➺ 27.✍︎

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𝓥𝙴𝚁𝙵𝙻𝚄𝙲𝙷𝚃𝙴 𝓦𝙰𝙿𝙿𝙴𝙽
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🄱linzelnd hob ich den Kopf gegen die einfallenden Sonnenstrahlen, als sie mich sanft aus dem Schlaf weckten. Desorientiert runzelte ich die Stirn und faltete langsam meine verwinkelten Arme auseinander. Mein Nacken war steif und verspannt von der sitzenden Schlafposition und meinem Hintern hatte der unbequeme Holzstuhl keinen guten Dienst erwiesen. Langsam erinnerte ich mich an die grauenvolle letzte Nacht, in meinen Knochen gespeichert bis aufs Mark, und dass ich mich an Atticus' Bett gesetzt hatte. Mein Blick richtete sich auf, um nach meinem Partner zu sehen, doch die Matratze war leer. Lediglich die Falten des Spannbettlakens markierten die Stelle, an der er gelegen hatte. Entgeistert wanderte mein Oberkörper in die Höhe. Dabei rutschte eine Decke von meinen Schultern, von der ich mich nicht erinnerte, sie mir übergelegt zu haben. Hatte er das getan?

Ein Rascheln erregte meine Aufmerksamkeit. Mein Kopf fuhr zur Seite und ich sah Atticus auf der Couch sitzen und seine Verbände wechseln. Er war frisch geduscht, sein Haar war noch nass. Außerdem hatte er nichts an außer einer Hose. Obwohl mein erster Reflex mir sagte, wegzusehen, konnte ich nicht. Meine Augen schienen wie gefesselt von den Konturen seines Körpers, von seiner schlank stählernen Figur und den sehnigen Muskeln, die sie definierten.
Hitze stieg in mir auf und ich schämte mich für das Verlangen, das angesichts seiner Verletzung völlig fehl am Platz war.

Ich beobachtete, wie er sich mit hölzernen Bewegungen abmühte, den neuen Verband um seinen Körper zu schlingen, befreite mich aus meiner Starre und stand auf.

„Brauchst du Hilfe?", räusperte ich meine vom Schlaf belegte Stimme und nachdem der Hüter einen letzten, erfolglosen Versuch gestartet hatte, den Verband um seinen Rücken zu wickeln, gab er grummelnd auf und reichte mir die gravierte Mullbinde. Zaghaft ging ich zu ihm und nahm sie entgegen. Mir fiel nichts ein, das ich sagen konnte, also schwieg ich, während ich ihm den neuen Verband umlegte. Die Wunde sah schon viel besser aus. Zwar noch immer kein schöner Anblick, doch das Loch hatte sich weitestgehend geschlossen und es bildete sich derbes Narbengewebe.

„Danke...", holperte es da plötzlich wie von selbst über meine Lippen, „fürs Leben retten."
„Das ist mein Job", entgegnete Atticus ruhig und erweckte Widerspruch in mir: „Nein, dein Job ist meine Ausbildung, nicht, dich für mich in Speere zu schmeißen."
„Ich habe mich nicht in Speere geschmissen", legte sich seine Stimme über den schuldbewussten Tumult in mir, „ich habe dich von einem weggestoßen. Ich hatte nicht geplant, ihn unter die Rippen zu kriegen."
„Hast du aber."
„Berufsrisiko."

Ich warf ihm einen trotzigen Blick zu, den er zwar nicht sehen, aber hoffentlich spüren konnte und schüttelte den Kopf. Indes fuhr ich bedächtig mit meiner Arbeit an den Mullbinden fort und beugte mich an seiner Schulter vorbei, um hinten etwas sehen zu können. Dabei erhaschte ich einen Blick auf seinen Rücken und erschrak.

„Dein Wappen...", wisperte ich beklommen und Atticus schien sofort zu wissen, was mich an dem Anblick so entsetzte.
„So sieht ein verfluchtes Wappen aus", tat er meine Reaktion sachlich ab und ich kam nicht drum herum, es mir nochmals anzusehen. Was es einst dargestellt hatte, war nicht mehr zu identifizieren. Der Fluch hatte es bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, jede Linie zerrissen und ein goldenes Schlachtfeld daraus gemacht. Sein Portkey bot ein ähnlich verstörendes Bild.

„Und es funktioniert noch?", stellte ich überrascht fest und Atticus nickte.
„Nicht mehr so stark wie früher, doch dank Eleazar, ja."
Schweigend dachte ich darüber nach, als Atticus für mich ausführte: „Nur wenige Metawesen sind zu Flüchen in der Lage. Dabei wird ein Teil ihrer eigenen, zwischenweltlichen Reserve abgespalten und in die Spur des Verfluchten gewebt. Es kann zu Blockaden der Sinne, des Wappens und der Gravuren kommen. In schweren Fällen kann es dich vollständig lähmen und in deinem Körper gefangen nehmen. Eleazar ist ein guter Heiler. Er hat getan, was er konnte."

𝓑𝐮̈𝐜𝐡𝐞𝐫𝐬𝐞𝐞𝐥𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt