Schuss 13

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Ich gehe hoch in Nobby's Büro und lasse mich auf seine Couch fallen. Dieser Raum ist weniger stickig und ich fühle mich dreimal wohler, als bei meinem Chef. "Was ist dir denn passiert?", schaut er mich grinsend an. Ich seufze und mache ihm verständlich, dass ich jetzt keine Späße vertrage. Nobby und ich sind in den letzten Monaten ein starkes Team geworden und am liebsten arbeite ich definitiv mit ihm. "Ich habe gerade eine Abmahnung bekommen und einen fiesen Kniekehlenkick noch dazu.", gestresst massiere ich meine Stirn. Ich erzähle Nobby was passiert ist und er schaut mich überfordert an. "So kenne ich unseren Personalleiter gar nicht. Ich würde das nicht glauben, wenn ich nicht wüsste, dass es von dir kommt.", er überlegt lange still. Sagen tut er dann nichts mehr. Nobby muss aber auch nichts mehr sagen. Es hat mir schon gut getan, dass ich es los geworden bin. Julian wird sich nachher genug darüber aufregen. Ich öffne die Glastür zu meinem Büro und setze mich auf den Stuhl. Dann widme ich mich meiner Arbeit. Leider denke ich immer wieder über seine Worte nach. Wieder und wieder verletzten mich Menschen, die dazu kein Recht haben. Die mich einen Witz interessieren sollten. Diese Fehlgeburten haben mich mehr aus dem Leben gerissen, als ich glauben würde. Die Tatsache, das ich zwei Babys, unsere Zwillinge, verloren habe, akzeptiere ich langsam. Frankreich hat dazu sehr beigetragen, aber die Depression, die die Fehlgeburten ausgelöst haben, setzen mich mehr unter Druck als mir lieb ist. Ich war doch so glücklich und frei. Warum müssen andere Menschen einem so eine schlechte Laune machen?

Ich mache um 16 Uhr meinen Laptop aus und gehe aus dem Gebäude. Nobby ist schon vor einer Stunde gefahren. Morgen ist Samstag und der BVB spielt gegen Leverkusen. Es ist ein Heimspiel und ich werde mit Nobby wieder in unserer Kabine sitzen. Das lässt mich etwas munterer werden. Juli kommt 10 Minuten später zu mir und begrüßt mich mit einem Kuss. Er scheint eine weniger schlimme Mahnung bekommen zu haben. "Ich muss ein paar tausend Euro bezahlen. Aki hatte Verständnis für unseren Ausflug. Sollten wir das aber nochmal machen wollen, dann sollten wir Bescheid geben.", liest er scheinbar meine Gedanken. Ich unterdrücke ein schnauben. "Aber die paar Tausend tun einem Julian Brandt ja nicht weh!", sage ich schnippisch. Wieder habe ich nicht einmal einen Grund dafür. Meine Beine tragen mich ganz alleine zu unserem Auto und ich lasse Julian verdutzt stehen.

Im Auto herrscht eine bedrückende Stimmung. Selbst als Julian fragt, was wir zum Abendbrot mitnehmen wollen, antworte ich nicht. Er fährt zum Chinesen und geht alleine rein. Alleine im Auto breche ich kurz in Tränen aus. Ich fange mich allerdings schnell wieder. Zuhause auf dem Sofa, schaltet Juli eine Serie an und wir essen still. Danach geht es mir besser und ich fühle mich wieder wohl und zuhause. Als Juli auch aufgegessen hat, rücke ich zu ihm. Er schaut mich bedrückt an und legt ganz vorsichtig, als würde ich ihn beißen wollen, einen Arm um mich. "Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so angehen. Ich habe eine Abmahnung bekommen und einen Stempel, dass ich mich das nur traue, weil ich deine Frau bin. Das hat mich heute etwas aus der Bahn geworfen. Ich möchte meinen Job nicht verlieren. Damit würde ich auch meine Unabhängigkeit verlieren und das will ich nicht. Das weißt du. Tut mir leid. Ich war etwas sauer, weil du so "leicht" davon gekommen bist und dann auch noch so getan hast, als wäre es dir egal, dass du das Geld zahlen musst. Ich war sauer auf dich, obwohl Frankreich eigentlich meine Idee war. Tut mir leid.", meinen Kopf lege ich traurig auf seine Brust und Julian streichelt sanft meine Nackenhaare. "Ist schon in Ordnung! Du brauchst dich nicht entschuldigen!... Wer hat dich abgestempelt?", sein Ton wird von einem Moment auf den anderen böse. "Ist doch egal! Ich denke, er meinte es nicht so.", nuschele ich. Flehend schaue ich ihn an. "Kora! Sag mir, wer hat dir so weh getan?", Julian wird aufbrausender. Das wollte ich doch gar nicht. "Der Personalleiter...", schaue ich auf meine Hände. "Das ist nicht zu fassen!", wird er plötzlich laut und ich nehme sein Gesicht in meine Hände. "Juli, bitte. Ich möchte, dass du nichts machst. Mir ging es heute morgen super gut und als ich zurück im Alltag war, sofort schlechter. Ich möchte, dass du jetzt einfach bei mir bist. Bitte hole mich aus meinem Loch heraus. Ich will nicht mehr weinen und schwach sein. Ich will wieder ICH sein!", mir laufen wieder die Tränen über die Wangen und Julian's Gesichtszüge werden sofort weicher. Er drückt mich an sich und nickt. "In Ordnung! Ich mache nichts!", sanft beruhigt er mich und fängt dann liebevoll an mich zu küssen. Sofort vergesse ich den Schmerz und meine Gedanken. Er verwöhnt mich und katapultiert mich in andere Welten. Ich liebe Julian so sehr, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann.

Am nächsten Morgen liege ich flach im Bett. Ich habe mir eine Erkältung geholt und habe üble Gliederschmerzen. Julian versucht alles mich im Bett zu behalten, aber ich weigere mich. Lieber quäle ich mich zu Nobby und arbeite, anstatt alleine depressiv im Bett zu liegen. Außerdem will ich meinem Chef keine Angriffsfläche bieten. Julian willigt dann ein und fährt mich ins Stadion. Danach widmet er sich seiner Aufgabe als Fußballer und Nobby kümmert sich um mich. Er ist so lieb, dass ich beinahe schmelze. Dick eingepackt und mit dem bereits dritten Tee sitze ich nun neben Nobby an meinem Laptop. In 10 Minuten beginnt das Spiel. Julian steht tatsächlich in der Startelf und unser Ausflug hat seiner Leistung nicht wehgetan. Da viele Verletzungen diese Saison prägen, bekommt er wieder seine Chance und er nutzt sie. Julian wird wieder fiter und besser als je zuvor. Auch deshalb steht er wohl wieder regelmäßig in der Startelf.

Nobby macht einige Durchsagen und ich unterdrücke mein Husten. Dabei muss ich auch ein Lachen unterdrücken, was mein Husten nicht fördert. Das bringt mich nur noch mehr zum Kichern. Nobby unterbricht dann seine Durchsage kurz und schaut mich fragend belustigt an. Ich huste sofort laut und kichere dann. "Ok, du kannst weiter machen.", wir grinsen uns an. Ich bin so glücklich, dass Nobby und ich uns so gut verstehen. Schade, dass ich nicht nur mit ihm zusammen arbeite.

Foul! - Julian Brandt Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt