Schuss 24

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7 Monate später

"Marco, nun hau das Ding doch endlich rein.", jammert Nobby neben mir. Ich muss schmunzeln und schaue auf den Spielstand in München. Der BVB ist einen Punkt von der Meisterschaft entfernt. Wolfsburg müsste ein unentschieden in München holen und der BVB gegen Hertha siegen, damit wir die Schale in den Pott holen. Diese Saison war aber auch ohne Schale meisterlich. Wir haben den DFB-Pokal geholt, den zweiten Platz in der Championsleague und drei interne Vereinsrekorde geknackt. Die Krönung wäre natürlich die Schale, aber auch so war die Saison sehr erfolgreich. Auch Juli hat seine Form zurück und stand zum Ende der Saison immer in der Startelf. Laut dem aktuellen Stand ist Bayern Meister. Wolfsburg müsste noch ein Tor erzielen. Aber auch der BVB müsste noch ein Tor schießen, um zu führen und die Meisterschaft zu holen. Optimistisch schreit Nobby ins Mikrophon. Ich finde es immer hoch interessant, wie Nobby für diesen Verein lebt. Ich persönlich stelle fest, dass meine Bayern Liebe immer mehr abebbt und mein Herz immer mehr schwarz-gelb schlägt. Zuhause wird schließlich auch nur noch in den Vereinsfarben zelebriert. Juli fühlt sich einfach wohl hier und möchte nicht mehr wechseln. Wenn alles so weiter läuft, dann möchte er sogar seine Karriere hier beenden. Auch ich fühle mich hier zuhause und möchte ungern in eine andere Stadt oder sogar in ein anderes Land ziehen.

Nobby jubelt laut und freut sich über das Wolfsburger Tor. Nun steht es unentschieden in Bayern. Die Schale ist zum greifen nahe. Noch 10 Minuten muss Wolfsburg durchhalten. Noch 10 Minuten für uns um ein Tor zu schießen. "Kommt schon Jungs, Wolfsburg hat ein Tor geschossen. Macht noch eine Bude.", feuert Nobby die Mannschaft sogar lautstark über das Stadionmirko an. Im Stadion wird es von einem auf den anderen Moment extrem laut. Ein neuer Energiekick zieht durch das ganze Stadion und auch die Mannschaft bekommt neuen Mut. Ich drücke fest die Daumen und halte die Luft an.

Meunier teckelt den Ball und schiebt ihn zu Juli durch, der passt perfekt auf Erling Haaland und er befördert den Ball gegen den Pfosten. Doch Haaland fängt ihn mit der Brust und befördert den Ball mit dem Kopf ins Tor. Ich springe auf. "Jaaa, Jaaa, Jaaa, Tooooooooooorrrr!", bekommt Nobby fast Schnappatmung. Ich grinse und wir fallen uns in die Arme. "Toooooooorrr für Borussia Dortmund! Torschütze mit der Nummer 9, Ööööörling..." "Haaland..." "Ööööörling..." "Haaland..." "Ööööörling..." "Haaaland...", brüllen die Fans durch das Stadion. Nobby drückt nochmal den Knopf für das Mirko. "Ich rieche die Schale schon. Durchhalten Jungs! Holt uns die Meisterschaft!", ich klatsche mit Nobby ab und grinse breit. Wir holen das Ding.

Pünktlich nach 90 Minuten pfeift der Schiri ab. "Zwei Minuten Nachspielzeit in München.", sagt Nobby nervös ins Mikro. Ein Raunen geht durchs Stadion. Die Mannschaft aus Berlin geht vom Platz und unser BVB stellt sich in einen Kreis und bangt. Immer noch atme ich keine Luft mehr. Es ist praktisch mucksmäuschen still um Stadion. Die Meisterschaft ist zum greifen nahe. 3...2...1... Die Nachspielzeit ist rum. Pfeif doch endlich ab, schreie ich fast. Dann nimmt der Schiri die Pfeife in den Mund und der Monitor zeigt uns, wie das Spiel vorbei geht. "Borussia Dortmund ist Deutscher Meister.", schreit Nobby ins Stadion und es wird ohrenbetäubend laut. "Jaaaaaaa!", feiern wir kurz und laufen dann runter.

Auf der Grünfläche ist es noch lauter und ich schaue über die Ränge. Die Jungs springen wie wild geworden über den Rasen und umarmen sich immer wieder. Ausgelassen, lassen sie sich feiern und rutschen voller Adrenalin über den Rasen. Die Frauen, mit den Kindern laufen auf den Rasen und beglückwünschen ihre Männer. Ich gehe alleine hinterher.

Sanft schließt mich Julian in die Arme. Lange küsst er mich. Er ist der einzige, der sich verhalten freut. Zu tief sitzt der Schmerz, der letzten Monate. Kjell Norbert Brandt ist noch im Krankenhaus gestorben. Er hat es nicht geschafft. Nach einem kampfvollen Monat hat er aufgegeben und ist mit einem breiten Lächeln eingeschlafen. Kjell hat nicht an Gewicht zu genommen. Deshalb wurde er nicht kräftiger und verlor stattdessen immer mehr Kraft. Die ersten zwei Monate danach waren die schlimmsten in unserem ganzen Leben. Das eigene Kind, welches dich bereits angelächelt hat, langsam sterben zu sehen, weil es nicht kräftig genug wird, ist das schlimmste was mir je passiert ist. Vor allem wenn du hilflos daneben stehst und nichts tun kannst. Auch 7 Monate danach sind wir noch ziemlich kraftlos, aber konzentrieren uns auf die Zukunft und arbeiten so hart wie nie zuvor. Das ist unser Ausweg, aus dem Schmerz. Unseren Kinderwunsch haben wir weit nach hinten verschoben. Vielleicht passt es einfach gerade nicht. Vielleicht ist gerade einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Das wir so schmerzhaft darauf aufmerksam gemacht werden, ist echt unfair. Das man noch tiefer fallen kann, obwohl man dachte, man ist schon am Ende, macht einem bewusst, wie schwer das Leben manchmal ist und wie schwer es einem auch manchmal gemacht wird.

Mein Mann nimmt meine Hand und schaut mit Tränen in den Augen Richtung Himmel und schluchzt kurz auf, als der erste Regentropfen auf sein Gesicht fällt. Gleichzeitig strahlt die Sonne in Julian's Gesicht. Ich schlucke fest um meine Tränen auf zu halten, aber es funktioniert nicht. "Siehst du, er ist immer bei uns! Er beobachtet uns gerade und freut sich mit uns.", sage ich laut neben seinem Ohr, damit er mich versteht. Julian schaut mich schmerzverzehrt an und sieht dabei aus, wie ein kleiner Junge der hilfslos mit seinen Gefühlen ist. Ich schluchze und lächle ihn gleichzeitig stark an. Julian vergräbt sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Sein schlaffer und kraftloser Körper fällt in meine Arme und ich küsse immer wieder seine Halsbeuge und umschlinge ihn so fest ich kann. Noch immer jubeln alle um uns herum und wir stehen mittendrin. Es erscheint fast so, als wären wir in unserer eigenen kleinen Welt. Und in dieser Welt werden wir immer zusammen kämpfen und für einer dasein. Irgendwann wird es auch mit einem oder vielleicht auch zwei kleinen Kindern klappen, wenn wir bereit dazu sind. Eine Sache steht jedenfalls fest. Wir machen es zusammen. Für immer!

Hier endet die Geschichte von Kora und Julian. Auch ich kann nicht genau sagen, warum ich das Ende nun so ausgehen lassen habe. Es hat sich einfach richtiger angefühlt. Schlussendlich war das ganze Buch ziemlich emotional und hat mir sehr viel bedeutet, vielleicht habe ich deshalb das schlechte Ende gewählt, wobei ich finde, das Ende ist gar nicht so schlecht. Es passt einfach. Ich hoffe sehr das ich euch mitreißen konnte und vielleicht auch neuen Mut gebracht habe, nicht aufzugeben. Jeder hat die Chance auf Kinder. Der eine hat schnelle Erfolge, der andere weniger schnelle Erfolge. Am Ende kommt aber jeder ans Ziel. Gebt nicht auf!!!

Ich bedanke mich ganz ganz fest bei euch allen! Der letzte Teil, dieser Trilogie, bedeutet mir am meisten und hat mir auch am meisten Spaß gemacht, zu schreiben. Vielen, Vielen Dank bei eurer Unterstützung, denn die Votes und Rankings haben mir deutlich gezeigt, dass auch ihr am meisten Freude an diesem Buch hattet. Niemals hätte ich mit so vielen treuen Lesern gerechnet. Die vielen Reads sind einfach unfassbar für mich. Danke!

Vielleicht sehen wir uns bald wieder! Macht's gut!

Foul! - Julian Brandt Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt