26. Als wäre es gestern gewesen...

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Ellen

Das erste mal seit vielen Jahren, konnte ich wirklich und wahrhaftig gut schlafen.
Ich wusste das Ava in der Nähe war und vor allem, das sie mich immer noch liebte.
Als ich aufwachte, stierte ich mit dem breitesten Grinsen ever, zur Decke hoch...und ich konnte es immer noch kaum glauben.....Ava war wirklich hier....und sie wollte mich unbedingt wieder sehen.

Als sie mich in der Nacht, bis zu meinem Zimmer begleitete und sich dort mit Handküssen von mir verabschiedete, fühlte ich mich in der Zeit zurück versetzt.
Tjaaa...Ava war schon immer sehr höflich und erwachsen....und auch wenn ich das Verlangen nach mir, in ihren wunderschönen Augen erwachen sah, hielt sie sich zurück....denn wir hatten uns schon vor Jahren geschworen,...........unser erstes mal sollte etwas ganz besonderes sein,........und dafür wollten wir zuerst einmal völlig reinen Tisch machen.

Wie oft hatte ich in der Vergangenheit in meinem Bett wachgelegen und mir mit meinen Händen und den Gedanken an Ava versucht Befriedigung zu verschaffen.
Damals war es alles was ich hatte und jetzt........jetzt gab es tatsächlich die Möglichkeit für mehr.
Mit einem breiten Lächeln auf meinen Lippen, ließ ich meine Hand langsam über meinen Körper wandern, die Erinnerung an gestern Abend, gestern Nacht...noch ganz frisch in meinem Kopf.
Ava's Lächeln, ihr liebevoller Blick, ihre Arme um mich herum, mein Gesicht an ihrem Hals.
Ihren Pulsschlag an meinen Lippen zu spüren, die Wärme ihrer Haut und ihren Duft einzuatmen, der mir sooo verdammt lange gefehlt hatte.
Ich begehrte Ava sooo unfassbar sehr, aber ich würde nichts überstürzen mit ihr, dieses mal sollte alles passen....sollte alles perfekt sein.

Ava

Nach unserem Aufeinandertreffen und all den wiederkehrenden Emotionen und Erinnerungen, lag ich noch stundenlang wach und konnte es immer noch kaum glauben.....Ellen war wieder in meinem Leben!!
All die Jahre lang, waren meine Erinnerungen an Sie ein zweischneidiges Schwert.....auf der einen Seite sehnte ich mich so sehr nach Ihr, Ihre Berührungen, Küsse, Ihr Lächeln und Ihr lüsterner Blick... und auf der anderen Seite, versetzten mir die Gedanken an Sie, immer wieder schmerzhafte Stiche in meinem Herzen.

Und jetzt?
Jetzt war Sie wieder da!
Und mit dem was Sie mir schon gestern alles erzählt hatte, war all meine Enttäuschung und Wut die noch irgendwo tief in mir geschlummert hatte, verflogen.
Aber eines war über die ganze Zeit, von Anfang an immer gleich geblieben,....ich liebte Ellen.
Ich liebte Ellen....und ich begehrte Sie.... jetzt sogar noch mehr als damals.
Möglicherweise durch die Jahre angestautes, unerfülltes Verlangen nach Ihr.......?
Ach wem wollte ich denn etwas vormachen..?
Ganz sicher war es das.......!!
Ich hatte mein Leben bis jetzt, zwar nicht als Nonne gelebt, keineswegs, aber eine richtige Beziehung hatte ich nie....wollte ich auch nie.
Ich maß jede Frau an Ellen,...und dieses Level konnte keine je erreichen und das war auch gut so.
Ich wollte immer nur eine und die war leider unerreichbar.....bis jetzt!!

Und nun war Sie wieder da und ich lächelte glücklich vor mich hin, während ich aus meinem Bett krabbelte.
Auch wenn es erst sechs Uhr war, hielt mich nichts mehr zwischen den Laken,.....außer Sie würde dort liegen.....dachte ich und lief kichernd ins Bad, um zu duschen....zuerst warm und heiß......und dann schön kühl, zum runterkommen.

Ellen

Unschlüssig stand ich vor meinem Kleiderschrank und überlegte was ich anziehen sollte......dann fiel mir siedendheiß ein das wir gar keine Zeit ausgemacht hatten.....oh mann Ellen du Idiot....!
Verliebt sein machte scheinbar nicht nur blind und taub, sondern anscheinend auch doof.......aber egal.
Ich schlüpfte schnell in meine Jeans und zog mir die lilafarbene Bluse an.
Ich sah auf die Uhr halb acht.....!
Scheiße....ich hoffte das sie nicht schon zu lange auf mich wartete.....aber ich hatte sooooo gut geschlafen....endlich wieder...ich schmunzelte,....was ein einziges, wenn auch kurzes Treffen so alles bewirken konnte.

Hastig stieg ich in meine Segeltuchschuhe schnappte meine Zimmerkarte, atmete tief durch und verließ mein Zimmer.
Sollte ich zu ihr gehen...?
Ihr Zimmer war nur wenige Schritte, den Gang runter.....
Während ich noch überlegte was ich tun sollte,ging mein Blick in die entgegengesetzte Richtung.
Am anderen Ende des Flurs, auf der Fensterbank des riesigen Panoramafensters, saß Ava und starrte verträumt in den rosigen Morgenhimmel, während ihre Füße leicht zum Rhythmus des Liedes wippten, das sie gerade hörte...!
Ich lächelte und ging beschwingt auf sie zu.

Ava

Um halb sieben war ich angezogen und bereit....aber mir unsicher wie ich weiter vorgehen sollte....vor mich hingrübelnd, tigerte ich vor Ihrer Tür hin und her....entschloss mich dann aber dazu Sie nicht zu wecken.
Stattdessen huschte ich hinunter und spähte in den Speiseraum.....da war Sie nicht....!
Sehr gut, zumindest hatte ich Sie nicht verpasst....also eilte ich wieder nach oben, aber statt weiter Ruhelos Furchen in den Teppich des Gangs zu laufen, setzte ich mich auf die Fensterbank an dessen Ende.
Hier musste Sie zwangsläufig vorbeikommen und so konnten wir uns nicht verpassen.
Schmunzelnd zog ich meine neueste Errungenschaft aus der Hosentasche, einen Mp3 Player, stöpselte die Kopfhörer ein und versetzte mich zwölf Jahre zurück.
Gedankenverloren der Musik lauschend, beobachtete ich das Farbspiel am morgendlichen Himmel.
Leise summte ich die Melodie, als mich etwas am Knie berührte und meinen Kopf wieder ganz schnell aus den Wolken zurückholte.
Ich riss mir die Kopfhörer aus den Ohren, hüpfte von meinem Sitzplatz herab und landete nur wenige Zentimeter, vor Ihr.

Obwohl ich insgeheim genau dieses Szenario im Kopf hatte, als ich mich hierher gesetzt hatte, fühlte ich mich doch wieder wie damals mit siebzehn, als mich Isolde aus dem Klassenraum verwies und Ellen mich fand.
Mein Herz klopfte genauso wild wie damals, ich starrte abwechselnd auf Ihre lächelnden Lippen und Ihre Augen die mich anzwinkerten.

"Als wenn es gestern gewesen wäre....!" hauchte Sie schmunzelnd.
"Guten Morgen Ava...!"
"Guten Morgen....Frau Merck..!"

grinste ich Sie frech an.
Sie lachte heiter, beugte sich vor und küsste sanft meine Stirn.
Dann reichte Sie mir Ihre Hand...

"Komm....gehen wir frühstücken,.....ich hab einen Bärenhunger..!"

Ich strahlte Sie an, nahm Ihre Hand und folgte Ihr nach unten.
Wir mußten uns nicht mehr verstecken.
Unsere Liebe mußte nicht mehr im Geheimen ihr Dasein fristen.

Ellen  BAND 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt