#Kapitel 19

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Sophie POV
Nachdenklich starrte ich die Wand an. Meine Unsicherheit und mein Unwohlsein vorhin, als Levi mich nach oben gebracht hatte, das lag daran, dass ich einfach Angst hatte. Angst, dass Levi mich doch noch von sich stoßen würde. Hier unten wusste ich, dass Levi sich um mich kümmerte und mich nicht loswerden wollte, oben hatte ich jederzeit Angst, dass ich ihm doch zu viel Arbeit wurde und er mich deshalb von sich stoßen würde. Murrend legte ich mich ganz auf Levi und hoffte, dass er nicht aufwachen würde.

Vorhin, als er heruntergestürmt war, weil Liliane geschrien hatte, da sah er ziemlich erschöpft aus, so als hätte er kaum geschlafen. Rasiert hatte er sich auch schon seit ein paar Tagen nicht mehr, er hatte einige Bartstoppeln, was ich irgendwie süß fand, aber das würde ich ihm nicht sagen. Grummelnd zog ich mir die Decke über den Kopf und vergrub mein Gesicht in seinem Oberteil. Auch wenn Levi mir mehrmals versicherte, dass mit mir alles in Ordnung war, so glaubte ich ihm nicht. Kein normaler Mensch ließ sich freiwillig in einen dunklen Keller sperren, schon gar nicht von einem Mann, der viel Blut an den Händen kleben hatte. Wie lange ich so da lag, wusste ich nicht, aber irgendwann schien Levi aufzuwachen und hob die Decke an. Aufmerksam schaute ich ihn an und er seufzte. „Du hast wieder nicht geschlafen, oder?“, wollte er wissen. „Ich kann nicht…“, wisperte ich und er nickte. „Denk nicht so viel über alles nach. Bald ist es vorbei, dann schläfst du auch besser“, meinte er und setzte sich auf. „Ich würde kurz hochgehen und dir einen Tee bringen, was hältst du davon?“, fragte er mich. „Okay…aber mach die Tür zu…ich mag es nicht, wenn sie offen ist“, bat ich ihn und er schmunzelte. „In Ordnung, ich mach die Türe zu. Bis gleich.“ Levi stand auf, nahm den Teller von heute morgen mit und verließ den Raum, wobei er die Türe wie versprochen hinter sich schloss.

Grummelnd legte ich mich hin und zog die Decke über meinen Kopf. Leider war ich tief in Gedanken versunken, sonst hätte ich das Klimpern von Ketten als Warnung wahrgenommen, aber so ignorierte ich es, zumindest bis plötzlich etwas auf mir landete und auf mich einschlug. Unter der Decke konnte ich mich nicht gegen den Angreifer wehren, aber sie polsterte auch etwas ab. Leider wurde die Decke weggerissen und ich sah Liliane schockiert an. Ihre Handgelenke waren blutig und sie schien zu versuchen ihren Mund aufzureißen. Ich war vor Schock gelähmt und wehrte mich deshalb nicht, als sie mir volle Kanne ins Gesicht schlug. Sie schrie auf, wobei ihre Lippen aufrissen. Blut spritzte auf mich und hob schützend die Hände vors Gesicht. „Du Psycho! Du bist krank!“, schrie sie und schlug weiter auf mich ein. Verzweifelt lag ich unter ihr und hoffte einfach, dass sie bald aufhören würde, aber natürlich tat sie es nicht. „Levi…hilf mir…bitte…“, schluchzte ich, aber er tat es nicht, wie denn auch, er war ja nicht da. „Ja! Bettel du kleine Schlampe! Aber dir hilft niemand! Du bist alleine!“, lachte Liliane irre und packte schließlich meinen Kopf. Grub donnerte sie ihn gegen die Wand, immer und immer wieder. Mein Kopf schmerzte höllisch und mir war unfassbar schwindelig.

„LASS SOPHIE SOFORT LOS!“, donnerte Levi plötzlich und ich sah verschwommen, wie er Liliane von mir runterzerrte. Mehrmals rammte er sie gegen die Wand, bis sie bewusstlos zusammensackte. Dann warf er sie achtlos in eine Ecke und kam zu mir. „Oh Fuck. Ganz ruhig Sophie. Ich bin jetzt da, alles wird gut“, flüsterte er ruhig und nahm mich vorsichtig in den Arm. Sie hat dich ziemlich hart getroffen…“, stellte er bedrückt fest und hob mich hoch. „Noch ist es dunkel, wischen wir dir das Blut weg“, meinte er sanft und trug mich nach oben. „Nein…nicht Levi…nicht hoch…“, bettelte ich, aber trug mich unbarmherzig ins Badezimmer. Dort setzte er mich auf dem geschlossenen Klodeckel ab und machte einen Waschlappen nass. „Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte. Sie hätte die Ketten nie lösen dürfen“, murmelte er angespannt und säuberte vorsichtig mein Gesicht. Auch wenn er sich wirklich Mühe gab vorsichtig zu sein, so zuckte ich doch an machen Stellen vor Schmerz zusammen. „Tut mir leid, kleines“, entschuldigte er sich und wusch den Lappen aus. „Du kannst ja nichts dafür“, murmelte ich und er seufzte. „Das wird morgen alles ziemlich blau und lila sein“, meinte er, nachdem er mein Gesicht schweigend von Blut befreit hatte. Danach hob er mich hoch und ich klammerte mich an ihn. Er trug mich runter in den Keller, setzte mich auf der Matratze ab und warf Liliane wieder auf den Tisch.

Diesmal fesselte er sie mit Seilen und Eisenketten an den Tisch. „Nochmal befreit sie sich nicht“, fluchte er und ich fühlte mich wohler, als ich sah, dass sie wieder gefesselt war. „Ich bring dir nachher auch noch frisches Bettzeug, aber jetzt gehe ich dir deinen Tee holen“, meinte Levi, hob die blutbefleckten Sachen auf und verließ den Keller. Die Türe machte er wieder zu, denn ich fühlte mich so nun mal wohler. Mein Kopf schmerzte noch ziemlich, von dem gegen die Wand gedonnere, aber es war noch zum aushalten. Vorsichtig stand ich auf und trat neben den Tisch, auf dem Liliane lag. Sie war wieder bei Bewusstsein, konnte sich aber nicht gegen die Fesseln wehren, denn Levi hatte sie diesmal sehr verstärkt. Hasserfüllt sah sie mich an, aber Levi hatte ihr Stoff in den Mund gezwungen und mit Tape zugeklebt, sodass sie nicht mehr reden konnte. Damit sie das Tape auch nicht irgendwie entfernen konnte hatte er es ein paar mal um ihren Kopf gewickelt sodass es nun bombenfest saß.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und kämpfte gegen den Drang, auf sie einzuschlagen, an. „Ich hasse dich! Ich hasse dich so sehr! Und ein Teil von mir ist der festen Überzeugung, dass du und die anderen es definitiv verdient haben!“, zischte ich hasserfüllt und war ein klein wenig von mir selbst erschrocken. Liliane sah mich auf jeden Fall ziemlich erschrocken an. Scheinbar hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich dieser Meinung sein könnte, aber tief in mir drin, hatte ich schon oft so gedacht und dieser Teil wurde nun immer größer, umso länger ich hier unten im Keller war. „Ihr seid selbst schuld, an dem, was euch zugestoßen ist! Ich habe keinerlei Mitleid mit euch!“ Ich redete mich immer weiter in Rage und fing irgendwann an, auf Liliane einzuschlagen. Wie sehr ich sie dabei verletzte, bekam ich nicht mit, es ging mir nur darum, ihr zu zeigen, dass ich mich wehren konnte. Den Schmerz in meinem Kopf und in meinen Fäusten ignorierte ich, zumindest bis sich plötzlich zwei Hände um meine Fäuste schlossen und ich an einen festen Körper gezogen wurde.

Mein ganzer Körper zitterte und ich merkte erst jetzt, dass ich weinte. „Shh, ganz ruhig Sophie. Es ist alles in Ordnung“, flüsterte Levi und ich drehte meinen Kopf zu ihm. Sorge lag in seinem Blick, aber auch etwas Stolz. Erschöpft ließ ich mich gegen ihn sinken und er drehte mich zu sich um. „Was hat es ausgelöst?“, fragte er mich ruhig und strich mir in beruhigenden Kreisen über den Rücken. „I…Ich weiß es nicht genau…wie sie so dalag…da kam plötzlich in mir der starke Drang auf sie zu verletzen…ich weiß auch nicht…“, wisperte ich und er nickte. „Du musst dich nicht schämen. Nach allem, was sie und ihre Freunde dir angetan haben, ist es nur in Ordnung, dass du dich jetzt rächen kannst“, meinte er und ich lehnte müde meinen Kopf an seine Brust. „Sie soll leiden, Levi…sie hat es nicht anders verdient…“, schluchzte ich und sah ihn ernst an. „Das wird sie und wenn du möchtest, darfst du sie töten“, erwiderte er ruhig und ich stockte. Könnte ich das? Wollte ich das überhaupt? Ich wusste es nicht. „Ist schon okay, ruh dich erst noch etwas aus, es hat ja noch Zeit“, meinte er, denn scheinbar hatte er meine Verunsicherung gespürt. „Vor der Tür liegt frisches Bettzeug, ich hole es kurz und dann legen wir uns hin, in Ordnung?“, fragte Levi und ich nickte. Er holte die frischen Sachen und legte sich zu mir auf die Matratze. Eng an ihn gekuschelt lag ich da und genoss es, dass er mir immer wieder über die Haare strich. Keiner von uns beiden sprach, wir lagen einfach nur so da, aber das war auch in Ordnung so.

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