Kapitel 6

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Nach diesem Sonntagabend in seinem Büro ignorierte Snape Hannah gänzlich. Der Montag verlief ereignislos ohne dass sie sich begegnet wären. Beim Essen in der großen Halle hatte Hannah immer wieder versucht, seinen Blick einzufangen, aber immer kurz bevor ihre Blicke sich begegnen konnten wandte er sich ab. Den ganzen Nachmittag saß sie in der Bibliothek, im gleichen Sessel wie am Tag zuvor, und wartete auf ihn. Doch er kam nicht.

An diesem Nachmittag erledigte sie alle Hausaufgaben, die noch anstanden, und las in fast allen ihrer Schulbücher das aktuell behandelte Kapitel. Sie war merkwürdig aufgekratzt, ruhelos. In der letzten Nacht hatte sie sehr gut und tief geschlafen, sodass sie heute wirklich wach und ausgeschlafen war - das erste Mal seid einigen Wochen. An den Abenden die sie in Snapes Büro war war sie immer innerlich sehr ruhig, egal wie sehr sie seine Gegenwart auch aufwühlte. Ganz im Gegensatz zu den anderen Tagen, an denen sie äußerlich ruhig war aber innerlich ruhelos.
Er hatte eine unglaublich Beruhigende Wirkung auf sie. Einer der Gründe, warum sie ihn unbedingt sehen wollte.

Erst kurz vor der Sperrstunde eilte sie zurück zum Gemeinschaftsraum. Bis zuletzt hatte sie gehofft, dass er sie suchte. Aber er war nicht gekommen.
Übellaunig stürmte sie in den Gemeinschaftsraum. Alle Blicke wandten sich zu ihr um. Alle Schüler des Hauses hatten sich hier versammelt und in Grüppchen im Raum verteilt. Und so unterschiedlich all diese Gruppen waren, eins hatten sie in diesem Moment gemeinsam: sie starrten das wunderschöne weißblonde Mädchen an.

Sofort glättete Hannah ihre Gesichtszüge und Strich sich kokett grinsend eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Na Prinzessin, wo kommst du denn so spät noch her? ", fragte Markus Flint, der hässliche und unsymphatische Kapitän der Quidditch-Mannschaft.
„Nirgendwo her. Ich war nur noch... In der Bibliothek. Hausaufgaben."
Flint deutete ihr Stammeln falsch, nämlich zu seinem Vorteil. Er dachte, er würde sie aus der Fassung bringen. Dabei war das nicht der Fall. Hannah konnte Flint nicht sonderlich gut leiden.
„Hey Süße", schaltete sich nun auch Victoria ein, „wie geht es dir? "
„Hey! Mir geht es gut, warum fragst du?", antwortete Hannah und lief erleichtert von Flint weg.
„Du bist in letzter Zeit sehr viel in der Bibliothek. Oder auch mal bis spät abends spurlos verschwunden. Und ich als beste Freundin frage mich da natürlich... Gibt es etwas, dass ich wissen sollte?"
War sie ihr auf die Schliche gekommen? Wusste sie etwa, dass sie verliebt war?

Nein, das konnte nicht sein.

„Du brauchst nichts zu sagen. Ich weiß es auch so", behauptete Victoria nach einigen Sekunden.
„Ach ja?", entgegnete Hannah.
„Ja. Du bist verliebt und verbringst deine Abende mit ihm. Ich muss nur noch herausfinden, wer er ist", erklärte sie und klang dabei so selbstsicher, dass Hannah sich ein höhnisches Grinsen nicht verkneifen konnte.
Es hatte keinen Sinn, dagegen anzukämpfen. Victoria hatte ihre Theorie und würde jetzt nicht mehr davon abbringen lassen.
„Ja, vielleicht. Wer weiß? ", sagte Hannah und schenkte ihr ein verschmitzes Grinsen, von dem sie wusste, dass kein Junge dem standhalten würde. Dann wandte sie sich um und ging zum Rest ihrer Clique.
„Hey, Hannah", wurde sie von allen Seiten begrüßt.
Sie lächelte in die Runde und ließ sich auf ihren Platz sinken. Diese Ecke des Raums war der Ort, wo sie sich zumeist sammelten. Es war ein kleines Podest in der Ecke des Raums, auf dem einst eine Statue des Blutigen Barons gestanden hatte. Nun stand dort ein Sessel, Hannah's Sessel. Und davor lagen Sitzkissen und Decken für ihre Fans verstreut.
Es hatte wirklich fast etwas von einer Sekte.

Schon in der ersten Klasse, am zweiten Abend ihrer Anwesenheit in diesem Schloss, hatte sie diese Ecke als ihren Rückzugsort auserkoren. Damals hatte sie hier einige Kissen und Decken auf den nackten Stein des Podests gelegt und von dort aus den Raum beobachtet, sie konnte ganz bequem alles überblicken ohne von der Tür aus gesehen zu werden.
Damals war ihr das Podest so hoch vorgekommen, fast wie ein Turm. Heute sah sie ein, dass dieser eine Meter wirklich nicht die Welt war, aber durchaus ziemlich eindrucksvoll wirken konnte.

Emotions (HP/Severus Snape FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt