T W E N T Y - S I X

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Mit aller Kraft hielt ich dem natürlichen Instinkt meines Körpers stand, vor dieser Gefahr wegzulaufen.
Ich hatte ihn nie als Gefahr eingeschätzt, er hatte nicht einmal den Körper einer Gefahr.
Doch wie leicht man sich in Menschen täuschen kann.

Langsam - wie als wäre ich ein scheues Wildtier - näherte sich Jakob mir und streckte dabei sogar die Hand beruhigend aus.
Jede einzelne Gehirnzelle schrie, ich solle mich verstecken, doch da gab es noch diese eine - diese eine die mich zum Bleiben motivierte.
Diese naive Seite von mir.
Auf einmal blieb er reglos stehen.
Sekunde um Sekunde in der er hier so stand, verlor ich immer mehr meinen Taff und wich doch einen Schritt zurück.
Diese kleine Bewegung riss ihn aus seinen Gedanken zurück in die reale Welt und mit einem Satz, der zu schnell für mein Auge war, sprang er auf mich zu, packte mein Handgelenk und zog mich nah an ihn heran.
Augenblicklich versteifte mein Körper sich, solche Gesten war ich von Halbfremden nicht gewohnt.
"Was machst du da?", hauchte ich, konnte jedoch nicht vollständig das unerwünschte Zittern meiner Stimme unterdrücken.
Schweigen.
Nach einer halben Ewigkeit, in der ich schon gar nicht mehr mit einer Antwort rechnete, flüsterte er plötzlich mit vor Trauer rauer Stimme: "Es tut mir leid, Wally."
Mit einem Ruck riss er sich aus der Umarmung und rannte davon.
Ließ mich einfach alleine in dem wilden Strudel der neu herunterkommenden Schneeflocken stehen. Allein.

      

Zitternd vor Kälte und der Anstrengung durch den, mit nun bis zu den Waden gehenden Schnee, zu gehen brachen meine Beine unter mir zusammen.
Ich konnte nicht sagen, wie lange ich nun schon vom Internat fern blieb, jedoch schon länger als die eigentlich geplanten zwei Stunden.
Der weiße Puder fiel in rasanter Geschwindigkeit, schon fast überirdisch.
Mit letzter Kraft drehte ich mich auf meinen eh schon durchnässten Rücken und hob den Blick zum Himmel.
Durch die ein oder andere Schneewolke fiel das zarte Licht der Sterne auf die Erde herab, perfekt harmonisch abgestimmt mit dem, fast schon romantischen, Blutmond.
Eine kleine Flocke reflektierte sich noch einmal einzeln im Licht der Nacht, bevor sie mit einem leichten Windhauch mit dem am Boden liegenden, weißen Teppich verschmolz, teil einer Einheit wurde.
Erschöpft drehte ich mich auf die linke Seite und beobachtete halb fasziniert, halb lächelnd das Schauspiel der unter meinem Atem schmelzenden Eiskristalle.
Müde durch die Macht der Erschöpfung schloss ich die Lider und bekam nur noch durch einen dämpfenden Schleier mit, wie sich hastige Fußschritte mir näherten und ich ruckartig aufgehoben wurde.
                                                                              
                        
Wer ist das wohl?
Und warum wird sie überhaupt aufgehoben?
Vermutungen?

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