Kapitel 13

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»Wie geht es ihm?«, fragt Dean als ich ins Zimmer zurückkomme.

»Ganz gut. Er ist wieder eingeschlafen.«

»Das ist gut, er muss sich ausruhen. Er hat ganz schön was abbekommen.« Ich lasse mich erschöpft aufs Bett fallen und versuche mich zu entspannen, doch es gelingt mir nicht wirklich. Ob es an diesem Ort liegt oder an der Tatsache, dass mich so viele offene Fragen plagen, weiß ich nicht. Wahrscheinlich beides. Ich kann seit Tagen nicht mehr richtig schlafen. Na schön... ich habe in den letzten Tagen auch meistens die Nacht durchgemacht.

Es läuft gerade so viel falsch in meinem Leben. Jeder normale Mensch würde unter der enormen Last, dem Schmerz und dem Druck zerbrechen, aber aus irgendeinem Grund stehe ich immer noch. Zwar nicht wirklich aufrecht, aber ich stehe.

»Und was ist mit dir?« Ich fahre zusammen, als ich Deans Stimme neben mir höre, die mich aus einem merkwürdigen Halbschlaf reißt.

»Was soll mit mir sein?«, frage ich verunsichert und zwinge meine müden Augen ihn anzusehen.

»Wie geht es dir?« Diese Frage ist eindeutig nicht mehr so leicht zu beantworten wie damals.

Seit in meinem Leben alles den Bach runterging, habe ich gemerkt wie wenig wir uns wirklich mit dieser Frage auseinandersetzen. Wir hören sie täglich mindestens einmal. Diese Höflichkeits-Floskel, die schon wie eine zweite Begrüßung behandelt wird.

Wir geht es dir?

Die Meisten wollen gar keine ehrliche Antwort darauf, denn ansonsten müssten sie sich tatsächlich mit den Problemen der anderen auseinandersetzen. Und die, denen die Frage gestellt wird, antworten automatisch mit gut. Auch, wenn das Leben gerade alle Wände und Barrieren hochzieht und uns ständig in Löcher fallen lässt, sagen wir, dass es uns gut geht. Denn wer will schon jedem wie ein Weichei seine dutzenden Probleme und Sorgen erklären müssen?

Ich zucke mit den Schultern und ignoriere meine Gedanken, die schon damit angefangen haben sich bei Dean auszuheulen.

Wenn ich jetzt anfange über meine Sorgen und Ängste nachzudenken, fühlt es sich so an als hätte ich aufgegeben. Aufgegeben um Alex zu kämpfen, aufgegeben mich Zed und meinem Großvater zu stellen und aufgegeben Klarheit in meine verwirrte Gefühlswelt zu bringen. Ich bin noch nicht bereit aufzugeben. Noch nicht...

»Willst du darüber reden?«, fragt Dean wie auf Kommando.

»Ich...« Plötzlich kommt die Übelkeit wie eine Wellte über mich. Ich halte die Luft an und setze mich schnell auf.

»Was? Was ist los?«, fragt Dean in Alarmbereitschaft und springt auf.

»Ich... ähm... entschuldige mich kurz!«, sage ich schnell und renne ins Badezimmer. Dort schlage ich die Tür hinter mir zu und stürze vor der Toilette auf den Boden.

»Sophie? Ist alles okay bei dir?« Dean klopft an die Tür und übertönt meine Würgegeräusche. Nach ein paar Minuten tätige ich die Spülung und lehne mich erschöpft an die Wand hinter mir.

Dean streckt mir einen Becher mit Wasser vor die Nase und schmunzelt leicht.

Wie lange ist er schon hier drinnen?

»Danke«, murmle ich und trinke einen großen Schluck. Meine Hände zittern leicht und ich fühle mich vollkommen erschlagen. Genauso sehe ich vermutlich auch aus, Deans Blick nach zu urteilen.

»Was ist mit dir los?«

»Ich weiß nicht. Das geht schon eine Weile so... Ich denke es ist der Stress oder vielleicht irgendein Virus, den ich eingefangen habe.« Ich zucke mit den Schultern und atme tief durch. Dean betrachtet mich eingehend und kneift die Augen zusammen.

SOPHIE (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt