SOPHIE (Band 1)

Kapitel 25

Alex, ich und eine kleine Gruppe von anderen Jägern lauern vor dem Hintereingang des Hotels, in dem sich Stan und seine Anhänger versteckt haben. Sofort nachdem die Besprechung zu Ende war, wurden wir in ihren Plan eingeweiht und nur wenige Stunden später ging es auch schon los. Diese Jäger sind wirklich kein Fan von langem Planen, gutem Überlegen und genauem Abwägen aller Vor- und Nachteile. Bei ihnen heißt es meistens stürmen. Rohe Gewalt ist schließlich die beste...

Ich kauere an der Wand im Schutz der Dunkelheit. Neben mir lehnen noch Alex, Jack und – zu meinem großen Bedauern – auch Mike, Chat und Lengston. Wieso genau ich mit diesen Vollidioten zusammen kämpfen muss, ist mir schleierhaft. Aber wenn sie wenigstens halb so gut im Kämpfen sind wie im Vergraulen von Mädchen, mache ich mir keine Sorgen. Ich lasse meinen Kopf hinten an die Wand fallen und stöhne angestrengt.

»Haben sie diesen Plan auch wirklich gut durchdacht?«, frage ich und kann die Sorge in meiner Stimme nicht verbergen.

»So machen wir das schon seit Jahrzehnten. Du kannst beruhigt sein!«, flüstert Jack und grinst mich leicht an. Leider beruhigt mich das ganz und gar nicht. Was sich Jahrzehntelang bewährt hat, kann jetzt auch völliger Schwachsinn sein!

»Also rennt ihr immer mit dem Kopf durch die Wand?«, platzt es mir heraus. Ich weiß nicht woher diese plötzliche Wut in mir kommt, aber ich heiße es nicht gut, dass wir einfach so, ohne groß darüber nachzudenken, in Stans Unterschlupf marschieren mit dem Plan alles auszuschalten, was sich uns in den Weg stellt! Sollten wir nicht zumindest versuchen zu verstehen, weshalb Stan May entführt hat? Und herausfinden was er wirklich im Sinn hat? Vielleicht bin ich auch einfach so nervös, weil mir die Worte von Drake immer noch im Kopf herumspuken. Wie kommt er nur auf die Idee, dass Stan mich haben will?

Tja... ob mir das gefällt oder nicht, bald werde ich es herausfinden. Es sei denn wir unterschätzen ihn und laufen direkt in den sicheren Tod. Immerhin sind dann alle meine Sorgen weg...

Mein Puls beschleunigt sich, als ich mir alle möglichen grausamen Szenarien ausmale, die sich im Hotel gleich abspielen. Zuerst werden wir allerdings die anderen hören. Wir sind sozusagen deren Joker. Im richtigen Augenblick stürmen wir von hinten hinein und helfen den anderen.

Das wars dann auch schon mit dem Plan...

Was zum Teufel haben sie im Wohnzimmer so lange besprochen, wenn deren einziger Plan es ist, das Hotel von allen Seiten zu stürmen?

»Hör zu, Kleine! Du machst das hier zum ersten Mal, aber wir nicht. Die Ältesten wissen, was zu tun ist und Frontalangriff ist nun mal die beste Möglichkeit!«, gibt Mike arrogant zurück und grinst mich frech an.

»Kleine ist hier schon mal gar nicht!«, blaffe ich zurück und werfe ihm einen Todesblick zu. Sofort vergeht ihm sein ins Gesicht geklebtes Grinsen wieder und er blickt mich ebenfalls mit zu Schlitzen gekniffenen Augen an. Mich nennt Jason schon die ganze Zeit Kleine, aber von Mike muss ich diesen Kosenamen wirklich nicht hören!

»Ist gut jetzt!«, sagt Alex dazwischen und sieht abwechselnd von mir zu Mike.

»Wir haben Wichtigeres zu tun!« Ich drehe meinen Kopf von Mike weg und starre in die Dunkelheit. Erst jetzt bemerke ich wie stockdunkel es wirklich ist. Die plötzlich aufflackernde Angst in mir treibt mir einen Schauer über den Rücken. Überall scheint sich etwas zu bewegen, obwohl ich weiß, dass es sich nur um die Bäume, die im Wind schwanken, handelt. Mein Herz beginnt wie wild zu pochen. Die Dunkelheit erdrückt mich. Wie bin ich nur in einen Krieg zwischen Menschen und Dämonen geraten?

Plötzlich raschelt etwas neben uns. Ich merke, wie sich alle anspannen und zu ihren Waffen greifen. Ich ziehe mein Messer aus der Halterung und strecke es ebenfalls in die Richtung, aus der die Schritte kommen. Alex greift nach meiner Hand und gibt mir Kraft und Mut, wofür ich ihm unheimlich dankbar bin.