Mit einem Ruck fahre ich hoch und reiße erschrocken die Augen auf. Ich bin schweißgebadet und atme doppelt so schnell wie gewöhnlich. Das war ein schrecklicher Traum. Ich schlucke und sehe aus dem Fenster. Es wird langsam hell draußen, aber von einem strahlenden Sonnenaufgang sind wir noch lange entfernt. Obwohl ich die Müdigkeit und die Erschöpfung in meinem Körper heftig spüren kann, schlage ich die Decke zurück und schwinge die Beine aus dem Bett.
Schnell schnappe ich mir eine Jogginghose und eine Weste, dann schleiche ich aus dem Zimmer. Ich überlege kurz, ob ich zu Alex gehen soll, entscheide mich aber dagegen. Er braucht seinen Schlaf und außerdem würde May wahrscheinlich auch wach werden und das möchte ich nicht.
Ich spiele alle Orte, an die ich gehen könnte, in Gedanken durch und entscheide mich schließlich für die Terrasse. Ich schlendere den Gang des Hotels entlang bis ich zur Terrassentür komme. Es ist so ruhig, fast unheimlich.
Leise stoße ich die Tür auf und atme gierig die frische Luft ein, die mir entgegenbläst. Ich lehne mich an das Geländer und schaue in die Welt hinaus, die gerade am Aufwachen ist. Das ist die friedlichste Zeit des Tages. Es sind noch keine Menschen oder Autos auf den Straßen unterwegs. Die einzigen Geräusche kommen von den Vöglein, die aufgeregt von einem Baum zum nächsten flattern. Es scheint, als würden sie Abfangen spielen. Ich schmunzle und schließe die Augen. Der kühle Morgenwind bläst mir die Haare aus dem Gesicht und lässt mich die Weste enger um meinen Körper wickeln. Dennoch genieße ich es. Die Friedlichkeit hier draußen lässt mich für einen Moment alle Sorgen und Probleme vergessen.
»Tja hier stehe ich nun... auf der Terrasse eines Hotels, in dem eigentlich seit Jahren kein Betrieb mehr sein dürfte, und versuche meine Sorgen zu vergessen. Du hältst mich ganz schön auf Trab, weißt du das?«, flüstere ich und blicke auf die kleine Kuppel meines Bauches hinab. Zärtlich streiche ich mit meiner Hand darüber und habe plötzlich Tränen in den Augen.
»Aber trotzdem bist du das beste Geschenk, das man mir machen konnte«, hauche ich und lasse zu, dass die Tränen mir über die Wange kullern.
»Ich verspreche, dass ich dir eine gute Mutter sein werde...«
»Das wirst du bestimmt.«
Erschrocken drehe ich mich um und entdecke meinen Bruder, der in der Tür steht und mich anlächelt. Ich presse meine Lippen aufeinander, um nicht noch einmal weinen zu müssen.
»Was machst du schon so früh hier draußen?«, frage ich und wische mir die Tränen von den Wangen.
»Ich weiß nicht... ich bin aufgewacht und hatte plötzlich das Bedürfnis nach dir zu sehen. Nachdem du nicht in deinem Zimmer warst, wusste ich, dass du hier sein würdest.«
»Immerhin bist du nicht wieder ausgerastet, weil du dachtest ich sei verschwunden«, sage ich und lächle ihn gequält an.
»Ja...« Er lacht leicht und sieht mich forschend an. »Was ist los Sophie?«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch und denke, dass ich mich verhört habe. »Was los ist? Es sind tausende Sachen los!«, sage ich aufgebracht und schlage mit meiner Faust auf das Geländer.
»Ich weiß, aber das meine ich nicht.«
»Was meinst du dann?«
»Ich denke, dass du mir etwas verschweigst.« Dean sieht mich eindringlich an. Ich schlucke und wende den Blick ab. Im Lügen war ich noch nie gut. Schon gar nicht, wenn ich direkt darauf angesprochen werde.
»Seit der Sache mit Stan, habe ich dieses Gefühl, dass... mehr dahintersteckt... Sophie, sei ehrlich. Was genau hat Stan dir erzählt? Und wieso war unser Vater dort?«
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SOPHIE (Band 2)
FantasyNachdem sie sich verwandelt hat und Alex sie abermals im Stich gelassen hat, steht Sophie kurz vor einem völligen Nervenzusammenbruch. Und trotzdem wird sie vor einige neue Herausforderungen gestellt, die ihre Stärke auf die Probe stellen. Außerdem...