Kapitel 15

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»Wie geht es dir?«, fragt Alex besorgt, als ich am nächsten Morgen die Treppen herunterkomme. Der Duft von frischem Kaffee und Frühstückseiern dringt zu mir herüber und lässt mich seufzen.

»Ganz gut, mein Kopf tut weh und... sonst auch so ziemlich alles, aber ansonsten...«, sage ich und lache verlegen. Ich greife mir an die Stirn, wo eine Kompresse meine Wunde bedeckt. Die werde ich wohl noch länger sehen und fühlen können... Ich lasse mich in die Couch sinken und schließe genüsslich die Augen. Letzte Nacht schweiften meine Gedanken ständig zu Drake und zu allem, was er uns erzählt hat. Das ließ mich einfach nicht zur Ruhe kommen... ich bekam fast kein Auge zu. Ich finde einfach keine plausible Erklärung, wieso er geblieben ist. Oder warum er denkt, ich sei ein Dämon!

»Ja, was das angeht...«, sagt Alex und setzt sein Entschuldigungs-Gesicht auf.

»Nein, lass das! Entschuldige dich nicht bei mir!«, raune ich und wedle mit der Hand vor seinem Gesicht herum.

»Wieso nicht?«

»Weil du nichts davon mit Absicht getan hast! Du warst nicht du selbst und ich wollte dir helfen. Ich bin dir nicht böse, also entschuldige dich nicht ständig dafür.« Er nickt und reicht mir schmunzelnd eine Tasse Kaffee.

»Was machen wir wegen Rob, Jason und Brad?«, frage ich und setze mich zum Esstisch, der viel zu groß wirkt ohne sie. Nun haben wir alle verloren, unsere ganze Familie. Ja, ich betrachte sie immer noch als Familie, obwohl ich nun weiß, was sie wirklich tun. Ich kann sie dafür nicht verurteilen oder sie von mir stoßen, sie sind die einzige Familie, die ich noch habe. Außerdem glaube ich immer noch, dass ihr Handeln daher rührt, dass sie nicht nachdenken, was sie tun, sondern einfach das Vermächtnis ihrer Familie weiterführen.

»Und Zed«, fügt Alex hinzu und setzt sich zu mir, was mich aus meinen Gedanken reißt. »Wir müssen es wohl irgendwie schaffen, dass Zeds Verbrechen aufgedeckt werden. Mit seinen Fingern im Spiel bekommen wir sie niemals aus dem Gefängnis.«

Verbrechen. Dieses Wort klingt so abgenutzt, so vollkommen unpassend für die Grausamkeiten, die er mit mir angestellt hat. Er ist ein Monster. Das wurde mir gänzlich bewusst, als ich herausfand, dass er sogar bereit wäre, mich in eine Psychiatrie zu stecken und Alex einsperren zu lassen. Es reicht ihm nicht, mich sieben Jahre lang zu verprügeln, er muss auch noch mein restliches Leben zerstören. Mir jeden Lebenswillen nehmen. So, als würde er mir die Schuld an Moms Tod geben. So, als wäre ich irgendeine Fremde, die ihr Andenken beschmutzt.

»Und wie stellen wir das an? Alle denken, dass ich psychische Probleme habe und du ein bösartiger Entführer bist. Wir beide haben nicht gerade gute Chancen bei der Polizei...«

»Wer sagt denn, dass wir zur Polizei gehen?« Alex grinst mich an und nimmt einen Schluck aus seiner Tasse.

»Was hast du vor?«, frage ich und sehe ihn misstrauisch an.

»Du wirst schon sehen.« Alex grinst, steht auf und kommt um den Tisch herum zu mir. Er streckt mir beide Hände hin, damit ich aufstehe. Ich kneife unsicher die Augen zusammen und folge zögernd seinem Angebot.

»Was...?«, bevor ich zu Ende sprechen kann, küsst er mich überraschend. Für einen Moment reiße ich perplex die Augen auf, da ich damit nicht gerechnet habe, aber dann schlinge ich meine Arme um ihn, stelle mich auf Zehenspitzen und küsse ihn leidenschaftlich zurück. Alex gleitet mit seinen Fingern über meine Rippen, wobei er auf die Stelle stößt, an der Drake mich geschlagen hat. Ich stöhnte kurz ohne meine Lippen von seinen zu nehmen und schubse seine Hand weg. Er versteht und geht zum Glück nicht länger darauf ein. Als er sich nach einer Weile wieder von mir löst, bin ich ganz schwach. Alex hält mich immer noch und lächelt mich verliebt an.

SOPHIE (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt