6. Villeby

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Frieda hatte sich die ganze Fahrt über mit ihren dünnen Armen, wie ein kleiner Klammeraffe, an mir festgehalten

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Frieda hatte sich die ganze Fahrt über mit ihren dünnen Armen, wie ein kleiner Klammeraffe, an mir festgehalten. Sie war wirklich extrem aufgeregt gewesen, denn ich hatte ihren rasanten Herzschlag spüren können.

„Und, gut überstanden?", erkundigte ich mich, löste den Pferdeschwanz und bauschte meine Locken wieder auf. „Naja, zwischendurch dachte ich schon, es wäre vorüber mit mir.", gab sie zu und nestelte schüchtern an ihrem Fischgrätenzopf herum. „Es ist doch gar nichts passiert.". „Ja, aber fast!", sie schaute mich beinahe entsetzt an. „Du lebst, du bist unversehrt- alles paletti! So, und jetzt komm!", ich nahm sie bei der Hand und zog sie Richtung Pier.

Wir schlenderten über die minimale Strandpromenade und warfen Blicke in die Schaufenster der wenigen Läden. Ich balancierte auf der Bordsteinkante und pfiff die Melodie aus Pipi Langstrumpf, während Frieda neben mir her ging. Sie schaute sich immer wieder unsicher um. „Ist dir das denn gar nicht peinlich?", fragte sie schließlich und machte mich auf die vereinzelten Leute um uns herum aufmerksam. „Nee, aber dir?". Sie nickte. „Ach Friedachen, du musst noch einiges lernen.", seufzte ich. „Warte mal, wie alt bist du nochmal? Fünfundneunzig?". Ich lachte. „Achtzehn, aber meine Seele, die ist ganz alt. So wie deine.". Sie schwieg einen Moment, vertieft in ihre Gedanken. „Glaubst du...". Ich unterbrach sie: „An ein Leben nach dem Tod? Nein, aber ich hätte nichts dagegen! Sollte es danach wirklich zu Ende sein, mir egal. Ich leb yolo.". Frieda dachte über meine Worte nach. „You only live once, ist das ein Lebensstil?". Ich sprang vom Bordstein direkt vor sie und sprach: „Nicht nur ein Lebensstil! Eine Philosophie, eine Sichtweise, eine Weisheit! Und eine Emotion, denn ich fühl mich yolo.". Sie musterte mich kritisch. „Ist das überhaupt möglich, ein Gefühl von Yolo?". „Offensichtlich, das beste Beispiel steht vor dir!", ich drehte mich einmal um meine eigene Achse.

Wir gingen ein Stück weiter zum kleinen und sehr heruntergekommenen Hafen. „Und wie fühlt es sich an an?". Ich betrachtete die alten Fischerboote, die gemächlich im im Wasser hin und her schaukelten. „Frei. Autonom. Unaufhaltsam. Lebendig. Erfüllt...". „Ich würde es auch gerne fühlen.", flüsterte sie sehnsüchtig. Ich lächelte sie an. „Du hast gar keine andere Wahl, wenn du bei mir bist.".

Spätestens als Friedas Bauch vor Hunger knurrte, begaben wir uns auf dem Weg zum Fischheini. Die Bude gehörte meinem Onkel Ole, war nur ein paar Meter vom Hafen entfernt, direkt auf dem nächsten Parkplatz, und verkaufte die allerbesten Fischbrötchen der Welt.

„Sonnenschein, lange nicht gesehen! Wie geht's euch?", fragte Ole freudig, als er uns erblickte. „Gut und dir?", ich legte meine Arme auf dem Tresen ab. „Kann mich nicht beklagen. Hat Isa immer noch zu viele Räucherstäbchen eingeatmet und läuft barfuß in Walla-Walla-Gewändern durch den Garten und beschwört höher Mächte?". Ich schmunzelte, denn er hielt nicht viel von den Praktiken seiner Schwester. „Jap, alles so wie immer. Irgendjemand muss ja die bösen Geister vertreiben!". Er lachte und sein Blick fiel auf Frieda, die wenige Schritte hinter mir stand. „Wen hast du denn da mitgebracht? Die kenne ich noch noch gar nicht! Eine deiner neusten Eroberungen?", hakte er nach. Ich beugte mich noch weiter über den Tresen und flüsterte: „Oh, das ist eigentlich ein wildfremdes Mädchen. Ich hab sie sozusagen entführt.". Ole tat so, als wäre er schockiert und hielt sich die Hand vor den Mund. „Nicht, dass das blutig endet und ich hier in irgendeinen Kriminalfall verwickelt werde!". Er zwinkerte mir zu. „Keine Sorge, sie ist ganz willig, oder Friedachen?", ich stupste sie an und sie nickte etwas verwirrt. „Das war jetzt nicht sehr überzeugend.", ich lachte und legte einen Arm um sie. „Wir hätten gerne zwei deiner Spezialrezept-Fischbrötchen und zwei Limonaden.".

Während Ole die Fischbrötchen extra frisch für uns zubereitete, erkundigte ich mich nach seiner aktuellen Perle. „Wie läufts denn mit Barbara?". Die beiden führten nämlich eine ziemlich holprige Beziehung. „Babsi macht gerade Reha, genauer gesagt, ihre Katze. Die hatte nämlich eine Op. Mit Herzstillstand, Wundsekret-Stau und allem drum und dran. Ich wusste ja gar nicht, das Katzen auch zur Reha gehen können! Und das Viech ist so alt, das läuft mit Windel rum und bekommt vorgekaute Nahrung. Ich hätte es ja einschläfern lassen, allein wegen den ganzen Kosten!". Ich bestätigte seine Aussagen: „Du, ich bin da ganz bei dir. Das ist weder für die Katze schön, noch für sie.". Er zuckte ratlos mit den Schultern und reichte Frieda und mir die Fischbrötchen und Limonaden. „Lasst es euch schmecken!". Wir bedankten uns und suchten ein nettes Plätzchen auf einer Bank mit einem perfekten Blick auf den Hafen.

𝐖𝐚𝐬 𝐟𝐮̈𝐫 𝐢𝐦𝐦𝐞𝐫 𝐢𝐬𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt