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𝓢𝚃𝙸𝙻𝙻𝙴
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🅂tille dominierte die Bibliothek, als Atticus sie betrat. Herrliche Stille. Befreit von seiner aufdringlichen Vergangenheit, die er just im Flur in Form von Akacia McKeen hatte zur Hölle fahren lassen, nahm er einen tiefen Atemzug und genoss die schweigsame Gesellschaft der vielen versiegelten Bücher.

Drei Jahre. Drei Jahre war es her, dass ein gewöhnlicher Einsatz seinem Freund und Partner das Leben gekostet hatte. Blind, abgeschoben und allein — es hatte sich angefühlt, als wäre er selbst an jenem Tag gestorben. Als wäre da nur noch sein Körper gewesen, eine leere Hülle, die entseelt auf dieser Welt zurückgelassen worden war. Akacias Umstieg auf den widerlich verwöhnten Abbadore-Nachwuchs war ihm egal gewesen. Allein der Mangel an Loyalität ihrem ermordeten Freund gegenüber hatte ihrem hübschen Gesicht auf ewig die Maske einer verkommenen Hexe übergezogen, selbst, wenn er es nicht mehr sehen konnte. Vielleicht hatte er sie nie wirklich geliebt.

Gedankenverloren griff Atticus nach seinem Handschuh, um das Wundsiegel darunter zu lösen, da glimmte im Flur eine Energie auf, die sich unerfreulich näherte. Er dachte bereits, es wäre jemand vom Ordenshüter-Gesinde oder noch schlimmer: Akacia. Doch in dem Moment, in dem sich seine Sinne schärften, erkannte er den unverwechselbaren Schemen von Lorien. Ihre Energie würde er immer und überall erkennen. Sie war besonders. Heller. Wärmer. Sofort beruhigten sich seine Muskeln, die in Bereitschaft auf unangenehme Gesellschaft unter Spannung geraten waren. Die vorlaute Hazy hatte er eben schon im Türspalt ihres Zimmers wahrgenommen, als er im Flur mit Akacia gestritten hatte. Sie hatte gelauscht. Vorlaut und vorwitzig, wie sie eben war.

Für einen gedehnten Moment ließ er sie schweigend im Türrahmen verweilen, während er sich um seine Hand kümmerte, bis er sich einen Kommentar zu ihrem kühn-dreisten Verhalten nicht länger verkneifen konnte.

Es war fast schon amüsant, wie sie auf Zehenspitzen um seine Vergangenheit herumtänzelte und versuchte, sich den heiklen Themen zu nähern. Nicht, dass er gerne darüber sprach. Sie tat gut daran, Vorsicht walten zu lassen. Trotzdem genoss er es auf merkwürdige Art und Weise, wenn sie verhalten vor ihm herumdruckste. Für gewöhnlich wanderten ihre Hände nervös an ihre Kleidung, sie kaute auf ihrer Lippe oder sie floh, indem sie ihm eine schnippisch unpassende Beleidigung an den Kopf warf. Es war drollig, wenn sie wütend wurde. Seit ihres ersten gemeinsamen Einsatzes wusste er, wie ihre Sommersprossen zu zucken, ihr Mund zu wandern und ihre Augen zu funkeln begannen.
Im Dunkeln seines Fluchs gefangen, blieb ihm nichts, als es sich vorzustellen. Obgleich ihm das Herz schwer wurde, als sie von Benjin sprach.

Es verging ein schwerer Moment, ehe sie sich nach seiner Verletzung erkundigte.
„Wie geht es deiner Hand?", hallte ihre Stimme durch die leere Bibliothek und hätte sie es bei der Frage belassen, wäre ihr Abend streitlos vergangen. Doch das Mädchen näherte sich ihm, berührte beinahe seine Finger mit ihren, und ohne zu wissen, wie ihm geschah, schnappte er zu.

Immer, wenn sie ihm näher kam, übermannte ihn eine ungewöhnliche Unruhe. Diese Art Unruhe, die einen anzog und zugleich plagte.
Es war ein machtloses Gefühl. Er wollte es nicht. Zu oft hatte er sich in den letzten Jahren machtlos gefühlt.

Reflexartig schnellte seine Hand nach vorn und fing ihre ab. Schroffer, als er es beabsichtigt hatte, doch was machte das schon bei den nächsten Worten, die er unbedacht im Abwehrmechanismus wählte. Er war froh, dass er ihr Gesicht dabei nicht sehen brauchte. Ihre Zunge hingegen zischte aus purer Verachtung, als sie ihm ihr scharfes 'Leck mich' entgegenwarf, das sich aus unerklärlichen Gründen in seine Brust brannte.

Sie war nicht Benjin. Das würde sie nie sein. Anfänglich hatte ihn das gestört, ihn genervt. Inzwischen war es fast schon beruhigend, ihr kopfloses Geplapper zu hören. Nicht, dass er das je zugeben würde. Akacias Auftritt hatte ihm nochmals deutlich gemacht, wie anders sie war im Vergleich zu all den Hütern seiner Vergangenheit. Mit Unwissenden hatte er bisher wenig Kontaktpunkte gehabt, geschweige denn, sie urplötzlich zu Hütern ausbilden müssen. Sie machte sich gut. Sie war kein Naturtalent, doch ihre Gabe war eines und trieb sie automatisch voran. Er wusste, dass das alles war, was sie von ihm hören wollte, doch es auszusprechen hieße, sich einzulassen und das konnte er nicht.

𝓑𝐮̈𝐜𝐡𝐞𝐫𝐬𝐞𝐞𝐥𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt