Kapitel 22 oder die Sache mit dem Regenwurm-Sein

83 12 28
                                    

Als Kageyama erwachte, wusste er noch bevor er die Augen öffnete, dass er wieder in seinem eigenen Körper war. Er merkte es daran, dass er plötzlich nicht mehr darüber nachdenken musste, wie man atmete und weil seine Füße unter der Decke hervorschauten.

Fukuyoshi hatte dafür eindeutig zu kurze Beine.

Er ließ die Augen noch eine Weile geschlossen und lauschte dem Atem neben sich, der zwar ein wenig rasselte, ansonsten aber gleichmäßig ging. Er fragte sich, ob er es komisch finden sollte, neben ihr zu liegen.

Wenn sie im Trainingscamp waren, schliefen Jungen und Mädchen immer getrennt voneinander. Tanaka und Nishinoya hatten sich letztes Jahr gerne darüber beschwert, weil neben Kiyoko zu schlafen angeblich das Spielgeschick verbesserte, aber den Zusammenhang hatte Kageyama nicht verstanden. Andererseits wusste er auch, dass die beiden sich, wenn es um Mädchen ging, um keine Ausrede verlegen waren.

Er hatte bisher nicht darüber nachgedacht, aber beim nächsten Trainingscamp würde er vermutlich neben Hinata schlafen, weil sie immer nebeneinander schliefen und allein der Gedanke reichte aus, um ihn nervös zu machen.

Als sich jemand an der Türklinke zu schaffen machte, saß Kageyama sofort senkrecht im Bett. Leise wurde die Tür aufgeschoben und er rechnete mit dem schlimmsten, aber es war nur eine kleine Gestalt, die sich durch den Türspalt schob und mit leise tappsenden Schritten auf das Bett zukam.

Sie hatte ein leuchtendes Ei in den Armen, in dessen schwachen Schein er eine von den Zwillingen erkannte. In der Dunkelheit waren sie quasi nicht zu unterscheiden, aber spätestens, wenn sie den Mund aufmachten, wusste man immer genau, wen man vor sich hatte.

Mayumi sprach immer sehr bedacht, während ihre Schwester kein Blatt vor den Mund nahm. Außerdem hatte Hiroe erst vor ein paar Tagen einen Schneidezahn verloren und lispelte seitdem. Wie selbstverständlich kletterte das Mädchen über seine Beine und legte sich zwischen ihn und Fukuyoshi.

„Hallo Herr Troll", flüsterte eine Kinderstimme und eine Hand tätschelte seine Schulter, „du musst keine Angst haben, ich bin's nur."

Es dauerte dennoch einen Moment, bis sich sein polterndes Herz wieder beruhigt hatte. Kageyama entspannte sich; vor Mayumi musste er nun wirklich keine Angst haben, höchsten in Kombination mit ihrer ungestümen Schwester. Zu zweit waren die beiden wirklich eine Naturgewalt.

Es war zwar nicht das erste Mal, dass eine der beiden nachts in sein Zimmer schlich, aber da hatte er auch noch in Fukuyoshis Körper gesteckt. Damals hatte er sich am Morgen über das menschliche Knäuel am Fußende des Bettes gewundert.

Obwohl Fukuyoshi ihm ja gesagt hatte, dass die Zwillinge ihn mögen würden, überraschte es ihn, dass Mayumi sich so selbstverständlich neben ihn legte. Das leuchtende Ei platzierte sie in seinem Schoß.

„Ist alles in Ordnung?", fragte er. Vielleicht war etwas passiert und sie war deshalb gekommen.

„Ich habe schlecht geträumt", erklärte Mayumi darauhin leise.

Ihre Augen wirkten im gedimmten Licht riesig und sie selbst sah sehr klein aus.

„Verstehe." Kageyama ließ sich langsam wieder in die Kissen sinken.

„Hast du auch schlecht geträumt, Herr Troll?"

Den Spitznamen hatte er sich wohl selbst eingebrockt.

„So ähnlich."

♡♡♡

Ich lauschte dem leisen Geflüster, das Kageyama und Mayumi austauschten und versuchte dabei, mich so still wie möglich zu verhalten.

Herzbube ✔ [Kageyama Tobio, Haikyuu!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt