Schuss 14

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Das Spiel gewinnt der BVB und steigt damit auf den ersten Platz in der Tabelle. Diese Saison läuft richtig gut. Die Jungs sind alle top fit, auch wenn viele der guten Jungs verletzt sind. Aber diese Saison ist ausnahmslos jeder gut und eigentlich kann man sich nicht entscheiden, wer aufs Feld soll. Ich sehe schon die Schale in unseren Händen. Ich verabschiede mich dann von Nobby und gehe langsam runter. Ich zittere am ganzen Körper und mir tut jetzt noch mehr alles weh, als heute morgen schon. Julian verfrachtet mich zuhause sofort ins Bett und pflegt mich das Wochenende über. Am Montag und auch am Dienstag bleibe ich dann doch daheim und gehe erst am Mittwoch wieder zur Arbeit. Mein Chef war nicht erfreut, als ich ihm meine Krankschreibung gegeben habe. Ich arbeite mit meinem Social Media Team fleißig an einem neuen Projekt vom BVB und gehe die restliche Woche wieder erfüllter nachhause.

Am Montag fliegen die Jungs in die Türkei, für ein Championsleague Spiel. Ich bleibe in Dortmund und widme mich der Social Media Arbeit, bei den Verletzten Borussen. In der Nacht vom Montag zum Dienstag muss ich mich übergeben und ich fluche mir die Seele aus dem Leib. Wo habe ich mir diesen blöden Infekt jetzt hergeholt? Am Mittwoch geht es mir besser und ich freue mich auf heute Nachmittag, wenn Juli nachhause kommt. Ich gehe gut gelaunt ins Büro meines Chefs und überreiche ihm die nächste Krankschreibung. Er reibt wild seinen Kiefer aneinander und ich weiß, dass ich jetzt eine Standpauke abbekomme. Ich setze mich schonmal demonstrativ hin und lehne meinen Kopf an meine Hand.

"Frau Brandt? Meinen sie ich bin dumm?", fragt er mich mit hoch rotem Kopf. Am liebsten hätte ich mit JA geantwortet, aber ich unterdrücke es. "Nein, weshalb sollte ich es denn denken?", frage ich stattdessen, was auch nicht so gut ankommt. "Unterstehen sie sich, jetzt auch noch Witze zu machen. Es ist doch offensichtlich, dass sie keine Lust auf diesen Job haben. Ihr Mann ist stinkend reich und sie gehen dennoch arbeiten. Das habe ich sowieso nie verstanden. Sie sind mindestens einmal die Woche krank und denken sich nichts schlimmes dabei. Das ist einfach unglaublich. Es gibt genug andere qualifizierte, ausgebildete Menschen, die ihre Stelle gut besetzen können.", er spielt deutlich darauf an, dass ich diesen Job ohne eine Ausbildung bekommen habe. Wahrscheinlich denkt er sich jetzt: Diesen Job hat sie nur durch ihren Mann bekommen! Ich meine, im Prinzip stimmt das auch ein bisschen. Aber ich habe mich nicht freiwillig in den Social Media Bereich versetzt. Das haben Aki und Nobby entschieden, dass heißt, das ich eindeutig nicht unqualifiziert dafür bin. "Entweder sie kommen wieder regelmäßig zur Arbeit oder ich werde sie aus meinem Team werfen!", stellt er klar fest und ich muss mir ein Lachen unterdrücken. Heute kann er mir soviel an den Kopf werfen, er wird mir nicht weh tun. Mir geht es heute sehr gut. "Ich rechne es ihnen hoch an, dass sie noch so förmlich bleiben! Wir können uns ruhig dutzen, so oft wie ich jetzt hier sein werde.", ich stehe auf und gehe zur Tür. "Ich wünsche DIR einen schönen Tag.", unterdrücke ich ein weiteres kichern und bin etwas überrascht, dass ich plötzlich so locker bin. Meinem Chef rutscht die Kinnlade runter. Ich will gerade gehen als er etwas sagt, was ich dann doch nicht verkrafte. "Ganz schön stark für jemanden, der zu schwach ist Kinder auszutragen.", er lässt sich auf seinen Stuhl fallen und dreht sich dann und schaut aus dem Fenstern. So sitzt er mit dem Rücken zu mir. Ich schlucke und mir steigen die Tränen in die Augen. Dann laufe ich raus und schließe mich in meinem Büro ein. Die Jalousien ziehe ich komplett runter und bewege mich keinen Zentimeter von meinem Stuhl.

Als es an der Tür klopft, zucke ich heftig zusammen. Juli kommt sofort darauf hinein und mein erster Blick geht zur Uhr. Ich sitze seit 5 Stunden hier? Dann wische ich mir fix über die Wangen, die immer noch nass sind. "Hey, ich dachte du wolltest mich unten empfan...", er stoppt und seine Gesichtszüge entweichen ihm. "Maus? Was ist passiert?", Juli schließt die Tür und rennt praktisch zu mir. Sofort schmeiße ich mich in seine Arme und weine mich aus. Julian nimmt mich hoch und wir gehen in Nobbys Büro. Dort setzen wir uns auf seine Couch. Nobby ist nicht da. Ich erzähle Julian in Kurzfassung, was passiert ist und er schaut mich fassungslos an. "Der kann was erleben. Das ist echt unglaublich!", Julian steht aufgebracht auf und ich halte ihn fest. Dann flehe ich ihn an. "Julian, ich bitte dich! Bitte lass mich das alleine ausfechten. Ich möchte nicht, dass er mich deshalb nochmal unterordnet. Ich möchte, dass er meine Arbeit wertschätzt. Ich lass mich nicht terrorisieren. Er will doch, dass ich aufgebe.", sage ich überzeugt, wobei meine Stimme noch immer dünn ist. "Kora! Er hat in dein Privatleben, in unser Privatleben, eingegriffen. Er hat dich aufs unterste gedemütigt und nochmal nach getreten. Der soll sich nie wieder trauen meine Frau so anzumachen! Das geht absolut gar nicht!", macht er mir klar, was er gerade denkt und fühlt. "Juli, ich bitte dich. Bitte, bitte tu nichts. Er will genau das sehen. Ich bin stark genug, dass selber auszufechten.", ich halte ihn an seinen beiden Händen, weil er sonst abhauen würde. "Kora, sei mir nicht böse, aber ich glaube du bist aktuell nicht stark genug. Du hast den ganzen Vormittag hier im Büro gesessen und du hast geweint. Wenn ich noch eine Nacht länger weg gewesen wäre, dann hättest du wahrscheinlich auf diesem Stuhl geschlafen oder du hättest da gesessen und nichts gemacht. Jedenfalls wärst du nicht nachhause gefahren.", Julian nimmt mein Gesicht in seine Hände. "Maus, ich möchte dir nur helfen! Wir können auch gemeinsam hingehen. Oder wir gehen zu Aki oder zum Chef deines Chefs. Schließlich ist der nur einer der kleinen Männer. Der darf sich hier gar nichts erlauben!", Juli küsst meine Stirn und versucht mich zu überreden. "Nein!", sage ich entschlossen. Julian schaut mir lange in die Augen und lässt seine Schultern hängen. "Ich lasse aber sicherlich nicht zu, wie du an dieser Person kaputt gehst. Wenn du es nicht alleine hin bekommst, dann werde ich doch eingereifen."

Foul! - Julian Brandt Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt