Prolog : Dunkle Vorahnung

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Die Sonne begann langsam aufzugehen. Ihre Strahlen erwärmten die Erde und das Königreich Camelot auch. Nach und nach erwachten die Bewohner des Schlosses. Die Diener kümmerten sich um das Frühstück  ihrer Herren. Die Küche war bereits in vollem Betrieb. Die Nachtwache wurde von der Wache des Tages abgelöst.

Es war ein reges Treiben auf den Straßen. Die Marktstände wurden geöffnet und Menschen drängten sich durch die Straßen, um Besorgungen zu erledigen.

Auch Gaius, der Hofarzt von Camelot war schon früh auf. Mit seiner Brille bewaffnet, las der Ältere ein Buch über verschiedene Heiltränke, bis er die aufgehende Sonne bemerkte. Er legte das Buch und seine Brille auf ein kleines Tischchen neben seinen Stuhl, stand auf und drückte kurz seinen Rücken durch.

„Ich werde wirklich langsam alt", murmelte er vor sich hin, bevor er zu der Holztür ging, welche zu dem Zimmer seines Schützlings führte.

„Merlin?", sagte der Hofarzt laut und klopfte einmal gegen die Tür. Er bekam jedoch keine Antwort, was ihn allerdings kaum verwunderte. Wahrscheinlich war der Junge wieder so sehr in seinem Traumland verschwunden, dass er ihn gar nicht hörte.

„Merlin? Wenn du noch frühstücken willst, bevor du Arthur wecken musst, dann solltest du jetzt aufstehen"

Wieder keine Antwort. Leise seufzte der Weißhaarige, bevor er gegen die Holztür drückte und diese aufschwang.

„Merlin!"

Entgegen seiner Erwartung lag Merlin allerdings nicht in seinem Bett. Dieses sah so aus, als wäre es die Nacht über nicht benutzt worden. Ebenso sah das ganze Zimmer anders aus als sonst. Normalerweise herrschte dort beinahe eine ebenso große Unordnung, wie in den  Gemächern des Königs, aber an diesem Morgen waren sie aufgeräumt und sauber.

Über diesen Zustand konnte Gaius nur verwirrt die Augenbrauen hochziehen. Diese Tatsache brachte ihn schon sehr ins Grübeln. Und das er Merlin an seinem Fenster sitzen sah, vollkommen bekleidet und den Blick stur geradeaus gerichtet, brachte den sonst so ruhigen Hofarzt nun allerdings völlig aus dem Konzept.

„Merlin?", fragte er völlig verblüfft, schließlich war es eine Prämiere, dass Merlin von sich aus so früh bereits auf war. Jedenfalls, wenn alles in Ordnung war.

„Stimmt etwas nicht?", fragte Gaius, doch Merlin schien ihn gar nicht zu hören. Weiterhin starrte dieser aus dem Fenster und doch fixierte sein Blick anscheinend nichts, was draußen im Hof des Schlosses vor sich ging.

Nein, sein Blick schien in weite der Ferne etwas zu sehen, was für die Augen anderer unsichtbar war.

„Merlin?", versuchte Gaius es noch einmal seinen Schützling zu erreichen. Er hatte inzwischen die drei Schritte, welche ihn von Merlin trennten, überwunden und legte dem Schwarzhaarigen nun eine Hand auf die Schulter.

Kurz zuckte Merlin zusammen, drehte sich aber nicht zu seinem alten Freund um.

„Merlin, was ist mit dir?"

Der Angesprochene seufzte leise, bevor er sein bewährtes Grinsen aufsetzte und sich endlich zu seinem Ziehvater umdrehte.

„Guten Morgen, Gaius", sagte der junge Zauberer, doch irgendetwas lauerte in seiner Stimme, was Gaius die Augenbrauen hochziehen ließ. Und auch dieses Grinsen, welches der Schwarzhaarige aufgesetzt hatte, war alles andere als überzeugend.

„Entschuldigt bitte, ich habe dich vorhin nicht gehört. Ich war wohl zu sehr in Gedanken versunken" Weiterhin grinste der Diener, doch heute wollte ihm sein Grinsen nicht wirklich gelingen. Es wirkte eher wie eine seltsame Grimasse.

Gaius bemerkte natürlich den Unterschied zwischen dem sonstigen Verhalten seines Schützlings und seinem Jetzigen.

Leise seufzend drehte sich der alte Hofarzt zu Merlins Bett und ließ sich darauf nieder. Es war wesentlich härter als sein eigenes, wie er bemerkte.

„Was ist los Merlin?", verlangte Gaius zu wissen.

„Es ist nichts, Gaius, wirklich nicht - " Der Hofarzt ließ ihn gar nicht weiter zu Wort kommen.

„Ich kenne dich gut genug, um zu sehen, dass irgendetwas nicht stimmt. Du magst andere", er deutete auf die Grimasse, welche Merlin noch immer zog, doch die Geste Gaius ließ ihn wahrhaftig grinsen „täuschen können, doch bei mir ist das schon schwieriger. Also, was liegt dir auf dem Herzen?"

Die weisen Augen des alten Mannes bohrten sich in die Blauen von Merlin und mit einem Seufzen gab der Zauberer nun doch nach.

„Ich kann dir wirklich nichts vormachen, nicht wahr?", fragte Merlin, obwohl es eine rein theoretische Frage war. Er hätte es eigentlich besser wissen müssen.

Wie Arthur immer sagte: er war ein grauenhafter Lügner.

„Immerhin zeigst du Einsicht", sagte Gaius. Merlin grinste, doch der Ernst in der Stimme seines Ziehvaters ließ auch ihn wieder ernst werden.

„Verrätst du mir nun, was mit dir los ist?"

Merlin wusste nicht genau, wo er anfangen sollte.

„Ich weiß es nicht genau", gab er schließlich zu. Sein Blick glitt abermals hinaus zum Fenster und doch schien er mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein.

„Du weißt es nicht?", fragte Gaius nach und Skepsis machte sich in seinem ganzen Gesicht breit.

„Nicht direkt", gab Merlin zu.

„Ich habe so eine Art... Gefühl. Ich kann es nicht genau benennen, doch irgendwie... macht es mich unruhig. Als würde eine dunkle Bedrohung über uns schweben und genau dann zuschlagen, wenn wir nicht damit rechnen"

"Du meinst Morgana"

Merlin wollte nicken, doch das Einzige, was er zustande brachte, war ein ratloses Schulterzucken.

„Das wäre möglich. Morgana hat eine weitere Niederlage hinnehmen müssen. Ihr Zorn wird stärker und ihr Hass wächst. Sie wird nicht ewig so weitermachen. Irgendwann wird sie etwas finden, was eine ernsthafte Gefahr für Arthur und für Camelot werden kann"

„Du meinst also, alles was sie bisher tat, war ungefährlich?"

Verwirrt legte Gaius seine Stirn in Falten. Er verstand nicht genau, was Merlin meinte und mit ihm los war.

Merlin hingegen schüttelte nur den Kopf.

„Nein. Ich gebe zu, alle Situationen, in denen Morgana ihre Hände im Spiel hatte, gefährlich waren. Doch irgendetwas sagt mir, dass die größte Gefahr noch vor uns liegt. Es ist wie eine Vorahnung. Camelots dunkelste Stunde ist noch nicht gekommen. Und sie ist auch nicht mehr fern"

Nach diesen Worten erhob sich Merlin vom Fenster und ging an Gaius vorbei, ohne ihm noch einen Blick zuzuwerfen.

„Was ist mit deinem Frühstück?"

Merlin hatte die Kammer des Hofarztes bereits zur Hälfte durchquert. Erst an der Tür hielt er noch einmal inne und sagte zu Gaius, ohne zurückzusehen:„Ich habe keinen Hunger"

Und schon war die Tür geöffnet und Merlin verschwunden.

Noch lange sah Gaius zu der Tür, durch die sein Schützling verschwunden war, bis er sich mit einem Seufzen erhob und sich an die Arbeit machte.

„Ich hoffe wirklich, dass du dich irrst Merlin..."











1059 Wörter

Das Schicksal von Camelot Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt