Bei meiner Aussage war er still geworden, beinahe starr.
Er saß einfach regungslos auf seinem Bett und kurz dachte ich, er wäre wieder eingeschlafen. Seine Nicht-Reaktion auf mein kleines Geständnis, verunsicherte mich und ich schämte mich dafür, dass ich ihm mein Herz so geöffnet hatte.
Endlos hallten meine Worte, in meinem Kopf umher und mit jeder Sekunde wurde die Stille schrecklicher.
"Tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen. Das war... Dumm von mir.", stotterte ich und flüchtete beinahe aus dem warmen Bett.
So sehr bereute ich gerade, dass ich ihm diese Seite an mir gezeigt hatte. Es war einfach nicht fair. Er wusste wer ich war, wusste fast alles über mich und ich? Was wusste ich über ihn? Ich kannte seinen Namen, wusste, dass er Flügel hatte und einen Bruder. Cameron. Mehr gab es nicht.
"Nein.", löste er sich aus seiner Starre. "Es war nicht dumm. In keinster Weise."
Er stand auf und kam zu mir. "Talia. Ich werde jetzt ehrlich zu dir sein, weil das das Mindeste ist, was ich dir gerade geben kann. Aber es wird dir nicht unbedingt gefallen."
Gebannt blickte ich ihn an.
"Die Chancen, dass du lebend aus dieser ganzen Nummer wieder rauskommst, sind nicht unbedingt hoch. So gerne ich dir deinen Wunsch erfüllen und dich wieder zu deiner Familie lassen würde, wäre es ein gewaltiger Fehler. Du hast nicht nur meine Aufmerksamkeit erweckt und da draußen gibt es Wesen, wie du weißt, die dir nicht so wohlgesonnen sind, wie ich. Du bringst nicht nur dich in Gefahr, wenn du meine Hilfe ablehnst, sondern auch deine gesamte Familie.", gestand er und ließ mich nicht aus den Augen.
Sollte er darauf warten, dass ich nun in Tränen ausbrach oder einen Wutanfall bekam, so musste ich ihn enttäuschen.
Ich war nicht dumm. Naiv vielleicht manchmal. Aber nicht dumm, also wusste ich nicht seit wenigen Stunden erst, dass es für alle das Beste war, wenn ich weiterhin in meinem goldenen Käfig blieb.
"Wie lange?", fragte ich und schaffte es nicht, das Zittern aus meiner Stimme zu verbannen. "Wie lange bis das Ganze vorbei ist?"
Ernst sah er mich an und in seinen Augen blitze etwas undefinierbares auf. "Lange. Wie lange genau, kann ich dir leider nicht sagen. Ich möchte dir keine Versprechungen machen, die ich nicht halten kann."
"Was ist mit meiner Schwester?", wollte ich dann wissen und kämpfte mit der Fassung. "Meiner Mom?"
Er schüttelte den Kopf.
"Lass sie mich wenigstens anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht."
"Tut mir leid." Er schenkte mir ein trauriges Lächeln.
Auch wenn ich das alles schon lange geahnt und vermutet hatte, war es etwas anderes, es ausgesprochen zu hören.
Mit leisen Schritten verließ ich sein Zimmer und tapste den Flur entlang. Die Kälte des Hauses kroch an mir empor und ließ mich frösteln. In der Hoffnung, ein bisschen Wärme festzuhalten, schlang ich mir beide Arme um den Oberkörper.
Hinter mir hörte ich ein leises Knarren und wusste auch ohne mich umzudrehen, dass Adrien im Türrahmen stand und mich nicht aus den Augen ließ. Inzwischen spürte ich jedes Mal, wenn seine Augen Löcher in meinen Rücken brannten.Als ich die jämmerlichen Reste meiner Zimmertür sah, kamen die Erinnerung an die letzte Nacht wieder hoch. Schnell blinzelte ich und hoffe so, die Bilder vor meinem inneren Auge abzuschütteln.
Trotzdem blieb ein unschönes Gefühl, tief in meinem Inneren zurück.
Die Leiche war entsorgt worden, nur ein paar rote Streifen, die wohl vom beseitigen der Beweise, zurückgeblieben waren, zeugten noch von dem Einbruch.

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Schwingen der Nacht
FantasyTalia ist ein 19-jähriges Mädchen, dass ihr Leben in vollen Zügen genießt. An das Gerücht, dass in ihrer Stadt rumgeht glaubt sie nicht wirklich. Darin heißt es, dass jeden Vollmond ein geflügeltes Wesen von unmenschlicher Schönheit in ihrer Stadt...