Schuss 21

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Ich habe Juli überredet, dass wir unsere Geschichte teilen. Allerdings lade ich ein Bild mit Text hoch und Julian repostet es dann. Ich nehme ein Bild, welches Julian vor ein paar Tagen gemacht hat, um mir zu zeigen, dass ich stolz auf meine Kugel sein kann. Leider hat sein Versuch komplett die Wirkung verfehlt und ich habe nur noch mehr geheult. Mein Gesicht ist nicht zusehen, weil ich total zerknatscht war. Ich halte das Ultraschallbild vor meinen Bauch und sitze im Schneidersitz auf dem Bett. Es ist einfach und schlicht, aber verfehlt für meine Aktion nicht die Wirkung.

'Kleines Glück, Große Freude! Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich fange am besten vorne an. Vor ein paar Monaten habe ich zwei kleine Babys verloren. Unsere Zwillinge! Erst eins, dann noch eins. Das musste ich akzeptieren. Viele Wochen habe ich gebraucht um überhaupt wieder aus dem Bett zu kommen. Nicht einmal mein eigener Mann konnte mir aus meinen Depressionen helfen. Ja, Depressionen!  Ein kleiner Ausflug in die Freiheit, half mir schlussendlich aus meinem elendigen Kreislauf der Schmerzen und dem Frust. Ich brauchte Unbeschwertheit. Langsam fing ich wieder anzuleben und wieder fröhlich zu werden und dann kamst du! Noch 4 Monate. Dann kann ich dich in meinen Armen halten und dir danken, dass du bei uns bleiben wolltest. Deine Mama und dein Papa können es kaum abwarten! Wir lieben dich, kleiner Wurm!💖'

Ich wische mir über meine Augenwinkel und poste es mutig. Julian repostet alles und umarmt mich dann fest. "Ich bin so stolz auf dich! Ich liebe dich so!", küsst er mich immer wieder. Sanft streichelt er meine Haut. Nur langsam lösen wir uns dann voneinander und ich gehe verhalten zu meinem Schrank. Ich weiß, dass mir nichts mehr passt. Julian öffnet seinen und zieht sich fix an. Ich bleibe erfolglos. Fast erschrecke ich mich zur Tode, als Juli hinter mir steht. Er legt mir eine Hose an und geht dann in die Hocke und will das ich in die Hosenbeine steige. "Ist das etwa eine Hose von dir?", frage ich perplex. "Ja, nun probier' schon. Ich habe eine Idee.", lacht er. Ich seufze und steige in die Hose. Er zieht sie hoch und knöpft sie zu. "Festhalten!", grinst Juli. Ich halte sie auf meiner Hüfte, weil sie sonst wieder rutschen würde. Julian holt einen Gürtel und befestigt alles. Ich betrachte mich skeptisch im Spiegel. Er holt ein weißes Hemd aus seinem Schrank und zieht es mir ebenfalls an, weil ich irgendwie gerade nicht in der Lage bin alleine zuhandeln, weil ich etwas fragend bin. Er knöpft es halb zu und bindet den unteren Teil zu einem Knoten. Dann krempelt er die Ärmel hoch und schiebt sie bis über meine Ellenbogen. Am Ende faltet er noch die Hosenbeine hoch, damit ich nicht stolpere. Julian schaut sich sein Ergebnis stolz an und verschränkt die Arme. "Ich sollte Modedesigner werden!", lacht er.

Ich blicke in den Spiegel und bin etwas verwirrt. "Julian? Warum passt mir die Jeans so gut?", ich muss lachen. Er grinst mich an. " Die ist aus meiner Jugendzeit. Deshalb ist die schon hundertfach gewaschen und eingelaufen.", er zupft noch etwas an mir rum und kichert immer wieder kurz. "Was meinst du wunderschöne Frau? Magst du mit deinem unmodischen Mann essen gehen?", er kichert wieder. Ich schaue mich nochmal im Spiegel an und nicke dann lachend. Julian springt übertrieben freudig in die Luft und jubelt. Ich drehe mich zu ihm und gebe ihm einen Kuss. "Danke Maus! Ich liebe dich!", flüstere ich. Juli lächelt. "Wollen wir?", will er meine Hand nehmen. Ich laufe ins Bad und mache mir noch meine Haare und nicke dann. "Jetzt können wir."

Wir fahren in die Innenstadt und Juli behandelt mich wie seine Prinzessin. Den ganzen Abend über. Keine Minute fühle ich mich unwohl, ungeliebt oder hässlich. Ich liebe ihn dafür so sehr, dass ich fast heulen muss, weil das Gefühl so intensiv ist. Der nächste Tag ist Samstag und Spieltag. Juli fährt mich zum Stadion und macht sich dann auf den Weg zur Mannschaft. So sehr Julian auch versucht hat mich heute morgen aufzubauen, bin ich in meinem Jogginganzug geblieben. Ich fühle mich einfach wohler so. Außerdem ist es gemütlicher. Nobby kennt mich außerdem nicht mehr anders. Als ich in unsere Kabine komme, riecht es schon nach chinesischem Essen und ich halte mir den Mund zu. Oh oh. Ich blicke mich hastig um und übergebe mich in den nächsten Mülleimer. Nobby schaut mich erschrocken an und ich fuchele mit den Händen. Natürlich versteht er nicht, was ich meine. Als mein Magen einen kurzen Moment pausiert, springe ich auf und laufe aufs Klo. Nobby steht wenig später hinter mir. Hier geht es mir schon viel besser. Ich muss etwas grinsen, wobei ich auch extrem erschöpft bin. "Was ist denn plötzlich los?", schaut Nobby immer noch überfordert. "Ich kann seit der Schwangerschaft kein Chinesisches Essen mehr riechen.", ich kichere und lege mein Hände auf meinen Bauch. "Oh nein. Sorry. Das wusste ich nicht!", Nobby fühlt sich schuldig. "Du brauchst dich doch nicht entschuldigen. Alles gut. Natürlich wusstest du es nicht. Ich habe es dir schließlich nicht gesagt. Kannst du es bitte nur entsorgen oder wem anderes schenken und kurz lüften, dann komme ich zu dir.", murmle ich etwas schuldig. "Natürlich. Mache ich sofort."

Als ich zurück in unsere Kabine komme, riecht es nach Blumen. Ich setze mich an meinen Schreibtisch und bereite alles vor. Nobby bespricht etwas mit mir und als ich erneut Essen in der Nase habe, drehe ich mich zur Tür um. Ein Mitarbeiter steht mit Pizza Kartons in der Tür und ich schaue dankbar zu Nobby. Er ist echt ein Schatz. Lieb schaut er mich auch an und nimmt die Pizza entgegen. Gemeinsam stimmen wir uns aufs Spiel ein und ich beobachte die Fans auf den Tribünen, die immer mehr die Plätze füllen. Als wir fertig sind spricht Nobby das erstemal ins Stadionmikro. Ich widme mich wieder meiner Arbeit und wickle mich in eine Decke ein. Das Spiel läuft nicht gut und der Gegner geht mit einer 2 zu 0 Führung in die Pause. Dementsprechend unmotiviert sitzen wir zusammen in der Halbzeitpause in unseren Stühlen. Ich esse eine Schokoladentafel auf und shoppe nebenbei nach Möbeln, für das Kinderzimmer. Langsam nimmt das nämlich Gestalt an und es fehlen nur noch Kleinigkeiten.

Foul! - Julian Brandt Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt