Ich kam zu spät. Aber nicht, weil wir zu spät losgefahren wären, sondern weil mir auf dem Weg zum Klassenraum Martins begegnet ist. Hades hatte mich erneut vor dem Schulgebäude raus gelassen und war weitergefahren. Ich hatte ihn beauftragt nach Jaswinda zu sehen.
Ohne große Eile, jedoch in einem schnelleren Tempo als üblich (schon komisch, was einem alles auffiel, wenn man sich ständig beobachtet fühlte), bin ich die geschwungene Treppe hinaufgegangen. Ich riss mich zusammen, nicht gleich zwei Stufen auf einmal zu nehmen. Ich erreichte gerade den oberen Absatz, als er um die Ecke bog, aus dem Gang, der links abzweigte. Er war nicht alleine. Neben ihm waren noch Viktor und mein Professor für Mathematik, dessen Name mir entfallen ist.„Madame Ryan, sie sind spät", hatte der Professor gesagt. "Ich sollte es gerade noch schaffen, Professor", hatte ich erwiedert und hatte ein leichtes hochziehen seiner buschigen Augenbrauen als Antwort bekommen.
„Madame?", hatte Viktor gefragt, als eine kurze Stille eingetreten war.
„Es heißt Miss", war Martins mir leise zuvor gekommen, sein Gesicht bleicher als sonst. Ich hatte es nicht vermieden, ihn anzusehen, sondern viel mehr entschieden, ihm wenig meiner Aufmerksamkeit zu schenken.Der plötzliche Hautton Wechsel waren weder Viktor, noch dem Professor entgangen, die abwechselnd Martins und dann mich angesehen hatten.
Ich hatte Martins daraufhin doch einen kurzen Blick geschenkt und versucht herauszufinden, was Hades noch mit ihm gemacht hatte, doch konnte äußerlich nichts erkennen. Was immer es gewesen ist, es konnte nicht angenehm gewesen sein. Ich hatte mich dem Mathematik Professor zugewandt und in einem sanften Ton gesagt, dass Madame völlig in Ordnung sei.„Êtes vous français?", hatte Viktor gefragt (erneut in eine einsetzende Stille hinein), die Augen weiterhin von Martins zu mir wandernd. „Oui", hatte ich lächelnd geantwortet und mich daran erinnert, dass Mathematik erst in der vierten Stunde war und Wirtschaft in genau diesem Moment anfangen sollte. Ich hatte mich entschuldigt und war mit einem „Viens-tu?", in Viktors Richtung gegangen. Martins stechenden Blick in meinem Rücken. Viktor direkt hinter mir.
Der Ausstausch war knapp und nichtssagend gewesen. Und dennoch hatte er mich, statt angenommenen Sekunden, einige Minuten gekostet. Wir kamen zu spät.
Viktor hatte eine Entschuldigung vom Mathematik Professor bekommen, da er sich auf eine Olympiade vorbereitete, was ich innerlich staunend zur Kenntnis nahm.Es herrschte oft die Annahme, dass die Schüler hier durch Bestechung ihre Examen gut abschnitten. Das mochte vielleicht auf ein oder zwei Ausnahmen zutreffen. Doch die Mehrheit war wirklich hoch intelligente. Und ehrgeizig. Und wurden bereits seid ihrer Kindheit mit einer Armada an Privatlehrern versorgt. Zweiteres war wohl ein Zündstoff fürs erstere, wobei letzteres zweiteres wohl erst hat entwickeln lassen. Dementsprechend waren die Mathematik Olympiaden hier auf hohem Niveau. Es ähnelte eher einer kleinen Schlacht über Tische hinweg, und die Teilnehmer waren Generäle, welche ihre Taktiken nicht nur in und auswendig wussten, sondern auch im Verlauf der Olympiade aus dem Nichts neu erschufen.
Ich hatte bei einer Olympiade zugeschaut, in der einer der Teilnehmer des Hells Team (das Institut, mit dem sich das The Heavens die Anlage teilte) ein neue Formel für irgendein Aero Problem kreiert hatte, welche jetzt allgemein in den Physikbüchern benutzt wurde. Gedankenverloren war an mir vorbeigegangen, dass ich keine Entschuldigung für meine Verspätung besaß und das The Heavens strickte Regeln innehatte.
„Miss Ryan, setzen sie sich bitte, oder wollen sie für uns dieses Problem lösen." Ich blinzelte. Und musste feststellen, dass Viktor sich bereits auf seinen Platz begeben hatte. Die Professorin war um ihr modernes Pult hervor gekommen und hatte sich mit verschränkten Armen vor mir aufgebaut. Ihr Haar fiel ihr offen, in einer honigblonden, welligen Flutwelle über die Schultern. Ihr schmalen Lippen waren zu einen harten Zug verzogen, der im starken Kontrast zu ihrem weichen Blick, aus kornblumenblauen Augen, stand. Sie sah wie eine Person aus, die ein Nein nicht gerne als Antwort akzeptierte. Auch wenn ihre Frage sarkastisch geklungen hatte, schüttelte ich mit einem Blick auf das Whiteboard sicherheitshalber den Kopf. Was auch immer das CAPM Model war, es erschien mir vollkommen fremd. „Nein, Ma'am", setzte ich noch hinzu, leicht verunsichert über ihre starre Haltung.
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Schachmatt - Das Endspiel (#4)
Romance"Ich bin deine Frau, deine Freundin und deine Geliebte, aber ich werde niemals deine Königin sein." "Wenn du nicht mein bist, wessen dann? Gabriels?" Ethan stieß das letzte Wort mit so viel Hass aus, dass der Raum sich augenblicklich kälter anfühl...