8. Stille Wasser sind tief

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Die Sonne strahlte gnadenlos auf die Erde und am Himmel war weit und breit keine einzige Wolke zu sehen

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Die Sonne strahlte gnadenlos auf die Erde und am Himmel war weit und breit keine einzige Wolke zu sehen. Endlich der Beginn vom lang ersehnten Hochsommer. Während die Grillen lautstark ein Konzert im hohen Gras veranstalteten, hatte ich es mir auf der Holzterrasse gemütlich gemacht und studierte die Europakarten im Atlas. Dabei fiel mein Blick immer wieder auf Frieda, die sich nicht weit entfernt unter der knorrigen Kastanie ein schattiges Plätzchen gesucht hatte und ein Buch las. Eine kaum spürbare Brise spielte mit ihrem Pony und erst jetzt fiel mir auf, wie zart sie doch wirkte, so zart wie manch ein Lana Del Rey Song. Ihr schmaler Körper, das sanfte Gemüt- man hatte das Bedürfnis, sie vor allem Bösen auf dieser Welt zu beschützten. Und ich wollte auf sie aufpassen, sie umarmen, in einsamen Nächten Trost spenden. Ein Teil ihres Lebens sein.

Ich beschloss ihr Gesellschaft zu leisten. Wir hatten die letzten Tage nur wenig Zeit miteinander verbracht, da sie Ausflüge mit ihrer Familie unternommen hatte. Aber immerhin wohnten wir im selben Haus.

„Was liest du da?", fragte ich und ließ mich neben ihr nieder. „Ein Buch.". Ich musste schmunzeln. „Wieso hab ich nur mit dieser Antwort gerechnet?". Wir schauten uns grinsend an. Vorsichtig streckte ich meine Hände aus und nahm ihr die Brille von der Nase, die sie scheinbar nur zum Lesen brauchte. Ich setzte sie mir selbst auf, nahm Frieda das Buch aus der Hand und begann die aufgeschlagene Seite zu lesen. Mit großen Augen schaute ich zu ihr hoch, denn mit einer Erotik-Szene zwischen zwei Mädchen hatte ich nicht gerechnet. Ihre Wangen röteten sich und sie schaute beschämt auf den Boden. „Du überrascht mich, Friedachen, aber die hellsten Kerzen bergen den dunkelsten Schatten.". „Ähm, eigentlich bin ich nicht so drauf.", stotterte sie, während ich ihr die Brille und das Buch wiedergab. „Schade, steht dir gut.". Ich zwinkerte ihr zu und stand auf, denn ganz in der Nähe hatte ich den Gartenschlauch erspäht.

Meine Mutter sagte oft: „Flausen im Kopf sind der Airbag für die Seele.". Und in diesem Sinne, würde mich ein langes Leben erwarten.

„Allerdings glaube ich, du brauchst bei so einer Geschichte dringend eine Abkühlung!", blitzschnell drehte ich den Wasserhahn auf, schnappte mir den Schlauch und rannte auf Frieda zu. Sie schaute mich entsetzt an. „Was hast du vor?", leichte Panik schwang in ihrer Stimme mit. „Maja? Was-.". Als sie das kühle Wasser traf, rappelte sie sich hektisch auf und rannte Richtung Felder. Der Schlauch war viel zu kurz, also füllte ich einen Eimer mit Wasser und versuchte ihr hinterher zu laufen, doch sie war leider viel schneller als ich und schon bald hatte ich sie aus den Augen verloren. Suchend huschte ich einmal ums Haus herum, gewappnet Frieda jeden Moment zu entdecken. Plötzlich knackte ein Ast hinter mir. Noch bevor ich mich umdrehen konnte, traf mich ein Schwall eiskaltes Wasser. „So war das aber nicht geplant!", rief ich und blickte direkt in ihr schelmisches Gesicht. „Ich dachte, kein Plan ist dein Plan.", erwiderte sie. Mir blieb der Mund offen stehen. Sie hatte mich besiegt, aber ich würde noch ganz bestimmt nicht aufgeben. Mein Blick fiel auf den vollen Eimer neben mir. Blitzschnell bückte ich mich, hob ihn hoch und war bereit ihn über Frieda auszuschütten, doch sie war schon wieder verschwunden. Konzentriert suchte ich den Garten ab und entdeckte eine zarte Hand, die hinter dem Baumstamm der knorrigen Kastanie hervorblitzte.

Ich schlich mich auf Zehenspitzen an, in der Hoffnung, sie würde mich gar nicht bemerken. Schritt für Schritt kam ich ihr näher.  Sie hatte noch keine Ahnung, dass ich direkt hinter der anderen Seite des Baumes stand. Dynamisch ging ich in die Knie und sprang ihr direkt vor die Füße. Sie sog erschrocken die Luft ein, gab aber keinen Laut von sich. Einen Arm stützte ich neben ihr und den anderen über ihr ab, sodass sie keine Möglichkeit hatte, zu entkommen. Dadurch waren sich unsere Gesichter ungeahnt nah. „Dachtest du, du kannst dich vor mir verstecken? Unmöglich, auch Gänseblümchen werden von den richtigen Menschen gefunden.". Sie lächelte charmant. „Denkst du, ich hätte mich hier versteckt, wenn nicht genau das mein Ziel gewesen wäre?". Grinsend schüttelte ich mit dem Kopf. Aber ich mochte diese kesse Seite an ihr, sehr sogar. „Ist dir etwa die Hitze zu Kopf gestiegen, Friedachen?", fragte ich amüsiert. Ihre Augen funkelten spitzbübisch. „Meinst du die Hitze, die du gerade ausstrahlst? Hast du Fieber oder bringe ich dich so zum Glühen?". Mir war in der Tat total warm und in meinem Bauch kribbelte es wohlig. Ich ließ von ihr ab und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. „Gut, du hast gewonnen.", gab ich zerknirscht zu und reichte ihr den Eimer voll Wasser. „Lass mal, ich möchte jetzt einfach nur in Ruhe weiterlesen.", sagte sie und schnappte sich ihr Buch, während ich mich wieder zur Terrasse begab.

Frieda machte es sich wieder im Schatten gemütlich und war sofort ins Lesen vertieft, als wäre nichts passiert. Als hätte sie mir nicht unerwartet die Stirn geboten, als hätte sie nichts von den Funken zwischen uns verspürt. Und als hätte sie nicht nur mal kurz die Persönlichkeit gewechselt.

𝐖𝐚𝐬 𝐟𝐮̈𝐫 𝐢𝐦𝐦𝐞𝐫 𝐢𝐬𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt