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Der Klassenraum hatte sich nicht verändert und fühlte sich doch anders an. Obwohl dies nicht offiziell unser Klassenraum gewesen ist, hatte hier der meiste Teil meines Unterrichtes stattgefunden.

In meiner Erinnerung hatte mich dieser Raum immer eingeschüchtert. Ich konnte mich an keinen Tag erinnern, an dem ich ihn nicht zitternd und leise flehent betreten hätte. Die Angst, hat mich so fest im Griff gehabt, dass selbst ihre Erinnerung meine Knochen vibrieren ließ.

Ich ließ mich auf einen der vorderen Plätze nieder, weg vom Fenster, wo ich eine lecihte Zielscheibe wäre, und sah mich um. Der Blick von hinten war deutlich besser, denn man konnte den ganzen Raum überblicken. Doch die vorderen Plätze würden dafür sorgen, dass ich nicht nur auffiel, sondern auch einige Schülern so gegen mich aufbringen. Die Eifrigsten unter ihnen hatten sich jedes Mal die vorderen Reihen für sich reserviert und normalerweise wurden nur selten Plätze gewechselt. Eifrig hieß an diese Ort meist aus sehr gutem Hause, was meine Stellung unter den Haien nur festigen würde.
Wenn die Zeit an Ethan's Seite mich eines genau gelehrt hatte, dann, wie ich mich unter Haien behauptete. Und falls doch einer zu groß für mich wurde, würde dieser von meiner weißen Königin zerfetzt werden.

Ich legte meinen Kopf auf die Tischplatte ab, die rechte Wange gegen das kühle Material drückend und schloss die Augen.

Das Koffein ließ bereits nach und Müdigkeit verbreitet sich in mir wie eine Seuche. Ich musste ein Gähnen unterdrücken, während ich innerlich lächelte und mir einen Ruck gab. Gerade bevor die Tür erneut aufging, hatte ich mich erneut so weit, dass ich aufrecht saß und scheinbar zum Fenster sah.

Ich hatte einen Schüler erwartet. Doch als die Schritte des herein kommenden verklangen, und ich aus dem Augenwinkel jemand am Pult stehen sah, stellte ich fest, das die Person keineswegs ein Schüler war.

Der hochgewachsener Mann hatte volles, silbernes Haar und ähnelte mit seiner gebräunten Haut, den hell blauen Augen und dem geraden Knochenbau seines Gesichtes eher einem Schauspieler, als einem Direktor einer hoch renomierten Schule.

Doch genau das war er. Dr. Professor Martins war derjenige gewesen, der mich an meinem ersten Jahr hier empfangen hatte. Und er war derjenige gewesen, der mich nicht hatte empfangen wollen, nachdem bei mir eingebrochen worden war, man mich einmal an den Haaren aus dem Klassenraum gezerrt hatte, und nachdem George wiederholt versucht hatte nach meinem Busen zu grapschen.

An dieser Stelle hätte ich nicht einmal erwartet, dass er sich überhaupt an meinen Namen erinnerte. "Ms Ryan", erklang seine kratzige Stimme, welche nicht wirklich zu seinem Äußeren passte.

"Professor Martins", erwiderte ich, nur wenig überracht, ihn hier vorzufinden. Dieser Mann würde keine Institution voller Haie und baby Haie leiten, wenn er nicht genau wusste, was, wie, wer und wo gerade in ihr geschah. Zusätzlich musste Captain Lincol ihm einen ausführlichen Bericht erstattet haben, nachdem ich ihn gestern entlassen hatte. Ich hatte mit einem Treffen gerechnet. Ledichlich der Ort und die Tageszeit unseres Zusammentreffens kam unerwartet.

"Sie sind zurück", seine Professionalität ließ es nicht zu, dass auch nur eine Andeutung von Überraschung zu hören war. „Ich hatte sie nicht mehr erwartet, nachdem sie ohne eine Ankündigung gegangen sind." In seiner Stimme lag keine Anklage, lediglich das Selbstbewusstsein eines Menschen, der sich bis hier hin gearbeitet hat.

"Das war ein Versäumnis", gestand ich ehrlich. Mir viel es leichter mit Menschen zu reden, wenn ich nahe an der Wahrheit mit meinen Gefühlen und meinen Worten lag. Auch wenn Professor Martins einer der letzten gewesen ist, an die gedacht hatte. "Familienumstände haben mich dazu gezwungen."

Der Blick des Professors zuckten kurz über meine Gestalt. Er schien nach etwas zu suchen.  Meine Hände, und daran der Ring, lagen jedoch ordentlich gefaltet auf meinem Schoß, unter dem Tisch, der von vorne geschlossen war. Ihm fiel es wohl ebenfalls in dieser Sekunde auf und seine Augen sahen erneut mich an.

Schachmatt - Das Endspiel (#4)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt