Kapitel 9

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Es war Snape. Er stand vor ihrem Sessel, eine Laterne in der Hand, und sah sehr aufgebracht auf.
„Ich mache gar nichts, ich meine, ich lese und mache meine Hausaufgaben, aber ansonsten...", antwortete Hannah gelassen. Innerlich war sie verunsichert, er brachte sie immer noch ein wenig aus der Fassung, aber bei weitem nicht mehr so schlimm wie in der Zeit nach Halloween.
„Ja das sehe ich jetzt auch!", fuhr er sie gereizt an, „aber woher verdammt haben sie diesen Zauber?"
Hannah sah ihn einen Moment irritiert an, dann lehnte sie sich in ihrem Sessel zur Seite, zog ein Buch aus dem Regal neben sich, schlug Kapitel 5 - Verstecken und verbergen - auf und reichte es Snape. Diese überflog das Kapitel, betrachtete den Buchdeckel einen Moment und reichte es ihr zurück.
„Dieser Autor hat sich schon immer gerne in Grauzonen bewegt, die eine Hälfte seiner Werke sind hier und die andere in der verbotenen Abteilung. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Schüler so einen Spruch beherrscht. Ich dachte, er würde hier etwas aushecken."
Er klang erleichtert und entspannte sich ein wenig.
„Wer ist er?", wollte Hannah  wissen.
Snape sah sie nur irritiert an.
„Sie sagten grade, sie hätten befürchtet, dass er hier etas ausheckt. Wer ist er?"
„Das geht Sie gar nichts an, Miss Blackwood!", fuhr er sie heftig an, und die Anspannung kehrte in seine Gesichtszüge zurück.
Hannah zuckte nur mit den Schultern und lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück. Wahrscheinlich hatte er recht, es ging sie nichts an. Außerdem war sie noch ein bisschen beleidigt, dass er sie so lange ignoriert hatte, wo sie doch immer nett und respektvoll gewesen war und ihm geholfen hatte, als er es brauchte.
Snape zog eine Augenbraue hoch und legte den Kopf leicht schief, als erwartete er noch eine nachfrage. Als keine kam wünschte er ihr kurz angebunden eine gute Nacht, was sie erwiderte, dann ging er eilig davon.
Sie und John trafen sich jeden Abend eine Viertelstunde vor Sperrstunde, er holte sie ab. Aber an diesem Abend lies er auf sich warten. Fünf Minuten nach der abgemachten Zeit wurde sie nervös. Selbst wenn sie jetzt losging wurde es knapp, noch rechtzeitig zum Gemeinschaftsraum zu kommen. Wenn sie noch länger wartete, würde sie womöglich Filch nach der Sperrstunde in die Arme laufen und Ärger riskieren.
Sie konnte John aber auch nicht einfach hängen lassen. Er würde womöglich hier warten und denken sie hätte wo anders gesessen und würde jeden Moment kommen. Nervös trat Hannah von einem Bein auf das andere.
Zehn Minuten nach der Sperrstunde beschloss sie, es zu riskieren. Sie riss ein Stück von einer Pergamentrolle mit Notizen ab, kritzelte Bin schon los, tut mir leid, falls du noch nicht zurück bist! Ich liebe dich darauf und machte sich auf den Weg, den Versteck-Zauber aufrecht erhaltend, um nicht von Filch oder anderen Lehrern gesehen zu werden.
Hannah und John hatten es sich angewöhnt, sich jedes Mal Ich liebe dich zu sagen, wenn sie sich voneinander verabschiedeten oder sich beim jeweils anderen entschuldigten. Ganz zu Anfang wollten sie damit nur en Schein ihrer Beziehung aufrecht erhalten, doch jetzt bedeutete es für sie mehr Hab dich lieb, und das stimmte, John war Hannah wirklich sehr wichtig, und auf gewisse Weise liebte sie ihn sehr.
Im Gemeinschaftsraum angekommen sah sie sich um und sah John sofort, Er saß, in ein Buch vertieft, in einem Sessel, den er sich nah an den Kamin gezogen hatte. Zielstrebig ging sie auf ihn zu,sie war ein bisschen wütend dass er sie nich wie immer abgeholt hatte.
„Warum bist du hier, seelenruhig, während ich erst nervös wie sonstwas auf dich gewartet habe und dann alleine durch die Gänge gerannt bin, um nicht von Filch aufgelesen zu werden? Warum bit du vorgegangen ohne mir Bescheid zu sagen?", fuhr Hannah ich, wütend zischend, an.
„Ich hatte einen Riesenstreit mit meinem Freund. Ich wollte einfach nur zurück. Um den Leuten zu erklären warum ich alleine zurück gekommen bin und so aufgewühlt aussah musste ich denen sagen, dass wir Streit hatten, es tut mir leid. Wir haben jetzt einen großen Streit", zischte er zurück, aber Hannah konnte in seinen Augen lesen, dass die Lüge ihm leidtat.
„Na schön, ganz wie du willst!", rief sie aufgebracht, zwinkerte ihm dabei zu. Als er auch zwinkerte schnaubte sie aufgebracht und eilte davon, in ihren Schlafsaal. Dort warteten Victoria und die anderen Mädchen aus ihrem Schlafsaal schon, sie hatten Schokolade, Taschentücher und kitschige Liebesromane schon bereit gelegt. Es war schon eine Tradition unter ihnen, gemeinsam Schokolade zu essen, zu lesen und zu weinen, wenn eine von ihnen in einer Beziehungskriese war oder verlassen wurde.
Victoria nahm sie sofort in den Arm und fragte sanft: „Wie geht es dir? Wir haben schon gehört, dass du und John Zoff habt..."
„Es geht schon, es ist hoffentlich nur ein Streit", antwortete sie, mit dem Gedanken an Schokolade und kitschige Romane fügte sie aber schnell ein Schniefen und ein „Es tut trotzdem Weh" hinzu.
„Das verstehen wir", sagte Victoria liebevoll, strich ihr einHaar aus der Stirn und reihte ihr ein Stück Schokolade und eein Taschentuch.
Ganz der Tradition nach lasen, weinten und lachten sie bis spät in den Abend.

Es war mitten in der Nacht, als Hannah plötzlich hellwach wurde. Es gab nicht einmal einen Auslöser, sie wachte einfach auf und wollte nicht länger im Bett liegen bleiben. Sie nahm einen der Romane, die noch auf ihrem Bett lagen, zog sich ein Kleid über und verließ den Schlafsaal. Im Gemeinschaftsraum lies sie das Feuer im Kamin neu entfachen, es war zuvor nur noch ein wenig Glut, die rötlich glomm, aber weder genug Licht noch genug Wärme zum Lesen verbreitete.
Es war ein kitschiger Roman, so einer, wie Muggel sie an Tankstellen oder in Supermärkten kauften, kaum Inhalt, eine Aneinanderreihung von Drama und Klischees. Sie hatte immer darüber gelächelt und solche Romane nicht ernst genommen, doch heute löste diese kitschige, zuckersüße und klischeehafte Geschichte etwas in ihr aus. Und als die Protagonistin am Ende starb und sich noch von ihrer großen Liebe verabschieden konnte, tropften plötzlich Tränen auf die Seiten und verschmierten die billige Tinte.
Als Hannah das bemerkte, schlug sie das Buch erschrocken zu, warf es auf eins der Sofas und ergriff die Flucht.
Zuerst wollte sie zurück in den Schlafsaal, doch sie wusste, dass sie nicht ruhig sein könnte. Etwas brodelte tief in ihrer Brust, ihr Brustkorb fühlte sich eng und ihre Kehle wie zugeschnürt an, ihre Knie zitterten und auch ihre Finger fühlten sich zittrig und kalt an. Also verlies sie den Gemeinschaftsraum und trat hinaus in den kühlen Korridor. Zum Gluck hatte sie ihren Zauberstab dabei, sodass sie den Versteck-Zauber anwenden konnte, Dieser Zauber ist wahrscheinlich das sinnvollste, was ich jemals gelernt habe, dachte sie und war sehr dankbar, dass nur die hälfte der Bücher dieses Autors in der verbotenen Abteilung standen.
Zwar dachte sie nicht darüber nach, wohin sie ging, doch führten ihre Schritte sie zielstrebig zur Bibliothek. Diese war, bis auf ein paar Hauselfen, die sie nicht verpetzen würden, leer. Schnell ging sie zu ihrer Nische, denn dort fühlte sie sich am sichersten.
Erstaunt stellte sie fest, dass der Zettel, den sie John am Abend hinterlassen hatte, nicht mehr auf dem Tisch lag.
Wahrscheinlich die Hauselfen, dachte sie im ersten Moment. Doch dann nahm sie den Geruch wahr, der Geruch nach Kräutern und Holzfeuer. Und noch etwas, doch das konnte sie nicht zuordnen. Doch dieser Geruch beruhigte sie, lies ihre rasenden Gedanken langsam verstummen. Sie lies sich auf den Sessel sinken und schloss die Augen. Einen Moment lang glaubte sie, Schritte zu hören, die sich eilig entfernten, doch dann schob sie diesen Gedanken fort und nahm sich ein Buch, über welchem sie kurz darauf friedlich einschlief.

Emotions (HP/Severus Snape FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt