Gerade als ich Drake fertig festgebunden habe – so gut das mit meinen vor Kälte zitternden Händen möglich war – wird die Tür mit einem so lauten Knall, der mir bis in die Knochen fährt, aufgerissen und fällt krachend an die Wand. Ich schrecke zurück und falle fast über den bewusstlos gefesselten Drake/Alex.
»Sophie!« Alex – der richtige Alex – kommt auf mich zugelaufen.
»Alex!« Voller Erleichterung laufe ich ebenfalls auf ihn zu und falle ihm schluchzend in die Arme. Er hebt mich ein paar Zentimeter vom Boden hoch und drückt mich an sich. Eine leise Träne tropft auf sein Shirt, von der ich im Moment nicht weiß, ob sie von Erleichterung oder von Angst angetrieben wird.
»Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist«, flüstert er und nimmt mein Gesicht in beide Hände.
»Naja, fast nichts...«, verbessert er sich, als er meine aufgeplatzte Lippe, die Platzwunde an meiner Stirn und das verschmierte Blut unter meiner Nase bemerkt. Ich habe das Ergebnis unserer Prügelei noch nicht betrachten können, da hier nirgends ein Spiegel steht, aber ich kann es mir ungefähr vorstellen.
»Wo sind denn alle?« Mit alle meint er die Dämonen, die wir hier erwartet haben.
»Es war nur er hier«, sage ich und zeige hinter mich, wo Drake ziemlich ungeschickt von mir auf einem Stuhl festgebunden wurde. Sein Kopf hängt leicht nach hinten und er schnarcht leise, aber ansonsten scheine ich ganz gute Arbeit geleistet zu haben... Alex schaut mich mit großen Augen an, als er Drake so sieht. Er kann es wohl gar nicht fassen, dass ich das mit ihm angestellt habe. Tja, es war auch nicht wirklich leicht, muss ich zugeben.
»Wie...? Was...? Sophe?« Die Tatsache, dass ich es geschafft habe, Alex sprachlos werden zu lassen, bekräftigt mich in meiner Vermutung, dass ich einen guten rechten Haken habe.
»Ich hatte einen guten Lehrer«, sage ich und gebe ihm einen Kuss in den Mundwinkel. Sein Blick sucht wieder meinen und er lächelt.
»Das kannst du nicht wegen mir.« Eine Sekunde lang denke ich, er fängt gleich an wie Drake und sagt, dass ich ein Dämon und nur deshalb so stark bin. Aber das bin ich nicht! Ich weiß wer ich bin. Ich bin Sophie Wilson, ein normales Mädchen, das sieben Jahre lang von ihrem Vater geschlagen wurde und da rausgekommen ist! Ich bin das Mädchen, das einen Dämon besiegt hat, der mich vergewaltigen und umbringen wollte und darauf bin ich verdammt stolz. Wahrscheinlich war dieses Gerede nur Teil seines Plans. Er wollte mich verwirren und mir meine Stärke und Kraft rauben, weiter nichts.
»Du bist wirklich die stärkste Person, die ich kenne«, meint Alex dann zu meiner Verwunderung und Erleichterung. Ich muss beinahe lachen über seine Worte.
»Nein! Nein, das bin ich nicht! Das...« Ich zeige auf Drake hinter mir. »... war einfach nur ein glücklicher Zufall. Gut, er hat mich auch wütend gemacht, aber eigentlich hätte er mich überwältigt. Aber als er dann so mit mir geredet hat – so wie mein Vater – wurde ich wütend und wollte ihm nur noch eine verpassen! Und weil er mir seine ekelhafte...« Erst jetzt merke ich, dass ich wie aufgezogen plappere und nicht einmal nachdenke, was ich Alex da erzähle. Wenn er hört, was Drake alles mit mir angestellt hat, wird Alex ihn auseinandernehmen.
»Er hat was?«, will Alex wissen und sieht mich mit seinem durchdringenden Blick an.
»Gar nichts! Er... Drake hat...«
»Drake?«
»Das ist sein Name. Er ist Architekt...«, sage ich und verziehe das Gesicht, als ich mich daran erinnere, warum er diesen Job so sehr mag. Alex sieht mich völlig verwirrt an und geht an mir vorbei zu Drake.
»Hattet ihr einen netten Kaffeetratsch, während ich weg war?!«, ruft er und sieht mich wütend an.
»Nein! Ich habe versucht etwas aus ihm herauszubekommen wegen May!«

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SOPHIE (Band 1)
FantasiSophies Leben glich einem Traum bis ihre Mutter starb und ihr Vater, vor Trauer geblendet und gebrochen, anfängt sie zu schlagen. Das einzige Beständige, das sie noch auf den Beinen hält, ist ihr Kindheitsfreund Alex, mit dem sie alle Schwierigkeit...