𝓟𝒓𝒐𝒍𝒐𝒈

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⁎꙳✴︎.✍︎


🄻eere. Nichts als tiefe, klaffende Leere lag in dem Augenpaar, das regungslos gegen die Wand des kleinen, antik möblierten Zimmers starrte, inmitten dunkler, staubgeschwängerter Stille. Die Gestalt, die jene grauenvoll leeren Augen ihr Eigen nannte, saß kraftlos auf dem Himmelbett, umhüllt von seidigen Vorhängen und den Erinnerungen vergangener Träume. Es sah genauso aus, wie sie es damals verlassen hatte. Das Zimmer.
Selbst ihre Klamotten hingen noch in dem alten, holzverschnörkelten Kleiderschrank, rochen längst nicht mehr nach ihrer Wärme, sondern allein nach Mottenkugeln und Lavendel.

Ein frischer Wind blies durch das geöffnete Fenster, knisterte im Papier des Briefes, den der einsame Mann in den matten Händen hielt. Seit Stunden in den Händen hielt. Er schaffte es nicht, ihn loszulassen. Schaffte es nicht, sie loszulassen.
Das Herz in seiner Brust schlug schwer gegen die unendliche Qual, die die Nachricht ihres Todes ihm auferlegt hatte, und er wagte nicht, sich zu bewegen.

Wie sollte er je weitermachen? Wie sollte er allein je gegen all das ankommen?
Er hatte geschworen, den Werten seiner Familie treu zu sein, ihnen zu dienen und sie zu ehren. Doch er hatte versagt. Was wäre, wenn er wieder versagen würde?

Sein Blick löste sich das erste Mal seit Stunden aus seiner Starre und glitt über das Gemälde, das ihr Abbild zeigte. Ihr langes Haar, ihr schönes Gesicht, ihre anmutige Figur. In ihrem Rücken ragten die dunklen Schuppen ihres Wappentiers über ihr auf, verliehen ihrem zarten Wesen Stolz und Würde. Sie war die Letzte gewesen. Die letzte ihrer Familie, die noch tapfer gekämpft hatte, bis man auch sie ins Exil und ihr Verderben getrieben hatte.

Ein gurrendes Gähnen lenkte seine Aufmerksamkeit auf alles, was sie ihm hinterlassen hatte.
Mit den runden Pausbäckchen und der kleinen Stupsnase war es fest in eine warme Decke gewickelt, erwachte aus friedvollem Schlummer und sah ihm aus großen, unschuldigen Augen entgegen.

Stimmt. Dass sie die Letzte gewesen war, entsprach nicht ganz der Wahrheit. Sie war noch lange genug geflohen, um dafür zu sorgen, dass sie es nicht sein würde. Hatte sich gestellt, damit es niemand erfuhr und ihr Kind nicht ebenso in die Schusslinie geriet.

„Was mache ich bloß mit dir, hm?", klang seine Stimme kratzig und heiser, als hätte er sie ewig nicht benutzt. Das Baby nuschelte wahllose Geräusche, trieb ihm ein tiefes Seufzen aus der rostigen Kehle. Er wusste, ihre Mutter hatte ihn angefleht, das Kind zu beschützen. Doch er spürte die glühende Energie und das Wappen, das in ihr schlummerte. Es würde sie nie in Ruhe lassen. Es besiegelte ihr Schicksal. Dagegen konnte er nichts tun.

Das Einzige, das er tun konnte, war sie in Sicherheit zu bringen, bis ihr Wappen sie in seine Welt zurückzog und ihr das Schicksal, das ihr bevorstand, zu erleichtern.

So schwer es ihm fiel, sich von dem Kind zu trennen, von allem, was von ihr und ihrer Liebe übrig war, er wusste, bei ihm war die kleine Hazy nicht sicher.

„Wir sehen uns eines Tages wieder. Ich verspreche, ich werde da sein", versank sein Flüstern in Wehmut.
Dann nahm er das kleine Bündel in seine Arme, verließ ihr trostloses Zimmer und machte sich auf den steinigen Weg, sein Versprechen zu erfüllen.

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𝓑𝐮̈𝐜𝐡𝐞𝐫𝐬𝐞𝐞𝐥𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt