<< sechs >>

2.9K 163 5
                                    

Ein wenig traurig schloss ich dann die Wohnungstür hinter mir. Taddl war ja echt ein netter Kerl, aber im Moment ging nun mal dieses Kind vor. Egal was kommt, egal welcher Kerl kommt, ich werde all meine Liebe nur noch meinem Baby widmen. Immer noch wirkten diese Worte für mich unfassbar. Ich bekomme ein Kind. Ein kleines zartes Wesen, gerade mal so groß wie ein Kuscheltier, aber voller Leben. Kopfschüttelnd versuchte ich mich wieder zu fassen. Jetzt wurde ich auch schon poetisch. Dafür würde im Laufe der Zeit bestimmt noch genug Zeit bleiben.

Aber wohin nun? Wenn ich doch schon in seinem Haus war, wieso ging ich dann nicht einfach zu Felix und erzähle ihm von dem Kind? Doch vielleicht war es noch ein wenig zu früh für mich, denn wenn ich jetzt schon zu ihm angekrochen käme, würde das ganze inszeniert wirken. Er würde mir nicht glauben und denken ich will nur an sein Geld oder so. Aber obwohl, in dem Alter verdient man meistens noch nicht wirklich viel. Wahrscheinlich studiert er sogar noch! Wie sollte das ganze dann bloß klappen?

Seufzend lief ich die Treppen hinunter und versuchte meinen Kopf von all diesen Gedanken frei zu bekommen. In den nächsten Monaten hätte ich noch genug Zeit mich darauf vorzubereiten. Ich öffnete die Haustür und trat an die freie Luft. Nach mehreren Wochen voller grauer Tage, zeigte sich heute nach langem auch mal wieder die Sonne. Das letzte Mal hatte sie vor drei Wochen geschienen. Ich schluckte und versuchte endlich mit meinen Gedanken von dem ganzen wegzukommen und machte mich auf den Weg zur Straßenbahn. Diesmal hatte ich sogar an Geld gedacht.

Nur nicht an mein Handy. Wahrscheinlich waren Marie und Louise gerade am verzweifeln, denn ich kannte sie nur zu gut. Marie würde mit irgendwelchen Geschichten von Vergewaltigern oder Mördern kommen und Louise würde vor Panik fast in Ohnmacht fallen. Ein mulmiges Gefühl bildete sich in meinem Magen und ich versuchte mich nach dem Aussteigen zu beeilen zur WG zu kommen.

Es war schon 13 Uhr am Sonntag-Morgen und normalerweise waren meine Mitbewohnerinnen schon längst auf den Beinen. Ein wenig zu hektisch schloss ich dann die Tür auf, wobei mit der Schlüssel dabei zweimal herunter fiel, da ich schon total nervös wurde. Das letzte Mal, als ich ohne ein Wort verschwunden war, hat das ganze mit einem Streit geendet und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Ich schaffte es nun endlich die Tür aufzubekommen und stürmte in die Wohnung hinein.

Doch anstatt, dass Louise oder Marie auf mich zustürmte, herrschte eine seltsame Stille in der Wohnung. Verwirrt runzelte ich die Stirn und schlich vorsichtig durch den Flur. Irgendetwas war hier mächtig faul. Ich lugte in die Küche hinein und fand dort lediglich einen Zettel auf dem Tisch.

Morgen Schatz!
Wir haben beschlossen doch nach dem was alles passiert ist, schlafen zu lassen. Falls du dich fragst, wo wir abgeblieben sind, naja sagen wir mal so, heute ist verkaufsoffener Sonntag und das mussten wir doch ausnutzen! Keine Sorge aber, wir bringen dir ein paar Klamotten mit. So fies sind wir dann ja auch nicht.
Sei nicht böse:*

Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf und legte den Zettel zurück. Gott sei Dank hatten sie nichts gemerkt. Aber ein wenig traurig war ich schon. Ich wär echt gerne mit shoppen gegangen. Seufzend ließ ich mich auf einen Stuhl fallen in überlegte, was ich nun machen könnte. Aus irgend einem Grund, bekam ich gerade ein großes Verlangen nach sauren Gurken mit Erdnussbutter. Oh man, wenn ich nicht schwanger war. Dennoch wollte ich mein Verlangen nicht außer Acht lassen und durchsuchte die Küchenschränke nach den beiden Sachen. Doch so gern mich das Schicksal im Moment hatte, war es mal wieder Zeit fürs einkaufen. Schon fast hätte ich die Hoffnung schon aufgegeben, als mir einfiel, dass es hier in der Nähe doch einen Rewe gab, der auch sonntags geöffnet hatte! Meine Rettung!

Also machte ich mich sofort mit ein wenig Geld, diesmal auch meinem Handy und den Schlüsseln auf den weg dorthin. Der Supermarkt war nicht allzu weit entfernt und ich leckte mit gierig über die Lippen, als ich ihn endlich entdeckte. Es war schon ein seltsames Gefühl, lediglich diese beiden Sachen zu kaufen und damit nur Blicke auf den Bauch zu erhaschen. Aber ich glaube daran werde ich mich schon bald gewöhnen müssen. Auch wenn ich mir selber mit so einem typischen Schwangeren-Fraß, wie ein Idiot vorkam. Seufzend legte ich die Dinge auf das Fließband und hoffte einfach darauf, so schnell wie möglich endlich wieder in der WG zu sein. Gerade als ich an die Reihe kam, warf ich zum ersten Mal einen Blick auf den Kassierer, welcher mir zu meinem Pech auch noch sehr bekannt vor kam.

"Oh hi, Pascal" Ich lächelte ihm schüchtern zu und verfluchte mich innerlich dafür hier hin gegangen zu sein. "Ach hey Melly! Lange nicht gesehen. Wie gehts dir?" Auf seinen Lippen bildete sich ein überfreundliches Grinsen, welches mir einen kalten Schauer über meine Haut fahren ließ. "Ähh, ja ganz gut", sagte ich ein wenig bedrückt und versuchte nicht genervt zu klingen. Er nickte und ließ meine Sachen über dieses Piepsdings laufen. Dabei musterte er sie ein wenig stirnrunzelnd. "Willst du das beides zusammen essen?" Ich schluckte und riss die Augen auf. "Ähh", sagte ich doch wurde gleich wieder von ihm unterbrochen. "Meine Freundin hat nämlich im Moment auch so einen Trip, liegt an ihrer Schwangerschaft. Bist du etwa auch ...schwanger?"

Ich wollte mir auf gar keinen Fall irgend etwas anmerken lassen und woher er dieses unfassbare Wissen über Schwangerschaften hatte, war mir auch ein Rätsel. Obwohl wahrscheinlich plante er schon länger eine Schwangerschaft mit seiner Freundin. "Nein, ich kaufe nur noch Sachen für mich und meine Mitbewohnerinnen ein!" Seufzend gab ich ihm das Geld und versuchte ihn dabei nicht mehr anzusehen.

"Ohh, das habe ich nicht gewusst, tut mir leid. Ich denke im Moment halt nur an nichts anderes als Babys. Meine Freundin und ich versuchen es halt ganz schön lange" Ich nickte und hoffte einfach darauf, dass er sich jetzt endlich mal beeilen würde, da schon die alte Frau hinter mir genervt guckte. Als er mir dann auch das Rückgeld gab, war ich schon mit einem kurzen 'Ciao' um die nächste Ecke verschwunden.

Wie man gemeinsam überlebt (Dner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt