Kapitel 6

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»Mm...« Ich drehe mich in meinem Bett auf die andere Seite. Die Bettdecke geht mir bis zum Kinn, sodass ich mich richtig gut hineinkuscheln kann.

»Hey, du bist wach«, flüstert jemand neben mir. Ich drehe mich fragend um und mache die Augen einen Spalt auf.

»Was machst du denn hier?« Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und setze mich gähnend auf. »Wann bin ich denn ins Bett gegangen?«

»Ich habe dich hergetragen, Phie. Du bist in der Halle umgekippt.«

»Oh, stimmt ja... die Halle... ich... habe ich wirklich...?«

»Einen Zwillingsbruder? Ja, den hast du wirklich.« Drake setzt sich neben mich und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Wie fühlst du dich?«, fragt er und sieht mich besorgt an.

»Wieso? Weil ich einen Bruder habe, von dem ich 18 Jahre nichts wusste oder weil plötzlich ohnmächtig wurde?«, frage ich leicht sarkastisch und schmunzle.

»Ähm... naja, beides!«

»Also... diese Ohnmacht war wahrscheinlich einfach nur Erschöpfung und der Schock, dass ich ein Zwilling bin. Und diese Zwillings-Geschichte...« Ich zögere. »Ich weiß nicht, was ich darüber denken soll, um ehrlich zu sein.«

Drake nickt langsam und seufzt.

»Das kann ich gut verstehen. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn nach 18 Jahren ein Zwillingsbruder von mir auftaucht.«

Ich atme tief durch und lasse mich seufzend wieder zurück ins Bett fallen. »Wieso muss das alles jetzt passieren? Hätten diese bahnbrechenden Ereignisse nicht einfach alle paar Jahre auftauchen können? Wieso alles jetzt?«

»Sowas passiert meistens alles gleichzeitig.« Drake zuckt mit den Schultern.

»Ach so! Dann ist es eh normal, dass man auszieht, seinen Vater in den Knast bringt, sich in einen Dämon verwandelt, seine Beziehung in die Brüche geht, man nochmal auszieht, beginnt Dämonen zu jagen und einen verschollenen Zwilling findet! Wenn das so ist, bin ich beruhigt.« Der Sarkasmus in meiner Stimme ist kaum zu überhören.

»Ähm... ja...«, stottert Drake, der erstaunlicherweise einmal nicht weiß, was er dazu sagen soll. Ich kann es ihm nicht verübeln. Ich wüsste auch nicht, was ich dazu sagen soll.

Ich bemerke wie mir eine leise Träne über die Wange kullert, die ich wütend beiseite wische.

»Das ist doch kein Weltuntergang. Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn mein verschollener Zwilling plötzlich wieder auftaucht.« Er sieht mich immer noch wehleidig an, doch ich weiche seinem Blick aus.

»Ich freue mich doch...«, sage ich wenig überzeugend.

Für Dean ist es bestimmt genauso schlimm, wenn nicht sogar noch schlimmer. Immerhin haben ihn seine – unsere – Eltern als Baby weggegeben. Wieso haben sie das getan? Ich hätte meinen Eltern sowas niemals zugetraut. Zumindest nicht in den ersten 10 Jahren.

»Oje... jetzt beginnt es wieder. Deine Depri-Phase!«, sagt Drake plötzlich. Ich schaue ihn fragend an und sehe zu wie er vor dem Bett auf und abläuft.

»Das hattest du oft nachdem wir hier eingezogen sind. Du bist deprimiert und liegst dann die nächsten 2 Tage im Bett herum und isst Eiscreme!«

»Nein, das Eis habe ich immer in der Küche mit Delia gegessen...«, werfe ich murmelnd ein.

»Das ist nicht wichtig! Wichtig ist, dass das diesmal nicht passiert! Das lasse ich nicht zu!«

Er steht mit verschränkten Armen vor mir und bringt mich mit dem ernsten Blick zum Lachen.

SOPHIE (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt