Kapitel 6 oder die Sache mit dem Weltuntergang

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Kageyama war rastlos. Er wusste nichts mit sich anzufangen und es juckte ihn in den Fingern, nach draußen zu stürmen und laufen zu gehen. Nur Fukuyoshis eindringlicher Blick vom Vormittag hielt ihn davon ab. Er war sich nicht sicher, ob ihm wirklich etwas passieren konnte, aber es war ihr mit ihrer Warnung sehr ernst gewesen und sosehr er sich danach sehnte, jeden einzelnen Muskel in diesem schwachen Körper zu spüren, hielt er sich zurück.

Vor lauter Langeweile hatte er sogar das Chemieprojekt fertiggestellt. Das meiste hatte er nicht verstanden, aber vielleicht würde Fukuyoshi mehr mit den Fachbegriffen anfangen können als er. Er sah auf die Uhr und fragte sich, ob die anderen noch Englisch lernten. Obwohl er es hasste zu lernen, wäre er jetzt gerne bei ihnen, selbst wenn er dazu englische Grammatikregeln pauken müsste.

Stattdessen lief er in Fukuyoshis Zimmer auf und ab und wartete darauf, dass ihm etwas gegen die Untätigkeit einfiel. Sogar die Zwillinge hatten nicht mit ihm spielen wollen, sondern probten fleißig für den Kindergartenchor. Er hörte ihre kindlichen Stimmen durch die Wände und hoffte, dass man den Kindergarten nach dem Auftritt nicht wegen Körperverletzung verklagen würde.

Vor lauter Langeweile schrieb er Fukuyoshi eine kurze Nachricht, in der er sie fragte, was sie normalerweise an einem Sonntagabend so trieb. Zu seiner Erleichterung rief sie ihn kurz darauf an.

„Hey", begrüßte er sie und versuchte sich seine Freude nicht anhören zu lassen.

„Ich glaube, du wirst nicht sehr begeistert davon sein, womit ich meine Freizeit verbringen", sagte sie belustigt, nachdem sie ihn ebenfalls begrüßt hatte. „Siehst du den Kasten auf dem Schreibtisch?"

Kageyama bejahte und hob neugierig den Stoff an, in den der Kasten gehüllt war. „Gut, das ist meine Nähmaschine."

Er gab ein unwilliges Stöhnen von sich und sie kicherte. Bisher hatte er immer gedacht, dass das sehr albern bei ihm klang und jetzt wusste er, dass er Recht hatte.

„Keine Angst, ich erwarte nicht, dass du mit Nähen anfängst. Der Nähclub wird wohl bis zu unserem Rücktausch auf mich verzichten müssen. Du wirst einfach behaupten, dass du einige Arzttermine wegen des Asthmas hast", sagte sie leichthin.

♡♡♡

Irgendwie fand ich es schon schade, dass Kageyama dem Nähen nicht einmal eine Chance geben wollte. Ich versuchte ja schließlich auch, für ihn beim Volleyball einzuspringen. Andererseits zählte beim Schneidern niemand auf mich, nicht so sehr wie die Jungs im Volleyball auf Kageyama zählten jedenfalls.

„Sonst noch Vorschläge, wie ich den Abend verbringen könnte? Und bitte sag mir nicht, dass ich ein Kleid nähen soll."

Darüber musste ich doch tatsächlich lachen. Vor ein paar Tagen noch hätte ich Geld darauf gewettet, dass Kageyama aus Prinzip keine Witze riss; jemand der stets guckte, als wäre er auf einen Legostein getreten, war in der Regel selten zum Scherzen aufgelegt.

„Wir könnten ein bisschen Recherche bezüglich des Körpertauschs betreiben", schlug ich vor.

„Recherche?", fragte er und klang alles andere als begeistert.

„Naja, ich denke nicht, dass wir Fachliteratur über sowas finden, aber ich glaube es gibt ein paar Filme. Vielleicht sind die ja von wahren Begebenheiten inspiriert. Das ist die beste Spur, die wir im Moment haben." Mit dem letzten Satz versuchte ich mehr, mich selbst zu überzeugen. Eigentlich konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass auch nur einer dieser Filme etwas mit der Realität zu tun hatte.

Kageyama schien ebenfalls nicht hundertprozentig überzeugt zu sein, denn er willigte nur widerwillig ein: „Na gut. Ich schreibe dir, sobald ich etwas gefunden habe."

Herzbube ✔ [Kageyama Tobio, Haikyuu!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt