Kapitel 2

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Alex liegt wie üblich in seinem Bett und starrt die Decke an. Seit einiger Zeit plagt ihn wohl die Schlaflosigkeit, da ich ihn jedes Mal um diese Zeit so daliegen sehe. Am Anfang machte ich mir noch Hoffnungen, dass ihn die Trennung von mir genauso mitnimmt wie mich und er zu mir zurückkommt, aber mittlerweile habe ich alle Hoffnung aufgegeben. Die Chancen stehen ziemlich schlecht, dass Alex – der größte Dämonenhasser von allen – mit so jemandem wie mir zusammen sein will. Er versteht einfach nicht, dass nicht alle Dämonen böse sind. Ich bin nicht böse! Ich bin immer noch ich, nur mit weißen Augen und magischen Fähigkeiten, aber in meinem Herzen bin ich dieselbe.

Es ist bereits zwei Monate her seit Stan, mein Großvater, mir meine dämonische Seite verpasst hat. Seitdem ist ziemlich viel passiert.

Drake und ich wohnen jetzt auch im Hotel, das in den oberen Stockwerken wirklich sehr schön eingerichtet ist. Nur das Erdgeschoss ist so gut wie leergeräumt und sieht im Dunkeln gespenstisch aus, aber das dient an erster Linie der Tarnung. Wir wollen ja nicht in die Welt hinausschreien, dass das Hotel, das schon ewig leer steht, von mystischen Kreaturen bewohnt wird, die weder Miete zahlen, noch irgendwelche Steuern.

Wir sind nun auch vollständige Mitglieder in Stans Rudel, was zwar anfangs ziemlich ungewohnt für mich war, aber ich habe mich daran gewöhnt und sogar schon Freunde gefunden. Wir sind mittlerweile zu einer richtigen Familie geworden, was den Schmerz des Verlustes meiner früheren Familie erträglicher macht.

Und ich bin einer Gruppe von Dämonenjägern zugeteilt geworden. Wir jagen böse und vom Weg abgekommene Dämonen und versuchen sie wieder auf den rechten Pfad zu bringen.

An mein neues Ich habe ich mich noch immer nicht ganz gewöhnt. Stan meint, dass ich noch viel mehr Fähigkeiten habe als ich jetzt weiß, aber ich bin noch nicht bereit dazu alles über mein neues Wesen zu erfahren.

Ich sitze auf Alex' Fensterbrett und schaue durch den Schlitz zwischen den Vorhängen in sein Zimmer. Die Dunkelheit, die mich umgibt, schützt mich davor, gesehen zu werden, aber manchmal wünsche ich mir, dass er mich endlich wieder ansieht. Auch, wenn ich weiß, dass er nicht erfreut von meinem Anblick sein würde. Ich vermisse seine tiefblauen Augen und die Wärme, die sie mir geben. Ich vermisse seine Berührungen und sein schiefes Lächeln, das er mir zuwirft, wenn ihm etwas peinlich ist. Ich vermisse einfach alles an ihm...

Seit zwei Monaten komme ich fast jede Nacht her und sehe ihm beim Schlafengehen zu. Ich wache über ihn, wenn er träumt und manchmal starre ich ihn sogar die ganze Nacht lang an. Das ist mittlerweile das Einzige, das ich noch tun kann, um ihm irgendwie nah zu sein.

Er scheint jedenfalls auch nicht glücklich darüber zu sein, was aus uns geworden ist. Oft sehe ich wie er völlig außer sich seinen Boxsack verprügelt und anschließend wild schluchzend zusammenbricht. In diesen Momenten wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dieses blöde Fenster einzuschlagen, das uns trennt und ihn in meinen Armen zu wiegen. Aber das geht nicht.

Der Schmerz über seinen Verlust ist unerträglich, aber glücklicherweise bin ich nicht so abgestürzt wie damals, als er mich verlassen hat. Alex hat ein großes Stück meines Herzens bei sich und das wird für immer so bleiben. Aber ich denke, dass ich auch ein Stück seines Herzens besitze und das macht es mir etwas leichter weiterzumachen.

Außerdem habe ich Drake. Wir beide sind mittlerweile unzertrennlich, auch wenn seine Stimmungsschwankungen und sarkastischen Kommentare mich manchmal auf die Palme bringen. Doch als einziger im Hotel, der mich wirklich kennt und weiß, was ich durchgemacht habe, ist es kein Wunder, dass ich mich an ihm festklammere. Er ist für mich da. Vor allem in den letzten Monaten war er immer da und hat mich aufgepeppelt. Ich muss sagen, es erstaunt mich wie gut es mir trotz diesen ganzen Vorfällen geht. Das Dämonenjagen, die Zeit mit Drake und meine anderen Freunde machen mir das Leben sehr viel leichter.

SOPHIE (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt