat. Allerdings kann ich ihn auch verstehen. Man gibt nicht gerne zu, eine Person schon längere zeit nicht mehr zu lieben bevor man Schluss macht.

»Ich wollte nicht, das du mich für ein Arschloch hält.« Sein Blick bohrt sich besorgt in meinen. Ich nicke abermals.

»Ich versteh dich und ich bin nicht sauer. Wirklich nicht. Mir tut es nur für Lucy leid, sie mochte dich wirklich sehr und dann noch so auseinander zu gehen ist wirklich nicht schön.«

»Ich wollte sie nie verletzen aber ich konnte nichts dafür.«

Verwirrt sehe ich ihn an. »Wie, du konntest nichts dafür?«

Seine Blick verändert sich wieder. Diesmal schaut er auf seine verschränkten Hände. »Ah nix.«

Ich lass es so stehen. »Wie viel Zeit hast du eigentlich noch?«

Er schaut auf seine Uhr. »Wir sollten uns langsam auf den Rückweg machen. Tut mir echt leid aber ich muss wirklich zu dem Termin.«

Wir bezahlen und gehen wieder in den Trubel von Berlin hinaus.

Langsam schlendern wir zurück. Dabei merke ich, wie froh ich bin hier weg zu sein. Die Stadt ist einfach nicht meine Welt.

Im Bahnhof besorge ich mir noch ein Brötchen, denn ich muss länger fahren und habe echt keine Lust, zwischendurch Hunger zu bekommen.

»Es war schön, dich wieder gesehen zu haben. Vielleicht kann ich ja mal zu dir fahren.«

Ich nicke. »Das wär schön, ich vermisse dich doch mehr als ich dachte.« grinsend knuffe ich ihn in die Seite.

Ein wenig schlechtes Gewissen keimt in mir auf, da er nichts von Mila weis und ich die letzten Wochen viel spaß hatte. Jetzt wo ich ihn aber wieder gesehen und seine Stimme gehört habe, merke ich wie viel mir diese Freundschaft doch bedeutete.

John kommt näher auf mich zu und umarmt mich schwungvoll. Ein kleiner Kloß klemmt mir die Luft ab.

Ich löse mich leicht von ihm.

»Ich muss los...«

Weiter komme ich nicht, denn da legt er plötzlich seine Lippen auf meine.



"Best Friends''  [gxg]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt