Als wir abends nach der langen Fahrt endlich in meinem Zuhause angekommen waren, konnte es Fenris kaum erwarten aus der Kutsche zu kommen. Er sprang sofort aus der Tür, als diese geöffnet wurde und lief glücklich ins Haus. Keine 10 Sekunden später hörte man bereits einen spitzen Schrei. Meine Mutter schien offensichtlich nicht damit gerechnet zu haben, dass wir heute wiederkamen und, dass Fenris sie zuerst begrüßte. Als mein Vater und ich ausgestiegen waren, kam sie uns auch entgegen und begrüßte zuerst meinen Vater, dann mich. „Ihr seid wieder zuhause." lächelte sie uns beide an und mein Vater gab ihr daraufhin einen Kuss auf die Wange. Kurz darauf sah sie mich an und sagte lächelnd: „Ich hoffe, du hast dich gut benommen.". Ich wollte gerade etwas erwidern, als mein Vater ihr schon antwortete: „Natürlich hat sie sich gut benommen. Sogar so gut, dass beide Prinzen ganz angetan von ihr zu sein scheinen.". Ich verdrehte die Augen und wäre am liebsten im Boden versunken. Wieso musste er ausgerechnet jetzt damit anfangen? Hätte er das nicht einfach unkommentiert lassen können. So wusste ich, dass ich jetzt den gesamten restlichen Abend von den Ereignissen im Schloss erzählen müsste. Meine Mutter antwortete gleich darauf: „Oh, Liebling, du musst mir alles erzählen.". Ich warf meinem Vater einen vernichtenden Blick zu. Er schien das zu bemerken und sagte zu meiner Mutter: „Aber, meine Liebe. Ich denke Alvara ist von der langen Reise so erschöpft, dass sie heute Abend nicht mehr die Kraft dafür aufbringen kann. Die nächsten Tage wird sie dir das bestimmt erzählen.". Meine Mutter schien zwar von der Idee nicht begeistert, aber nickte kurz darauf verständnisvoll. „Dann ruh dich heute Abend aus, mein Kind." sagte sie mir zugewandt und ich war meinem Vater in diesem Moment unfassbar dankbar für seine Hilfe.
Ich ging ins Haus und begab mich zusammen mit Fenris in mein Zimmer. So unglaublich nett, wie die Rettung von meinem Vater sicherlich gemeint war, so sehr störte sie mich jetzt. Ich war noch nicht müde und war auch von der Reise alles andere als kaputt. Ich könnte den restlichen Abend nicht im Bett verbringen, dazu war ich zu wach und besaß noch zu viel Energie. Einfach hinausgehen konnte ich allerdings auch nicht, da ich spätestens ab der Treppe meinen Eltern über den Weg laufen würde und meine Mutter sofort beginnen würde mich auszufragen. Und dafür war ich noch nicht bereit. Ich überlegte einige Zeit lang, wie ich es am besten anstellen könnte, doch mir viel keine bessere Möglichkeit als das Fenster ein. Ich öffnete es und sah nach unten. Zugegeben, groß war unser Haus nicht, doch aus dem Fenster klettern war trotzdem nicht wirklich erstrebenswert. Ich beschloss, dass es keine andere Möglichkeit für mich gab und kletterte hinaus. Als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, sattelte ich mir mein Pferd und ritt in Richtung des Wirtshauses. Wenn ich meiner Mutter schon ab morgen Rede und Antwort stehen müsste, dann würde ich wenigstens versuchen mir so viele Erinnerungen wie möglich wegzutrinken.
Ich betrat das Wirtshaus und stellte mich an die Theke. Ich beobachtete gerade einige der anderen Gäste, als ich plötzlich meinen Namen hörte. Ich drehte mich um und sah hinter der Theke ein mir gut bekanntes Gesicht.
„Vela?" fragte ich lächelnd und sah die junge Halbgöttin an. Sie grinste und umarmte mich über die Theke hinweg: „Alvara. Bei allen Göttern, wie lang ist es her?". Ich erwiderte „Viel zu lang." und sie schob mir sogleich einen Krug Met hinüber. Vela war die Tochter von Snorri, dem Gott des Mets und einer Menschenfrau und durfte sich als Halbgöttin sowohl hier als auch in Midgard aufhalten. Sie verbrachte immer abwechselnd einige Zeit auf Midgard und dann wieder hier. Wenn sie hier war, dann stand sie meist hinter der Theke des Wirtshauses ihres Vaters und schenkte aus. Es war ein offenes Geheimnis, dass sich immer mehr Götter und Halbgötter in Snorris Wirtshaus trafen, wenn seine Tochter an der Theke stand. Vela war eine attraktive, schlanke Halbgöttin mit halblangen braunen Haaren und verstand es wie keine Zweite, ihren Charme bei den trinkbegeisterten Göttern einzusetzen. Sie wickelte die Männer reihenweise um ihre Finger und ließ sich doch nie auf einen ein. Wir waren seit Kindertagen gute Freunde und ich schätzte sie wie nur wenige andere Personen in meinem Leben. „Wie war es im Schloss? Als ich aus Midgard wiederkam und Vater sagte, dass du mit Foseti am Hof bist, war ich unglaublich überrascht. Du musst mir alles erzählen." sagte sie grinsend. Ich antwortete grinsend: „Das ist eine lange Geschichte.". Sie nickte grinsend und erwiderte: „Dann scheint es so, als müssten die Herrschaften erstmal eine Weile ohne mich zurechtkommen. Sie werden es bestimmt einmal ohne ihr liebstes Thekenmädchen aushalten". Sie lief um die Theke herum und setzte sich an einen der Tische. Ich setzte mich zu ihr und begann zu erzählen. Ich wusste nicht, wie lange wir dort saßen, doch ich erzählte ihr alles. Wirklich alles. Sie hörte sich alles an und begann am Ende meiner Erzählung zu grinsen. „Muss ich dich demnächst dann Prinzessin Alvara von Asgard nennen?" grinste sie frech und ich schüttelte lachend den Kopf. „Wie kommst du darauf?" fragte ich sie und setzte gleich noch hinzu: „Loki und ich wissen ja nicht einmal, was das zwischen uns ist.". Sie grinste vielsagend und antwortete: „Also, nach dem was du mir erzählt hast, weiß ich ziemlich genau was das ist. Das ist Liebe.". Ich schüttelte nur grinsend den Kopf. „Selbst wenn du Recht hast, und das Liebe ist, wird das trotzdem nicht funktionieren. Er ist ein Prinz und ich bin nur ich." erklärte ich ihr, woraufhin sie grinsend erwiderte: „Natürlich habe ich Recht, ich kenne mich damit aus.". Wenig später fragte sie: „Wie wollt ihr das jetzt machen? Du bist nicht mehr im Schloss und es ist einen Tagesritt von hier entfernt...". Ich zuckte ratlos mit den Schultern: „Ich habe keine Ahnung, glaub mir.". Sie sah mich mitleidig an und sagte zuversichtlich: „Das wird schon, glaub mir. Wir kriegen das schon hin.". Ich nickte und war mal wieder unfassbar dankbar, Vela als meine Freundin zu haben. Wir saßen uns noch eine ganze Weile gegenüber und unterhielten uns über alles mögliche. Nach einiger Zeit fragte ich sie grinsend: „Und was genau verstehst du jetzt von Liebe?". Sie grinste und sah sich um: „Ich weiß ganz genau, was das ist, wenn mich die Männer den ganzen Abend lang ansehen. Die einen empfinden einfach nur Begierde, das sind die einfachen.". Sie zeigte auf einen jungen Gott, mit kurzen blonden Haaren und einem leichten Kinnbart: „Aber Ariald zum Beispiel, empfindet definitiv mehr für mich. Er bestellt jeden Abend einen Met und sitzt dann stundenlang an der Theke und unterhält sich mit mir. Er ist ganz süß, aber wie heißt es immer: Verlieb' dich nie in das Mädchen hinter der Theke.". Ich musste grinsen und fragte: „Und an die alte Regel hälst du dich?". Sie antwortete grinsend: „Job ist Job. Und außerdem wäre mein Vater der Erste, der dagegen Beschwerde einreichen würde.". Ich lachte, weil sie damit höchstwahrscheinlich Recht hatte. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, ehe ich aufbrach und mich auf den Nachhauseweg machte. „Ich geh dann mal." sagte ich und umarmte sie zum Abschied. Sie erwiderte lächelnd „Bis morgen. Ich komme zu euch, vielleicht kann ich dich dann vor den Fragen deiner Mutter retten.". Ich lächelte dankend und machte mich auf den Heimweg.
Jaja, auch der schönste Abend hat einmal ein Ende. Ich dachte mir, dass es langsam mal an der Zeit ist euch Vela vorzustellen. Sie spukt schon seit Beginn der Geschichte in meinem Kopf herum und nun wollte ich ihr endlich ihren wohlverdienten Anteil des Kapitels widmen. Ich hoffe es gefällt euch und würde mich sehr über Kommentare freuen.
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Gleich und gleich gesellt sich gern | Loki FF
FanficEs heißt ja bekanntermaßen "Gegensätze ziehen sich an". Dass das allerdings nicht immer der Fall sein muss, zeigt die Geschichte einer jungen Göttin, die mit ihren Vater an den asischen Königshof kommt. Alvara ist eine Asin und die Göttin der Jagd...