Kapitel 13

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»Also, Sophie. Du weißt, was du zu tun hast«, sagt Rob und beugt sich über die Mittelkonsole seines Wagens nach hinten, um mich ansehen zu können. Die Fahrt hierher war der reinste Horror. Alle redeten auf mich ein, bauten mich auf – versuchten es zumindest – und wollten mich bestmöglich auf das vorbereiten, was mich da drinnen erwarten würde, doch das können sie nicht. Keiner kann das. Ich starre auf meine Füße und versuche, meine Atmung so gut es geht zu kontrollieren, um mich ein wenig zu beruhigen. Meine Hände zittern wie verrückt und mir wird abwechselnd kalt und warm, als müsste ich mich gleich übergeben.

»Alles wird gut, das verspreche ich dir!«, sagt Rob noch, als er meinen steif nach unten gerichteten, verängstigten Blick sieht. Ich schlucke und nicke nur. Alex drückt leicht meine Hand und lächelt mich ermutigend an.

»Ich weiß, dass du das schaffst. Ich bin direkt hinter dir.« Mit einem kurzen Blick in Richtung Brad und Jason steige ich aus dem Wagen und warte bis sie weggefahren sind. Ich stehe vor einer verlassenen und heruntergekommenen Bar. Mittlerweile ist es finster geworden, weshalb das alte Gemäuer noch gruseliger und gespenstischer wirkt. Die Gewissheit, dass sich hier drinnen ein Dämonen-Nest befindet, die wahrscheinlich alle darauf aus sind, mich zu töten, macht meine Angst nicht gerade besser. Ich beobachte wie die anderen zurückkommen und sich vor jedem Ausgang postieren, um einzugreifen, wenn ich Verstärkung brauche. Sie sind sozusagen meine Lebensversicherung. Allerdings ohne Garantie...

Alex nickt mir zu und ich setze mich in Bewegung. Jetzt kommt es auf mich an. Ich wollte Teil dieser Familie sein, nun kann ich es beweisen. Rob meinte, da es meine Idee war, sollte ich auch die Hauptrolle bei unserem Plan spielen. Was in seinem Fall heißt, den Köder. Ich soll reingehen und versuchen etwas über Mays Aufenthalt herauszufinden oder einfach irgendwie versuchen, nicht getötet zu werden. Ja, der großartige Plan stockt an dieser Stelle ein bisschen, da keine Zeit war eine bessere Strategie herbeizuzaubern. Also überlassen sie das einfach meiner Intuition. Hoffentlich verlässt sie mich nicht.

Ich drücke die Tür auf, die mit einem Knall nach innen aufschwingt. Eine riesige Staubwolke gefolgt von einer Welle kalter Luft kommen mir entgegen. Jetzt wird mir klar, warum Alex mich gezwungen hat, einen Pullover anzuziehen. Ich huste kurz, als ich von der Staubwolke eingeschlossen werde und trete ein. Vorsichtig mache ich ein paar Schritte in den dunklen Raum. Hinter mir fällt die schwere Tür hart ins Schloss, was mich zusammenfahren lässt. Mein Herz rutscht mir in die Hose, als mir bewusst wird, dass diese Mission anfängt wie ein preisgekrönter Horrorfilm. Wenn ich jetzt im Kino sitzen würde, hätte ich gedacht: »Das wars... sie ist tot!« Und meistens hatte ich mit dieser Annahme leider recht.

»Reiß dich zusammen, Sophie!«, murmle ich mir zu und rufe mir in Erinnerung, dass ich das alles für May tue. Mittlerweile haben sich meine Augen an die Dunkelheit gewohnt, sodass ich den Raum klarer sehen kann. In der Mitte befindet sich eine lange Theke mit Hockern. Links und rechts von mir sehe ich nur ein schwarzes Loch, was meinen Angstpegel wieder anhebt. Ich schreite langsam auf die Bar zu und zucke bei jedem Schritt, der von den Wänden widerhallt, zusammen.

»Na wer kommt denn da?«, fragt eine tiefe Stimme vor mir. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und reiße meine Augen so weit es geht auf, doch das hilft nichts in diesem finsteren Loch. Mein Puls pocht laut in meinen Ohren, ich traue mich kaum zu atmen. Einige Zeit höre ich nichts, aber dann kommen plötzlich Schritte auf mich zu.

»Es ist die Kleine von der Jägerfamilie!«, haucht mir jemand von hinten ins Ohr. Ich schreie kurz und springe zur Seite, doch ich kann immer noch niemanden sehen. Wie hat er sich bloß so schnell an mich herangeschlichen? Aber was mich viel mehr beunruhigt, ist die Tatsache, dass er mich kennt! Er zündet mit einem Streichholz die Kerze in seiner Hand an, sodass ich ihn endlich sehen kann. Dunkelgraue Augen starren mir entgegen und sind ungewöhnlich nah an meinen. Ich mache erschrocken einen Schritt zurück.

SOPHIE (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt