»Mary?«, sage ich ins Telefon.
»Sophie, was ist los?« Klingt meine Stimme wirklich so brüchig und verletzt, dass sie sofort denkt, es ist etwas passiert? Oder fragt sie das nur, weil in den letzten Tagen immer etwas passiert ist, wenn ich den Kontakt zu ihr gesucht habe?
»Ähm... nichts«, lüge ich. Ich will nicht schon wieder zu ihr rennen wegen jeder kleinen Meinungsverschiedenheit mit Alex. Ich bekomme das alleine auf die Reihe, so wie immer. Ich habe sieben Jahren lang jedem verschwiegen, dass ich von meinem Vater misshandelt wurde, also sollte ich doch wohl in der Lage sein eine Beziehung zu führen.
»Ich wollte nur fragen, ob du weißt wo Drake steckt.«
»Oh... nein, tut mir leid Schatz, aber ich habe ihn seit letztem Abend nicht mehr gesehen.«
»Okay, danke.« Ich will schon auflegen, aber sie hält mich auf.
»Weißt du was jetzt mit Zed passiert?«, fragt sie und erinnert mich wieder an alles.
»Ähm... ja, es wird vor Gericht das Strafausmaß verhandelt.«
»Musst du aussagen?« Ich zögere.
»Dazu könnte es womöglich kommen...«
»Phie, wenn du irgendetwas brauchst...«
»Ja, ich weiß. Wiederhören!«, sage ich bloß und lege auf. Ich bin gerade nicht in der Verfassung darüber nachzudenken, was noch alles auf mich zukommt.
»Drake?«, rufe ich in die Bar, in der wir ihn gefunden haben. Meine Stimme hallt von den Wänden wider und hinterlässt ein kribbeliges Gefühl in mir. Ich schlucke. Da ich nicht weiß, wo ich sonst nach ihm suchen soll, versuche ich es hier. Auch wenn ich nicht sehr begeistert davon bin wieder in diese gottverlassene Bar zu marschieren. Außerdem nehme ich an, dass diese Bar sowas wie sein Zuhause ist, auch wenn das ziemlich traurig wäre. Ich mache noch einen Schritt in das dunkle Gebäude und sofort dringen etliche Erinnerungsfetzen in meinen Kopf zurück. Drake mit lüsternem Blick hinter der Theke. Wie er seine Finger hart in meine Taille bohrt und meinen Pulli zerreißt. Die Angst gleich vergewaltigt zu werden und seine ekeligen Lippen, die er gewaltsam auf meine presst. Ich schüttle den Kopf und versuche meine Gedanken zu vertreiben.
»Drake!«, schreie ich noch einmal. Plötzlich werde ich von hinten geschnappt und in eine noch dunklere Ecke gezerrt. Ich kreische kurz, was aber nicht viel bringt, da mir der Mund mit Gewalt zugehalten wird.
»Sei still, Prinzessin!«, flüstert dieser Jemand hektisch in mein Ohr.
»Drake?«, frage ich, was durch die Hand vor meinem Mund gedämpft wird.
»Ja, hast du mich vermisst?« Er lässt mich los, damit ich mich umdrehen kann. Ich verziehe angewidert das Gesicht über seine Frage.
»Wer könnte dich denn schon vermissen?« Er grinst weiterhin und seufzt. »Wieso verstecken wir uns hier und flüstern? Willst du mich wieder dazu bringen mit dir zu schlafen?«, frage ich sarkastisch. Drakes Blick wird lüstern und er grinst mich schief an.
»Das würde dir bestimmt gefallen... aber nein, diesmal nicht. Ehrlichgesagt verstecke ich mich vor jemandem.« Ich runzle die Stirn und sehe mich um.
»Vor wem denn?«
»Ähm... ein paar Kollegen...«, meint er bloß und weicht meinem Blick aus.
»Und wieso?«, hake ich nach.
Er zögert.
»Ich habe ihnen vielleicht etwas gestohlen.«
»Vielleicht?« Er sieht mich genervt an und holt Luft, um etwas zu erwidern, hält dann aber inne. Neben uns kann man plötzlich Schritte hören. Wow, anscheinend hat er mich einmal nicht angelogen. Ich erstarre und halte die Luft an. Auf einmal komme ich mir vor wie eine kleine Maus, die in die Falle gelaufen ist.
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SOPHIE (Band 1)
FantasySophies Leben glich einem Traum bis ihre Mutter starb und ihr Vater, vor Trauer geblendet und gebrochen, anfängt sie zu schlagen. Das einzige Beständige, das sie noch auf den Beinen hält, ist ihr Kindheitsfreund Alex, mit dem sie alle Schwierigkeit...