Kapitel 11

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Wir schleichen im Dunkeln zu Alex' Haus. May geht dicht neben mir, während Drake und Dean uns wie Bodyguards beschatten. Es fehlen nur noch die schwarzen Anzüge und die Sonnenbrillen und das Bild ist perfekt.

»Was ist vorgefallen zwischen dir und Alex?«, fragt May als wir unser Ziel fast erreicht haben. Ich schlucke schwer und blicke sie von der Seite her an. Diese Frage habe ich schon erwartet.

»Wir haben alle Jäger gerufen, damit wir dich befreien können. Die große Gruppe stürmte das Hotel beim Haupteingang und Alex, ich und ein paar andere schlichen uns beim Hintereingang rein. Wir haben dich in einem kleinen Raum gefunden. Gefesselt und geknebelt, wie du auch jetzt warst. Diese Person... dieser Dämon sah genauso aus wie du. Es fühlte sich so an, als würde man mit dir reden!« Ich schüttle den Kopf und ärgere mich darüber diesen Schwindel nicht gleich durchschaut zu haben. Ich muss ständig daran denken wie Drake sich in Alex verwandelt hat, damals in dieser Bar. Vom Aussehen her erkannte ich keinen Unterschied, aber seine Augen... Seine Augen leuchteten nicht mehr gleich wie vorher, es fühlte sich anders an in seiner Gegenwart. Wie konnten wir uns bloß bei May so täuschen lassen? Wie konnten sich Rob und Alex bloß so täuschen lassen?

»Dann sind sie gekommen«, fahre ich fort, »Stan und ein paar andere Dämonen. Es war komisch, denn sie haben nicht gegen uns gekämpft. Nicht wirklich. Sie entwaffneten uns und hielten uns fest, damit wir in die große Halle geschleppt werden konnten. Dort fanden wir auch die anderen, die umringt von dutzenden Dämonen waren. Aber alle unverletzt. Ich denke Stan wollte wirklich nur mich haben... Jedenfalls hat er mir ziemlich lange einzureden versucht, dass ich ein Dämon bin und seine Enkelin...«

»Seine Enkelin? Du bist die Enkelin von Stan?«, fragt May fassungslos. Ich nicke und sehe wie ihr der Atem wegbleibt.

Ja, das kam für uns alle überraschend.

»Plötzlich ging der Kampf los. Wir haben alle besiegt. Dutzende Sorai und Aphra haben wir umgebracht und sie wehrten sich nicht einmal. Es war, als würden sie freiwillig ins Messer laufen. Unheimlich!« May hängt gebannt an meinen Lippen und zieht verständnislos die Stirn kraus. Es ist bestimmt schwer zu glauben, dass Dämonen sich einfach so von Jägern abschlachten lassen, ohne auch nur den geringsten Wiederstand zu leisten. Aber genauso war es.

»Als letztendlich alle am Boden lagen und Stan mich immer noch nicht davon überzeugt hatte, dass ich ein Dämon bin, haben zwei seiner Dämonen Alex ein Messer in die Brust gerammt.« Mays Atem stockt und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Ich sage ihr absichtlich nicht sofort, dass es ein Dämon war, der sich in Alex verwandelt hat. Sie soll erahnen wie ich mich in dem Moment gefühlt habe. So als würde meine ganze Welt zusammenbrechen. Als würde das Leben aus mir herausgezogen werden und vor mir wie ein Haufen Asche verkümmern. Mir wurde meine Lebensgrundlage entrissen und alles, was ich mir je erträumt habe, verblasste plötzlich.

Vielleicht kann sie mich so besser verstehen.

»Ich habe gesehen wie er dalag, tot. Unter im breitete sich eine ständig wachsende Blutlache aus. Dickes dunkelrotes Blut, das über den Boden glitt.« Ein paar Tränen rinnen aus meinen Augen, als ich daran zurückdenke. »In dem Moment bin ich gestorben. Innerlich. Dann habe ich mich verwandelt.«

»Alex?«, haucht May, dessen Gesicht rot angelaufen ist.

»Es hat sich herausgestellt, dass das alles nur eine Falle von Stan war. Ein hinterlistiger Trick, um mich zu dem Monster zu machen, das ich jetzt bin. Nur kurze Zeit später tauchte Alex hinter mir auf und der tote Alex verwandelte sich in einen Dämon.«

»Was?«, fragt sie und nimmt die Hand vom Mund. »Das war nur vorgetäuscht?«

»Ja. Stan hat einen seiner Männer geopfert, nur um mich zu verwandeln. Eigentlich hat er alle seine Männer an dem Abend geopfert.« May schüttelt verzweifelt den Kopf.

SOPHIE (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt