17

1.9K 119 18
                                        

Es überrascht mich nicht so sehr, wie es vielleicht sollte.
Trotz meines leichten Schocks Angesicht dieser Wendung, war meine Stimme ruhig, denn ich meinte, was ich Hades sagte. Dass die alte Dame überhaupt vollständige Sätzte zustande brachte, kam mir einem Wunder gleich.

Wenn sie Hades Liviu nennen wollte... mein Blick wurde durchdringen. „Liviu hat dich etwas gefragt", sagte ich in meine besten sanften, strikten Tonfall.

Es dauerte keine Sekunde, da schmolz Hades förmlich vor mir in sich zusammen. Zurückblieb jemand, der ihm zwar ähnlich sah, jedoch so anders war, dass es mir kalt den Rücken herunter lief.

Seine Haltung war gleich geblieben, doch jetzt steckten seine Hände locker in seinen Hosentaschen und um seine Lippen spielte ein emotionsloses Lächeln, dass man als charmant hätte bezeichnen können. Wenn da nicht der leichte, harte Zug an seinem rechten Mundwinkel gewesen wäre, in dem normalerweise sein seltenes Grübchen steckte.

„Alte Schachtel, es wird Zeit, dass du redest", hörte ich seine Stimme sagen und doch erschien er im Moment meilenweit entfernt. Jaswindas Großmutter schnaubte, doch mit Hades nächsten Worten, wich ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht.
„Wir wollen wissen, wo Monsieur das Mädchen versteckt hält."

„Woher...", krächzte sie, doch drehte sich noch während des Satzes zu mir. „Du hast deine Tochter verkauft, Chloè, du hast kein Anrecht mehr auf sie." Meine Augenlieder flatterten und wollten sich schließen. Ich bohrte meine Fingernägel in meine Handfläche, um sie offen zu halten und den emotionalen Schmerz nicht an die Oberfläche kommen zu lassen. Ich hatte erwartet, sie noch ein wenig bearbeiten zu müssen, um an diesen Teil der Geschichte zu kommen.

„Das Mädchen kann einem nur leid tun, wurde es doch von der eigenen Mutter als Tribunal dem Teufel überlassen" , hatte es in dem Tagebuch gestanden. Wobei das erst die Spitze des Eisberges gewesen war.

Ich wollte den Text sagen, den ich in den letzten vierundzwanzig Stunden rauf und runter gebetet hatte, um ihn flüssig forttragen zu können (ob ich ihn jetzt in meiner Perspektive oder Chloès äußerte, spielte keine Rolle). Doch mein Kiefer wollte sich nicht öffnen. Er mahlte, statt meiner Kehle erlauben zu wollen, Worte auszuspucken.

„Verkauft ist so ein böses Wort", sprang Hades ein. Du kannst das, erklang synchron seine Stimme in meinem Kopf.
„Ich habe es mir anders überlegt, ich war anfangs nicht bereit ihre Mutter zu spielen, du solltest wissen weshalb."

„Schwesterliebe", die alte Dame schnaubte, „Eifersucht hat dir noch nie gestanden Chloè, und selbst wenn das Mädchen nur deine Nichte ist, den Packt mit dem Teufel bist dennoch du eingegangen, in dem du sie verkauft hast." An Hades gewandt sagte sie weiter. „Verkauft ist verkauft, weiß Monsieur das du hier bist Liviu?"

Schneller als ich gucken konnte stand Hades plötzlich hinter der Dame, die Hände locker, aber bestimmt auf ihren Schultern ruhend. Er beugte sich zu ihr herunter und sagte laut genug, damit ich es noch hören konnte, aber leise genug um es wie eine intime Unterhaltung wirken zu lassen:„Was denkst du." Er drückte ihr einen sanften Kuss auf die Wange, wobei seine Augen meine nie losließen.

Ich zwang mich eine kalte Miene aufzusetzen.
Laut den wirren Schreiben in dem Tagebuch der alten Damen, mochten sich Liviu und Chloè nicht besonders. Wie auch...wenn beide sich den Platz der weißen Königin geteilt hatten. Es war ein andauernder Machtkampf gewesen. Einer, in dem ich meine beherschte, ausgeglichene und strenge... Mutter nie gesehen habe.

„Das Kind ist der Bastard meiner Schwester und Monsieur, nimmst du mir es also übel, nichts mit ihm zu tun haben zu wollen?", sagte ich, wobei ich meine Stimme bewusst sicher halten musste. Jede Silbe klang überdeutlich in meinem Ohr. Selbst für meine Verhältnisse, war das furchtbare Schauspielerei, doch die alte Dame überging es einfach und fuhr vort.

Schachmatt - Das Endspiel (#4)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt