➺ 11.✍︎

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𝓢𝙼𝙾𝙺𝙸𝙽𝙶 𝚄𝙽𝙳 𝓖𝙰̈𝙽𝚂𝙴𝙱𝙻𝚄̈𝙼𝙲𝙷𝙴𝙽
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🅅erschwommene Schreie im Hintergrund, jemand, der ihn zur Seite stieß, der Aufprall am Boden, den er mit Mühe abrollte. Das Brennen seiner aufgeschürften Haut, wo sie über den Stein gewetzt war. Als nächstes die panische Angst in den Augen seines Retters vor dem Tod, der seinen Körper ins Grauen der Endgültigkeit zog, ehe seine Muskeln verhärteten und aus seinen Lungen die letzte verbrauchte Luft entwich, der keine Neue mehr folgen würde. Seine Hand benetzte der dickflüssige, rote Beweis der tiefen Wunde, die den jungen Mann vor ihm hingerichtet hatte. Klebte an seiner Haut mit einem Gefühl so düster wie Teer.

Der Schock sollte den Schmerz noch eine Weile betäuben. Ihr Angreifer wurde indes im Hintergrund verhaftet, holte zu einem letzten vernichtenden Werk aus und schleuderte es ihm entgegen. Und in dem Moment, als er seinen Blick von der vertrauten Leiche in seinen Armen hob, traf es seine Augen mit einer Wucht, die ihn in endlose Finsternis warf.

Dort schreckte er auf. Wie immer, wenn ihn dieser Alptraum, diese Episode seiner Vergangenheit, heimsuchte.

Schweißgebadet ließ sie Atticus in der Kälte seines Bettes zurück. Die Decke musste er von sich gestoßen haben und das Fenster stand offen, schickte einen frostigen Gruß aus der Nacht. Dort, wo er seine feuchte Haut traf, verursachte er Gänsehaut.

Atticus spürte es nicht. Unter schwerem Atem versuchte seine Seele die Bürden der Vergangenheit zurück in ihre Ecken zu drängen, raus aus dem Bewusstsein, wo sie ihn nur plagten. Er hasste das Wrack eines Hüters, das sie aus ihm gemacht und das Leben, zu dem sie ihn verdammt hatten.

Langsam fuhr er sich durch Gesicht und Haar, unterdrückte den Ekel, den der nasse Schweiß in seiner Hand provozierte, weil er ihn an das zähe Blut erinnerte, das sie eben noch benetzt hatte. Das musste ab. Alles ab. Runter von seinem Körper.

Atticus stieg aus dem Bett und wartete, bis sein Geist wach genug war, die energetischen Silhouetten seines Zimmers zu spüren und ihm annähernd Orientierung zu verschaffen. Dann navigierte er ins Bad, wurde die durchtränkten Sachen los, die wie eine zweite Haut an ihm hafteten, und trat unter die Dusche. Den Hebel gezogen stemmte er sich mit ausgestreckten Armen gegen die Wand und ließ mit gesenktem Kopf das kalte Wasser seinen Nacken hinabströmen. Versunken starrte er in die schwarze Leere, die die Realität seit jenem Tag für ihn war. Nicht einmal das Nichts, das Blinde für gewöhnlich sahen, hatte man ihm vergönnt. Stattdessen war er dazu verdammt, in unendliche Dunkelheit zu blicken. Dieselbe Dunkelheit, in der das Metawesen schmorte, das ihn einst verfluchte.

Das Wasser abgestellt schnappte der Hüter sich ein Handtuch, trocknete sich ab und zog sich frische Sachen an. Kein Schweiß, kein Blut mehr. Befreit sog er seine Lungen voll mit der frischen Nachtluft, während er das letzte Bisschen seines Krautes eindrehte, um es sich am Fenster anzuzünden. Als der Dampf seine Alveolen durchspülte, kam er zur Ruhe. Zug um Zug ging es ihm allmählich besser und seine Umgebung wurde für ihn deutlicher, die Energien klarer und schärfer. Er würde sich neuen Stoff besorgen müssen. Ohne das Kraut — die Wurzeln einer Pflanzenart, die man Flos Lunae Lucem nannte, übersetzt so etwas wie Blume des Mondscheins, umgangssprachlich Lunfloss —, das ihm ein zwischenweltlicher Freund besorgte, würde sein Fokus schwinden und die Umrisse würden zu Schemen, seine Orientierung zu vager Ahnung.

Sein Spürsinn wanderte über die Schulter zu seinem Bett. Die Laken dürften ungemütlich die Nässe seiner Haut eingesogen haben. Bevor er sich wieder hineinlegte, müsste er es wechseln. Dazu kam, dass Schlaf in den letzten Jahren ein ständiges Spiel mit seinen Dämonen geworden war, das ihn stets müder zurückließ, als er es begann.

𝓑𝐮̈𝐜𝐡𝐞𝐫𝐬𝐞𝐞𝐥𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt