19. Wie Nord- und Südpol

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„Hier, probier mal!", forderte Maja mich auf und steckte sich eine Erdbeere zwischen die Lippen

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„Hier, probier mal!", forderte Maja mich auf und steckte sich eine Erdbeere zwischen die Lippen. Ich versicherter mich, dass uns gerade niemand beobachtete, beugte mich vor, küsste sie und biss ein Stück der süßen Frucht ab. Wir knieten in dem Erdbeerbeet des Gartens und waren am Ernten, während Lotte und Isa in der Küche Marmelade kochten. Meine Mutter war in ihrem Zimmer am Arbeiten, wie immer. So richtig abschalten und Urlaub machen konnte sie irgendwie nicht. 

Als wir die Körbe mit Erdbeeren gefüllt hatten, trugen wir sie in die Küche. Sofort stieg mir der unbekannte Duft von frisch gekochter Marmelade in die Nase. Isa und Lotte sangen fröhlich Lieder von irgendeiner alten Schallplatte mit, ihre Schürzen waren mit roten Flecken übersäht. „Da seid ihr ja endlich, was habt ihr denn solange getrieben?". Maja und ich schauten uns verschmitzt an. Eventuell war es nicht bei einem Kuss im Erdbeerbeet geblieben. Und auch nicht bei zweien. Isa bemerkte unsere Blicke und sagte daraufhin: „Schon gut, ich frage gar nicht weiter nach.". Sie zwinkerte uns zu. Bestimmt wurde ich mal wieder total rot, doch auch Maja sah etwas ertappt aus.

Wir setzten uns an einen Tisch auf der Holzterrasse und begannen den Strunk herauszuschneiden, nachdem wir die Erdbeeren gewaschen hatten. „Sag mal was auf Französisch für mich, bitte.", forderte Maja mich plötzlich auf. Ich schaute sie fragend an. „Warum das?". „Weil ich möchte, dass du mir etwas verführerisches ins Ohr säuselst.", antwortete sie. Wir mussten lachen. Allerdings beugte ich mich tatsächlich vor und flüsterte ihr etwas zu. „Und was bedeutet das?", ihre Augen funkelten entzückt. Ich musste schmunzeln und verschränkte die Arme. „Das wüsstest du wohl gerne, was?". Sie trat unterm Tisch gegen mein Schienbein und schaute mich beleidigt an. „Au, du musst doch nicht gleich gewalttätig werden! Manche Dinge sollte man eben für sich behalten.", sprach ich.

Ohne Vorwarnung schob sie geräuschvoll ihren Stuhl nach hinten, stand auf und marschierte in den Garten. Sie war doch jetzt nicht wirklich eingeschnappt, oder? Besorgt sprang ich auf und rannte ihr hinterher. „Maja?! Maja, du-.", plötzlich griff eine Hand nach mir und presste mich gegen die hintere Hauswand. Sie grinste mich anzüglich an. „Sei nicht immer so ungezogen, Friedachen.", raunte sie mir zu und fuhr mit dem Finger sanft über meine Lippen. „Du wolltest nur mit mir alleine sein.", bemerkte ich. Ihr Plan war offensichtlich. „Na wenn das nicht mehr als ungezogen ist, dann weiß ich auch nicht.", blitzschnell drehte ich uns um. Jetzt war sie diejenige, die gegen die Wand gedrückt wurde. Wir schauten uns in die Augen. Es herrschte eine Anziehungskraft, die ich noch nie erlebt hatte. Als wären wir zwei Magnete. Sie der Südpol, ich der Nordpol.

Nach getaner Arbeit entspannten Maja und ich in einer Hängematte, die zwischen zwei Bäumen im Schatten gespannt war. Unzählige Erdbeermarmeladegläser standen in der Küche, Isa und Lotte hatten sich für ein Mittagsschläfchen hingelegt. Wir waren alle total erschöpft, dazu kam noch die Hitze des Hochsommers. Ich schloss die Augen und genoss den Moment, während wir ein bisschen hin und her schaukelten. Plötzlich klaute mir Maja die Kirschen von einem Ohr weg, mit denen wir uns beim Marmelade machen noch geschmückt hatten. „Hey, wir haben doch erst vorhin über Ungezogenheit gesprochen!", beschwerte ich mich. Sie steckte sich genüsslich die Kirschen in den Mund. „Geredet haben wir wenig, wir waren ja eher mit ... anderen Dingen beschäftigt.", sie spuckte die Kerne in weitem Bogen davon. „Hast du eigentlich inzwischen über dein Outing nachgedacht?", erkundigte sie sich dann. Ich seufzte. „Nicht wirklich, aber man muss sich ja auch nicht immer labeln. Schließlich bin ich keine Kiwi im Supermarkt, die Aufkleber mit Ursprungsland und Gewicht braucht.". Maja dachte nach, ihre Stirn kräuselte sich. „Verstehe.". Nervös begann ich die Haut um meinen Fingernagel herum aufzukratzen. „Ich glaube nur, es wäre einfacher für dich ... für mich ... für uns.". Für uns. Wir waren eine Illusion, die noch maximal drei Wochen halten würde. Mein ganzes Leben regelrecht ins Chaos stürzen, nur für ein paar Tage voller Zärtlichkeit und Glück? Der Preis erschien mir höher, als der Gewinn. „Ich will dich zu nichts zwingen, nur denk bitte irgendwann noch mal drüber nach, ja?". Ich nickte. Wir lächelten uns an. Maja holte ihre Ukulele hervor und spielte ein paar Lieder, während ich in meine Gedanken abdriftete. 3 Wochen. 21 Tage. 504 Stunden. Zu wenig Zeit.

𝐖𝐚𝐬 𝐟𝐮̈𝐫 𝐢𝐦𝐦𝐞𝐫 𝐢𝐬𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt