13. Pommes und Weißwein

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Die Nacht legte sich langsam schützend übers Land, die Welt hatte sich schlafen gelegt

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Die Nacht legte sich langsam schützend übers Land, die Welt hatte sich schlafen gelegt. Es war kein Vogelgezwitscher mehr zu hören und der Mond hatte würdevoll den Platz der Sonne eingenommen. Heute war eine Weißweinnacht, laut Maja, und sie hatte fettige Pommes vom Dorfimbiss und eine Flasche billigen Weißwein besorgt.

„Was ist eine „Weißweinnacht"?", erkundigte ich mich und trank einen Schluck aus meinem Glas. Ich konnte nicht anders, als mein Gesicht zu verziehen. Alkohol war nicht so mein Ding. „In solchen Nächten sagt man immer die Wahrheit, ohne Umspielungen und Beschönigungen. Man sieht der Realität ins Auge, gewinnt Klarheit.", antwortete sie und ließ ihren Blick weiter über den Sternenhimmel schweifen. Wir lagen nebeneinander auf derselben Decke im Sand wie heute Nachmittag. „Hast du eigentlich Pläne für die Zukunft?", fragte ich. Sie rollte mit den Augen. „Zukunftspläne sind was für Langweiler, ich habe nur Zukunftsideen.". Gespannt schaute ich sie an. „Und die wären?". „Ich mach eine Weltreise und kauf mir ein Lama.", sagte sie stolz. „Und deine?".
„Ich würde gerne studieren, am liebsten in Frankreich."
„Sprichst du ausreichend Französisch?". Ich nickte.
„Was hält dich dann zurück? Du wirkst unentschlossen."
„Ich könnte nicht einfach von Zuhause abhauen, so wie du. Ich hab meine Familie, einen Vater.".

Sie richtete sich ruckartig auf. „Ich habe auch einen Vater, Frieda, nur er hat entscheiden, mich niemals kennenlernen zu wollen.". Verdammt. Ich setzte mich ebenfalls auf. „Maja, das war nicht so gemeint.". Sie drehte sich zu mir und lächelte müde. „Ich weiß, ist nur ein sensibles Thema bei mir. Du hast nichts falsches gesagt.". Zum ersten Mal sah ich sie ohne den Glanz, ohne das atemberaubende Strahlen. Ohne die rosarote Brille. Einfach nur Maja. „Wann hat dich eigentlich das letzte Mal jemand so richtig umarmt?", wollte ich wissen. Keine Antwort, nur ein kurzer Augenkontakt. Mitfühlend streckte ich meine Arme aus, sie kam zu mir gekrabbelt und umarmte mich vorsichtig. Ich hielt sie fest, streichelte ihr über den Kopf. Ohne ein Gefühl von Zuhause war man vielleicht freier, aber auch gleich viel einsamer.

Es war kühl geworden, wir hatten uns unter eine weitere Decke gekuschelt und genossen die klare Sicht auf den Sternenhimmel. Die Lage hatte sich beruhigt. „Erzähl mir etwas, dass keiner weiß.", flüsterte Maja. Unsere Nasenspitzen berührten sich. Ich holte tief Luft und sprach leise: „Nirgendwo auf dieser Welt fühle ich mich richtig oder zugehörig, sondern immer fehl am Platz. Als wäre ich ein Alien, von allen unverstanden. Ich passe in keine Schublade.". Sie schmunzelte. „Ich dachte, du wärst ein Durchschnittsmensch?". „Das ist eher eine Ausrede, um überhaupt irgendeine Rolle zu haben.", gab ich zu. „Dann mach deine eigene Schublade auf, erfinde deine eigene Rolle.". Ich legte meinen Kopf noch mehr in den Nacken und schloss für einen Moment die Augen. „Das klingt total logisch, aber überhaupt nicht einfach.". Sie lachte kaum hörbar. „Kein Prozess ist einfach, Friedachen.". Ein angenehmes Schweigen entstand.

„Ich habe Angst davor, mich an jemanden zu binden, alles auf eine Karte zu setzten und dann verlassen zu werden. Jemandem mein Leben anzuvertrauen und am Ende alleine da zustehen. Deswegen hatte ich noch keine wirklich feste Beziehung, irgendwann habe ich immer einen Schlussstrich gezogen.", wisperte Maja und ließ mich somit an ihren tiefsten Gedanken teilhaben.
„Ich werde nicht gehen."
„Mhm, ich weiß. Aber ich.". Unsere Finger verknoteten sich.
„Wann?"
„Nicht heute und nicht nicht morgen."
„Dann brauche ich mir ja noch keine Gedanken machen.", sagte ich und kuschelte mich an ihre Schulter. Natürlich dachte ich doch darüber nach.

Irgendwann begann Maja zu singen, in die stille Nacht hinein und nur mit dem Meeresrauschen als Begleitung. Red, von Taylor Swift, mit geänderten Pronomen. Eins meiner Lieblingslieder. Sie wusste es.

„Touching her was like realizing all you ever wanted
Was right there in front of you
Memorizing her was as easy as knowing all the words
To your old favorite song"

𝐖𝐚𝐬 𝐟𝐮̈𝐫 𝐢𝐦𝐦𝐞𝐫 𝐢𝐬𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt