Kapitel 25

323 16 3
                                    

Hannah verbrachte die letzten Tage der Ferien fast ausschließlich bei Severus. Bei ihm fühlte sie sich sicher, nicht so alleine. Doch trotzdem gab es kein Entkommen: der Alptraum kam jede Nacht wieder, jede Nacht wachte sie schweißgebadet auf.
Als am Sonntag alle Schüler nach Hogwarts zurückkehrten, beschwerte Victoria sich ununterbrochen, dass Hannah ihr nicht geschrieben hatte. Auch John schmollte, er hatte ebenfalls mit einem Brief gerechnet. Schuldbewusst überreichte Hannah ihnen ihre Weihnachtsgeschenke, die sie zwar gekauft, aber nie abgeschickt hatte.
„Was war denn bitte los mit dir? Du hast alles liegen lassen und warst die ganze Zeit wie vom Erdboden verschluckt?", fragte Victoria halb genervt, halb besorgt, als sie später im Gemeinschaftsraum saßen. 
„Du weißt ja, dass Emily und Eric immer noch versuchen, herauszufinden, wer meine Eltern getötet hat. Sie haben es geschafft. Ich war einfach ziemlich aufgewühlt."
Das war nur die halbe Wahrheit, den Großteil der Ferien hatte sie bei Severus verbracht, über den Tod ihrer Eltern hatte sie erst am Ende der Ferien mehr erfahren, aber das konnte sie ja niemandem so sagen.
„Oh, Hannah", Victoria nahm sie fürsorglich in die Arme und hielt sie fest.
Eine Welle von Trauer wallte in Hannah auf. Sie liebte Severus, und er liebte sie, doch sie würden es immer geheim halten müssen. Niemals könnte sie John und Victoria von ih erzählen, niemals ihren Eric und Emily. Kein erstes Essen zu Hause mit der Familie. Keine Familienfeiern, an denen er teilnehmen könnte.
Keine Verlobungsfeier, keine Hochzeit, niemals.
Obwohl sie noch nicht lange, erst wenige Wochen, ein Paar waren, war es für Hannah nie eine Frage gewesen, ob sie den Rest ihres Lebens miteinander verbringen würden, denn natürlich würden sie das. Alles andere kam ihr unsinnig, unrealistisch und falsch vor.
Sie ließ sich von Victoria festhalten und gab sich ein paar Minuten lang der Trauer und Erschöpfung hin. Vielleicht war sie nur müde, vielleicht brach sie auch langsam innerlich, doch sie fühlte sich plötzlich einfach nur schrecklich, so schrecklich, wie schon lange nicht mehr...
Hannah machte sich von Victoria los und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, in denen sich einzelne Tränen angesammelt hatten.
„Und jetzt erzähl mir, wie du und John euch wieder vertragen habt", forderte Victoria sie auf.
Die ganze Geschichte mit John hatte sie fast vergessen. Allein der Gedanke, sich nur noch abends heimlich mit Severus treffen zu können, lies sie verzweifeln.
„Er hat mir einen Brief geschrieben und sich entschuldigt."
„Und das hast du einfach so hingenommen? Du bist Hannah, du brauchst nicht auf die Entschuldigung eine Typen warten, der dich nicht respektiert", wandte Victoria ein.
„Aber ich mag John. Und er respektiert mich. Wir hatten nur einen Streit, es ist ja nicht so, als hätte er meine Eltern getötet oder so", zischte Hannah aufgebracht.
Als sie merkte, was sie grade gesagt hatte, schossen ihr die Tränen erneut in die Augen. Sie nahm es Severus wirklich nicht übel, er dachte damals, sie würden ein kleines Mädchen angreifen und wollte eine Familie beschützen, und doch verfolgte der Gedanke sie überall hin.
„Was redest du denn da? Es scheint dir ja immer noch ziemlich nah zu gehen, dass Emily und Eric nach dem Mörder deiner Eltern suchen", bemerkte Victoria und lachte laut.
Du hast ja keine Ahnung, dachte Hannah, doch sie klang in das Lachen mit ein, wenn auch sehr gezwungen.

Den ganzen Tag wartete sie nur darauf, sich endlich mit John zu treffen und in die Bibliothek zu gehen, damit er sich mit seinem Freund (mit dem er sich wieder vertragen hatte) und Hannah sich mit Severus treffen konnte.
„Eines Tages musst du mir auch mal verraten, was du eigentlich die ganze Zeit machst", verlangte John, „triffst du dich auch mit jemandem oder sitzt du hier die ganze Zeit alleine rum?"
„Oh, meistens sitze ich hier alleine rum, jemand wie ich hat nicht so häufig seine Ruhe", sagte Hannah lächelnd.
„Stimmt, du bist tatsächlich fast nie alleine", stimmte John gedankenverloren zu, er schien gedanklich schon gar nicht mehr bei ihrem Gespräch zu sein.
Gemeinsam gingen sie noch in einen weniger belebten Teil der Bibliothek und verabschiedeten sich dort voneinander. Hannah verschwand in ihre Nische, John dorthin, wohin er immer verschwand (sie wusste noch immer weder, mit wem John sich traf, noch wusste sie, wo).
Als sie in ihrer Nische ankam saß Severus schon dort, in ein Buch vertieft.
„Hallo", sagte sie leise.
Sein Blick hob sich vom Buch und er schaute ihr in die Augen. Ihm in die Augen zu sehen ließ alle ihre Probleme, zumindest für eine kurze Weile, in den Hintergrund rücken, dieses schreckliche, bedrückende Gefühl, das sie den ganzen Tag verspürt hatte, loste sich von ihr und machte Platz für ein leichteres, süßeres Gefühl. Liebe.
Severus sagte nichts, er lächelte sie nur an und legte sein Buch beiseite. Hannah setzte sich auf seinen Schoß und lehnte ihren Kopf mit einem Seufzer gegen seine Schulter.
„Wie geht es dir, mein Herz?", murmelte er in ihr Haar. Sie seufzte nur demonstrativ noch einmal.
„Und dir?", fragte sie dann.
Er schaute zu ihr hinab, umfasste ihr Kinn und fuhr mit dem Daumen über ihre Unterlippe.
„Mir ginge es wahrscheinlich besser, wenn ich einen Kuss bekäme."
Ein Grinsen machte sich auf Hannahs Lippen breit, und sie umfasste sein Gesicht mit den Händen.
„Ist das so? Ich will nicht Schuld daran sein, dass es dir nicht so gut wie nur irgend möglich geht", sagte sie. Dann legte sie ihre Lippen auf seine.

Sie saßen eine Weile einfach nur aneinander gekuschelt da.
„Weißt du, du bist einfach wunderbare Gesellschaft, Severus."
Verwirrt sah er sie an.
„Du bist lustig ohne nervig zu sein. Du kannst schweigen ohne langweilig zu sein. Das kann nicht jeder", erklärte sie und wurde ein wenig rot.
„Bist du etwa ein wenig genervt von deiner Gesellschaft im Gemeinschaftsraum?", fragte er grinsend.
„Nicht nur ein wenig", gab sie zurück.
„Ich habe mich in den letzten Tagen so daran gewöhnt, dich um mich zu haben, dass es sich komisch anfühlt, alleine zu sein", gestand er ihr.
„Das kann ich mir fast vorstellen."
„Ich hätte das niemals gedacht. Ich habe sei meinem Abschluss von Hogwarts alleine gewohnt. Ich müsste daran gewöhnt sein."
„Weißt du eigentlich, wie verdammt traurig das klingt?", fragte Hannah lachend.
„Ja...Ich bin nun einmal traurig ohne dich", antwortete er, ebenfalls lachend, dann schloss er sie ein wenig fester in die Arme.
„Und mit dir...mit dir bin ich glücklicher, als ich jemals zu hoffen gewagt hätte."

Sie war todmüde, aber überglücklich ins Bett gegangen.
Natürlich, sie hätte lieber bei Severus geschlafen, trotzdem hatte ihr Treffen, seine Küsse und sein Lache, sie glücklich gemacht.
Aber trotz ihrer Glückseligkeit am Abend kehrte der Traum zurück. Der gleiche Traum wie immer.
Doch dieses Mal konnte sie ein Gesicht unter der Kapuze sehen.
Severus Gesicht. 

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: May 18, 2021 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Emotions (HP/Severus Snape FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt