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𝓜𝙰𝚉𝙴𝚁𝙾𝙽
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„🄾h, oh, erklär ihr das mit den Energien zuerst!"
„Ich habe meinen Unterricht bereits strukturiert und bitte um Ruhe."
Pikiert richtete der Bär in Weste mit einer Kralle sein Monokel, bemüht, sich nicht von der übereifrigen Schneiderfee aus dem Konzept bringen zu lassen, die an der Seite saß und ihre zweite Geige etwas zu laut spielte.

Ich saß in der Bibliothek, bereit für meinen ersten Unterricht als angehende Hüterin. Heute auf dem Stundenplan: Fiktion bei Ozias und später Verteidigung mit Atticus. Obwohl ich mir sicher war, es würde wie immer eine Verteidigung gegen Atticus werden. In vielerlei Hinsicht.

Für's Erste war allerdings der Bibliothekar an der Reihe, mir etwas beizubringen und wider seinem Vergnügen hatte sich prompt die neugierige Schneiderfee hinzugesellt. Sie hatte zwar beteuert, sich nicht einzumischen und die stille Beobachterin zu figurieren, doch schon nach wenigen Minuten hatte sie ihr Wort gebrochen. Nicht, dass ich von ihr etwas anderes erwartet hätte. Evelle und stille Beobachterin? Ein Widerspruch in sich.
Die Schneiderfee griff schmollend in eine Tüte Gummibärchen, nachdem Ozias ihr Zwischenfunken unterbunden hatte, und stopfte sich eine Handvoll in den Mund.

„Also, zu Beginn ist es wichtig, dass du verstehst, dass ein jedes Lebewesen und jeden Gegenstand Energie durchfließt", eröffnete Ozias seinen Unterricht und handelte sich sogleich wieder einen Kommentar unserer 'stillen Beobachterin' ein.
„Nun tust du es ja doch!", nuschelte sie laut hinter ihrem mit zuckriger Gelatine gefüllten Mund hervor und ließ Ozzy das Maul zu einer angestrengten Linie zusammenpressen.
„Ich habe nie behauptet, ich würde es nicht tun! So lasse mich doch einfach machen."

Mit geweiteten Augen und erhobenen Brauen zog sie eine Schnute, leistete dem Bären jedoch zunächst Folge. Ich schmunzelte bei ihrem Geplänkel, war nur froh, dass ich Ozias hatte ausreden können, mich ständig in der Höflichkeitsform anzureden.

„So, wo war ich... ach ja, Energie. Alles und jeden durchfließt Energie", sammelte sich der Bär und machte weiter, wo er aufgehört hatte, „und ganz wichtig: Jede Welt besitzt ihre spezifische Energiespur. Auch die Realität. Quasi eine bestimmte Form von Energie, an die alle Objekte und Lebewesen jener Welt angepasst sind. An dieser Energiespur kann man erkennen, zu welcher Welt jemand oder etwas gehört."
Ich versuchte, ihm zu folgen und bedeutete ihm durch ein Nicken mein aktives Zuhören.
„Aber nicht nur die Zugehörigkeit zu einer Welt wird durch die innere Energiespur festgelegt, sondern auch die Existenz", fuhr er fort und legte einen bedeutungsvollen Unterton in seine Stimme. Eine kunstvolle Pause folgte.

„Die Existenz? Inwiefern?", hakte ich nach und konnte an Ozias' zufriedenem Gesicht sehen, dass er genau diese Nachfrage hatte provozieren wollen.

„Insofern, dass etwas nur fortlaufend existieren kann, wenn die innere Energiespur mit der äußeren — also der Spur der umgebenden Welt — übereinstimmt. Denn nur dann kann die Energie die Materie durchfließen. Sind die Energiespuren nicht identisch, ist etwas in einer Welt gelandet, in die es nicht gehört, stoppt der Fluss. Die Materie muss so lange von ihren Reserven zehren, bis die Energiereserve aufgebraucht ist", erörterte er und malte mir zur Hilfe ein Bild: „Stell es dir wie dein Handy vor. Um es zu laden, braucht es einen bestimmten Typ Kabel, damit du es mit dem Strom verbinden kannst. Passt das verfügbare Kabel nicht in dein Handy, kommt der Strom nicht an und es muss von dem Rest leben, den sein Akku noch hergibt. Ist der Akku leer, schaltet es ab."

Ich glaubte, bisher alles verstanden zu haben. Auch ohne den Vergleich zu meinem Handy, aber ich ließ ihm das nette Sinnbild.

„Ist das außerhalb unseres Vergleichs der Fall, ist also die Energiereserve — wie wir den 'Akku' eines Objektes oder Lebewesens nennen — aufgebraucht und die umgebende Energie kann das Objekt oder Lebewesen nicht durchfließen, beginnt ein Prozess, der sich Vergängnis nennt. Der Fluss der Energie ist es nämlich, der Materie zusammenhält. Ohne Reserve oder Energiefluss vergeht der Körper. Die Materie löst sich auf, da sie nicht länger als Gefüge existieren kann."

𝓑𝐮̈𝐜𝐡𝐞𝐫𝐬𝐞𝐞𝐥𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt