27. Die Nadel im Heuhaufen

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Ava

Hand in Hand mit Ellen zum Speiseraum zu gehen, war ein ganz besonderes, wunderschönes Gefühl.
Den einen oder anderen neugierigen oder verwunderten Blick, auf dem Weg zu unserem Tisch, nahm ich nur am Rande wahr, denn ich hatte nur Augen für Sie.

Während wir unsere Teller am Buffet füllten und zurück zum Tisch schlenderten, nutzte ich die Gelegenheit um ganz unverhohlen Ellen's Kehrseite zu begutachten.
Mmmmmmm.....Sie war noch genauso anziehend wie früher und beschleunigte meinen Herzschlag in schwindelerregenden Höhen.
Ellen hatte für uns einen Platz am Fenster ausgesucht....mit einem herrlichen Ausblick auf den nahegelegenen Wald und einer blühenden Wiese davor.

"Möchtest du nach dem Frühstück, ein wenig spazieren gehen...?" fragte Sie mich, mit einem zaghaften Lächeln
"Ich habe dir noch viel zu erzählen, zu erklären.......!"
"Das klingt sehr gut Ellen.....!"
ich legte meine Hand sanft auf Ihre, strich mit meinem Daumen über Ihren Handrücken und seufzte.

"Hiervon hatte ich schon immer geträumt..."
Sie hob fragend Ihre Brauen.
"Wovon denn Liebes...?"
"Genau von so etwas.....eine ganz banale Sache eben, wir sitzen beim Frühstück,... zusammen....ich kann und darf dich berühren, ohne mich groß darum kümmern zu müssen, wer uns sehen könnte."

Jetzt seufzte Ellen,.....und nickte ..

"Ich weiß was du meinst...Liebling....das wollte ich auch schon immer so sehr und es tat mir so leid und tut es immer noch  das ich dir das nie geben konnte."
"Das muß es nicht, Ellen...Liebling...es ging einfach nicht zu diesem Zeitpunkt,...und auch wenn es ungerecht und hart war,...es war nicht deine Schuld ok...? Und jetzt laß uns unser Frühstück genießen.....zusammen genießen.! Unser erstes....mal!"
zwinkerte ich Ihr zu und Sie lächelte mich glücklich an.

"Noch Kaffee....Liebling...?"
"Sehr gerne.....mein Schatz. Würdest du mir bitte die Marmelade reichen..?"
"Aber sicher....Liebling."

Gutgelaunt, plänkelten wir kichernd weiter und genossen unser erstes gemeinsames Frühstück.

Eine halbe Stunde später, verließen wir den Speiseraum genauso wie wir ihn zuvor betreten hatten,...Hand in Hand.....und das Gefühl was ich dabei empfand war fast unbeschreiblich.
Großartig, wundervoll, stolz,....geliebt.
Wir verließen das Hotel, durch einen Seiteneingang und befanden uns gleich auf dem schmalen, aber sehr gut begehbaren Wanderweg, der direkt in den Wald führte.

Unsere Finger ineinander verschränkt, spazierten wir gemütlich, schweigend, im Schatten der Bäume und genossen einanders Nähe.
Nach einer Weile stießen wir auf eine Bank am Wegesrand und ich schlug vor, dort Platz zu nehmen.

Ellen

Wir ließen uns auf der Bank nieder und ich schmiegte mich wie selbstverständlich in Ava's Arme.
Ein bisschen erinnerte mich dies an die Bergwanderung am Gardasee, als ich diese wundervolle Zeit mit Ava auf der Lichtung im Wald verbringen konnte.
Um uns herum nur Vogelgezwitscher, summende Insekte und raschelnde Blätter.
Ich betrachtete Ava verstohlen von der Seite,.....meine wunderschöne Ava,...die mich nach all den Jahren und trotz allem was passiert war, immer noch liebte.
Hatte ich ihre Liebe denn überhaupt verdient?
Seufzend....strich ich mit meinem Zeigefinger über ihre Wange und erwiderte ihren Blick, als sie sich mir zuwandte.
Ich atmete nochmals tief durch und begann zu erzählen....

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Frühjahr 1991

Ich hatte mich mit meiner derzeitigen Situation abgefunden,...und trug eine Heile-Welt-Maske für meine Umwelt zur Schau...aber tief in mir drin nagte die Verzweiflung an mir.
Immer wieder war ich versucht, bei Ava anzurufen, aber nicht von zuhause!
Clemens behielt das Telefon in seinem Arbeitszimmer unter Verschluß,wenn er nicht da war.
Als wenn es sonst keine Möglichkeiten gäbe, dachte ich Anfangs noch grimmig, kam aber schnell zu dem Schluß, daß es ziemlich egal wäre, von welchem Apparat ich Ava anrufen würde,....es würde schief gehen.
Erreichte ich ihre Eltern, könnte ich kaum sagen wer ich war und was ich von Ava wollte, würde ich jedoch Ava erreichen und ihr erzählen was passiert war, wäre sie mit hundertprozentiger Sicherheit auf dem schnellsten Weg zu mir gekommen und dann wäre die Situation wohl völlig eskaliert.
Die Konsequenzen hieraus, hatte mir Clemens ja schon oft genug erläutert und ich wollte um jeden Preis verhindern das er Ava's Zukunft in irgend einer Art und Weise schadete.
Ich hatte ihn noch nie so wütend und bösartig erlebt, wie in dem Moment als ich Ava's Herz gebrochen hatte und so versuchte ich mein möglichstes ihn in keinster Weise zu provozieren.
Teils um zu verhindern das er meine Nähe suchte,...aber zum größten Teil deshalb, weil ich mir zeitweilig nicht mehr so sicher war, ob ihn seine Eifersucht, Wut und gekränkter Stolz, nicht irgendwann dazu verleiten könnte, Ava etwas anzutun.
Dies jagte mir eine Scheißangst ein, zusätzlich zu den Schuldgefühlen die mich plagten und den Schmerz in mir, Ava verloren zu haben,.....das ich mich an einem
sonnigen Samstagmorgen, vor der gutgefüllten Bar in unserem Wohnzimmer sitzend wiederfand.....mit einer geöffneten Flasche Scotch und einem Glas,.....etwas Würde beim abstürzen sollte ja schon noch sein,......bereit all meine Trauer zu ertränken.

Ellen  BAND 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt