„Er ist bewusstlos", stellte ich fest. Und verlor gleich darauf den Halt meiner Beine. Sie gaben einfach unter mir nach. Hades, der sich eben noch, mit Gewitterverhangenem Ausdruck im Gesicht, über Martins gebeugt hatte, fing mich auf bevor ich auch nur in die Nähe des Bodens kam.
„Wie machst du das nur?", lachte ich leise und musste anschließend husten. Ich hatte mich an meinem Blut verschluckt, welches meinem Rachen hochgeschossen kam wie eine Wasserfontäne aus einem Brunnen. Das Brennen meines Ringes verwandelte sich in einem förmlichen Flächenbrand. Hades wurde lediglich zu einem verschwommener Fleck, als er mich vorsichtig auf die Chaiselongue absetzte.
Trotz des verwischten goldenen Flecks, welcher gerade sein Gesicht darstellte, konnte ich seine Sorge dennoch förmlich spüren. Sie umgab mich wie eine warme, leicht beunruhigend fest festgesteckte Decke. „Das wird schon wieder", sagte ich zu ihm und tätschelte ungeschickt seine Hand. Ich konnte sie kaum ausmachen. Hades stand abrupt auf und verschwand aus meinem Sichtfeld. "Ich kann nicht sagen, was er verwendet hat." Hades klang mehr als nur zornig. Da war ein von Wahnsinn durchtränkter Unterton in seiner Stimme, dass ich mich zwang zu sagen: "Du kannst ihn nicht umbringen."
Im letzten Moment erinnerte ich mich an das ganze Blut in meinem Rachen und teilte es ihm erneut per Key-Verbindung mit. „Das... hatte ich nicht vor, My Lady."
Die kurze Pause ließ mich an seinen Worten zweifeln und leicht auflachen. Was mir einen erneuten Hustenanfall bescherte. „Schließt dein Aufgabengebiet nicht lügen mit ein?", fragte ich, seine eigene, nicht verborgene Unschlüssigkeit mir gegenüber taktierend. Erst aus reinem Amüsement, aber vielleicht half es auch ihn abzulenken. Es half mir immerhin, mich kurzzeitig das Brennen zu vergessen, welches mir die Tränen in die Augen trieb.Als Hades schwieg, seufzte ich. Innerlich. Ich realisierte zwei Dinge. Erstens, ich sollte Martins aus Hades Reichweite bringen. Und zweitens, dass ich länger brauchen würde, um das Gift in meinem Körper abzubauen. „Du bist verstörend ruhig, dafür, dass du soeben vergiftet wurdest", erklang Hades Stimme plötzlich.
„Stimmt", erwiderte ich überrascht. Hades hatte recht. Ich war auffallend gelassen. Trotz des sehr realen Schmerzes und des sehr schmerzhaften Brennens.„Bring ihn nicht um", sagte ich, nachdem ich selbst keine Antwort aufbringen konnte, weshalb ich so gelassen war. Manche Dinge hatten keine Antwort. „Er ist noch von Nutzen."
Mein Kopf pochte. Hades war mein engster Verbündeter. Aber immer noch meine Königin. Als solche wollte ich darauf vertrauen, dass zumindest er rational blieb.
„Wenn du kein Zeichen setzt, dann wird es wieder passieren."
„Mia?"Eine kühle Hand legte sich auf meine Stirn. Das Gefühl verschwand im Bruchteil eines Atemzuges. Verschlungen von meinen wütenden Körpertemperaturen.
„Kümmere dich darum", war das letzte, was mein klarer Verstand zustande brachte, bevor mich eine plötzlich heftige Welle an Schmerz und eine seltsamen ziehen traf.Als ich die Augen das nächste Mal blinzelnd aufschlug, starte ich auf einen aufgeklebten Sternenhimmel. Das billige, blass grüne Licht der Fluoreszierenden Leuchtsterne erinnerte mich an mein Kinderzimmer, in Queens. Es war kein richtiges Kinderzimmer gewesen, Dad hatte es nach dem Tod seiner Frau für allerlei Zeug genutzt. Komischerweise hatte er, wenn er mich gesucht hatte, um für allerlei Zeig zu missbrauchen, nie in dem Schrank gefunden, der im ebenjenem Zimmer gestanden hatte. Der Schrank hatte ein loses Brett gehabt, hinter dem ich mich jedes Mal gekauert hatte. Im Laufe der Zeit hatte ich dem Brett die Fluoreszierenden Sterne aufgeklebt, die mir eine Nachbarin zum Geburtstag geschenkt hatte. Ich hatte sie ab und zu austauschen oder mit einer Taschenlampe aufladen müssen, bis sie eines Tages nur noch dunkel geblieben sind.

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Schachmatt - Das Endspiel (#4)
Roman d'amour"Ich bin deine Frau, deine Freundin und deine Geliebte, aber ich werde niemals deine Königin sein." "Wenn du nicht mein bist, wessen dann? Gabriels?" Ethan stieß das letzte Wort mit so viel Hass aus, dass der Raum sich augenblicklich kälter anfühl...