Nachdem Hannah den raum verlassen hatte, ging sie ohne Umwege zum Gemeinschaftsraum. Dort traf sie auf Victoria.
„Na, wie lief es?", fragte diese und umarmte Hannah liebevoll.
„Nachsitzen bei Snape halt. Aber die unangenehme Version, nicht nur Rezepte abschreiben."
Sie blieb gar nicht erst im Gemeinschaftsraum stehen sondern ging direkt in den Schlafsaal. Victoria folgte ihr ohne weitere Fragen zu stellen. Es war zwar noch nicht allzu spät, aber Hannah zog sich sofort um und setzte sich ins Bett, mit einem Kissen im Rücken an das Kopfteil gelehnt. Victoria zog sich ebenfalls um und setzte sich neben sie.
„Alles okay?", fragte sie.
Ohne ein Wort nahm Hannah zwei der Tankstelen-Romane von ihrem Nachtschrank und drückte Victoria einen davon nachdrücklich in die Hand.Nachdem alle ins Bett gegangen waren, lag Hannah noch eine Weile wach. Ihre Gedanken kreisten unaufhörlich i ihrem Kopf und ließen ihr keine Ruhe. Sie musste an ihr Gespräch mit Snape denken, und daran, dass alle aus ihrem Schlafsaal die Ferien daheim verbringen würden und über die Hausaufgaben für Verwandlung dachte sie auch nach. Am Anfang hatten ihre Gedanken noch Sinn ergeben, doch nach einer Weile verschwammen sie zu einem Nebel aus Sorgen und Trauer.
Und das schlimmste war, dass sie mit niemandem Reden konnte. John würde die Ferien über auch zu seinen Eltern nach Hause fahren, und er war der einzige, mit dem sie über alles reden konnte.
Kurz überlegte sie, Victoria einzuweihen und ihr alles zu erzählen, immerhin waren sie seid fünf Jahren befreundet. Doch dann musste sie daran denken, dass Victoria zwar eine wunderbare beste Freundin war, aber doch eher einfach gestrickt. Sie verstand nichts, was sonderlich kompliziert oder verstrickt war.
Nachdem sie sich lange hin und her gewälzt hatte fiel sie in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie am Morgen müder erwachte, al sie es am Abend gewesen war.„Ich werde dich vermissen! Du musst mir unbedingt schreiben!", sagte Victoria am nächsten Morgen, als sie sich in der Eingangshalle des Schlosses voneinander verabschiedeten.
„Mach ich, und jetzt beeil dich!", sagte Hannah lachend und schubste sie in Richtung des Eingangsportals. Victoria war sowieso schon spät dran und sollte die Kutschen, die alle Schüler zum Bahnhof bringen sollten, nicht verpassen.
Winkend verschwand Victoria nach draußen und setzte sich in eine Kutsche. Hannah winkte ihr noch kurz hinterher, dann wandte sie sich ab und schlenderte langsam in Richtung Gemeinschaftsraum. Sie hatte sich in der Eingangshalle verstohlen nach John umgesehen - offiziell waren sie noch getrennt, aber sie hatten abgemacht, sich in de Ferien wieder zu vertragen -, hatte ihn aber nicht finden können.
Vor dem Gemeinschaftsraum angekommen atmete sie erleichtert durch. Es waren dieses Jahr nur wenige Schüler in Hogwarts geblieben und fast ihr gesamter Jahrgang war grade auf dem Weg nach Hause. Sie hatte den Schlafsaal für die nächsten zweieinhalb Wochen für sich alleine, und der Gemeinschaftsraum würde fast leer und ruhig sein.
Als sie das Passwort aufsagte und durch die and in den Gemeinschaftsraum trat war dieser tatsächlich leer. Grade als sie sich setzten wollte trat jedoch zu ihrem erstaunen John in de Raum, einen Koffer hinter sich her ziehend.
Erfreut über die Möglichkeit, allein mit ihm zu reden, rannte sie auf ihn zu und umarmte ihn fest.
„Was machst du noch hier? Die Kutschen sind schon los!", fragte sie, als sie sich wieder voneinander lösten.
„Meine Eltern wollen mich hier abholen, wir fliegen in den Urlaub in die Highlands. Sie haben mit Dumbledore abgemacht, mich hier abzuholen, damit ich nicht erst nach London fahren und dann fast genau den gleiche Weg zurück fliegen muss", erklärte er.
„Haben wir noch ein bisschen Zeit oder kommen deine Eltern schon jetzt?", wollte Hannah wissen.
„Sie kommen jeden Moment, ich wollte mich grade auf den Weg machen. Ich werde am Großen Tor abgeholt."
„Ich begleite dich, dann haben wir wenigstens noch ein bisschen Zeit. Und jetzt erzähl mal, was ist zwischen dir und deinem Freund vorgefallen?"
Hannah nahm John die Reisetasche aus der Hand, die er zusätzlich zum Koffer bei sich hatte, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Ohne darüber nachzudenken, aus Gewohnheit, verschränkten sie ihre Finger miteinander.
John erzählte Hannah, wie er sich mit seinem Freund gestritten hatte, da John es nicht öffentlich machen wollte, besonders weil seine Eltern es noch nicht wissen sollten.
„Ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen hätten", meinte er, „aber es wäre wahrscheinlich trotzdem erstmal schwierig für sie. Ich möchte es ihnen im Sommer sagen, wenn wir viel Zeit miteinander verbringen und sie ...Fragen stellen können oder so? Ich möchte es für alle so einfach wie möglich machen."
„Verständlich, finde ich. Ich meine, wenn es eine komplett neue Situation ist ist es gut, wenn sie ordentlich mit dir darüber reden können und sehen, dass du immer noch der gleiche bist. Du solltet es ihnen aber unbedingt sagen!"
„Auf jeden Fall, nur möchte ich den richtigen Zeitpunkt abwarten. Meine Eltern sind total in Ordnung, aber ein bisschen kompliziert..."
Sie liefen langsam, um zeit zu schinden, um sich unterhalten zu können. Obwohl sie nicht über gestern reden konnten, tat es doch unendlich gut, wieder mal mit John reden zu können.
Grade als sie um eine Ecke bogen kam Snape auf sie zu. Seine Körperhaltung war aufrechter als normalerweise, und sein Gang sehr zielstrebig und entschlossen. Auch auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck der Entschlossenheit. Doch als er sie sah blieb er wie versteinert stehen.
Er schaute auf ihre ineinander verschränkten Hände, dann sah er Hannah an.
Seine Schultern sackten ein Stück nach unten, und der entschlossene Gesichtsausdruck wich einem der Kälte.
Einen Moment starrten sie sich an, dann wandte Snape sich John zu und sagte:
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Urlaub, Mr. Edwards."
An Hannah gewandt fügte er mit einem sarkastischen, süffisanten Ton hinzu:
„Und ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten, Miss Blackwood."*
Er kehrte in sein Büro zurück. Nachdem Hannah gestern sein Büro verlassen hatte, war er sofort schlafen gegangen. Eigentlich hatte er noch Hausaufgaben korrigieren wollen, und einige Proben von Tränken aus den letzten Stunden standen auch noch auf seinem Tisch und arteten darauf, analysiert zu werden. Doch er hatte sich nicht konzentrieren können. Nicht einmal auf ein gutes Buch hatte er sich konzentrieren können, also war er ins Bett gegangen. Doch schlafen konnte er auch nicht, also hatte er fast die ganze Nacht im Bett gelegen und an die Decke gestarrt.
Als er dann doch eingeschlafen war, hatte er nur unruhig geschlafen und war schon früh wieder aufgewacht.
Als er sich an seinen Schreibtisch gesetzt hatte, um sich doch zum arbeiten zu zwingen, war ihm ein kleines Stück Pergament in die Hände. Es war eine kleine Ecke, abgerissen von einem größeren Bogen.
Es war der Zettel, den Hannah ihrem Freund in der Bibliothek hinterlassen hatte. Er hatte ihn dort gefunden, in der Nische zwischen den Regalen, in der Hannah so oft saß.
Mit den Fingern strich er liebevoll übe das Pergament, über die Worte, die Hannah eilig darauf gekritzelt hatte. Besonders von den letzten drei Worten konnte er die Augen kaum abwenden. Mit dem Finger fuhr er die Worte immer wieder nach, jeden Buchstaben einzelnd, jeden kleinen Schnörkel und Schlenker.
Und als er da so saß, müde, unkonzentriert, auf ein kleines Stück Pergament starrend, wurde ihm klar, dass er diese Worte an ihn selbst gerichtet lesen, sie hören wollte.
Ihm wurde klar, dass er ein wenig eifersüchtig auf Hannahs Freund war. Doch meinte Hannah nicht gestern Abend noch, sie hätte Gefühle für ihn, und dass sie und John Edwards gar nicht wirklich zusammen waren?
Er warf das Stück Pergament auf den Tisch und fing an, im Raum auf und ab zu gehen. Sollte er sich überwinden und den Gefühlen, die sie beide definitiv hatten, eine Chance geben? Oder sollte er lieber alles vergessen und weiterleben wie bisher?
Konnte er einfach vergessen? War es ihm möglich, das alles, den Kuss, zu vergessen?
Nach einer Weile fasste er einen Entschluss. Er wartete, bis alle Schüler, die über die Ferien nach Hause fuhren, abgereist waren, und ging dann in Richtung Slytherin-Gemeinschaftsraum. Wenn er Glück hatte, würde er sie alleine antreffen.
Bevor er sein Büro verließ nahm er all seinen Mut zusammen, atmete tief durch und straffte die Schultern. Es war ihm immer schon sehr schwer gefallen, über Gefühle zu reden, und es schien immer schwerer zu werden.
Entschlossen ging er eilig los. Doch er kam nicht weit, da sah er Hannah schon auf sich zu kommen Aber nicht alleine, nein, Händchen haltend mit John Edwards.
Er fühlte einen Stich im Herzen und fühlte, wie all die angestaute Bitterkeit und Kälte der letzten Jahre wieder in ihm aufstiegen.
Hatte sie ihn belogen? Oder hatte sie sich einfach umentschieden?
Hatte auch sie einen anderen gewählt?
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Emotions (HP/Severus Snape FF)
FanfictionZehn Jahre ist es her, dass Lily gestorben ist, und der Professor Severus Snape hat ihren Tod noch immer nicht verkraftet. Seid Jahren schon versucht er seinen Kummer in Arbeit zu ertränken. Doch jetzt, wo Lily's Sohn Harry nach Hogwarts geht und er...