25. Vergissmeinnicht

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In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages wachte ich auf

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In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages wachte ich auf. Alleine. Neben mir auf der Matratze lag nur noch ein Strauß taufrischer Vergissmeinnicht. Ich hörte, wie ein Motor aufheulte. So schnell wie möglich suchte ich meine Kleidung zusammen und warf dabei vor lauter Hektik die Weingläser um. Ich musste sie einfach noch erwischen. Stürmisch polterte ich die Treppen hinunter und rannte nach draußen. Ihr Partybus war weg. Suchend sah ich mich um, schaute nach rechts und links, doch keine Spur von Maja. Verzweiflung bahnte sich in mir an. Sollte das nun das Ende sein?! Hoffnungslos raufte ich mir die Haare. Es hatte aufgehört zu regnen, die Natur erstrahlte in einem neuen Glanz und die Sonne kroch gerade erst langsam am Horizont empor.

Plötzlich erregte ein roter Lockenkopf unten am Strand meine Aufmerksamkeit. Vielleicht hatte sie ja ihr Auto für die Zeit der Reise verliehen. „Maja!", schrie ich so laut ich konnte und sprintete los. Erst als ich näher kam, erkannte ich die Person. Es war nicht Maja. „Wo ist sie hin?". Isa schaute mich verwirrt an. „Hat sie dir nicht Lebewohl gesagt?". Keuchend schüttelte ich mit dem Kopf. „Nein, in welche Richtung ist sie gefahren?". Quietschende Reifen unterbrachen unsere Unterhaltung. Ich erblickte einen sonnenblumengelben Van. Sie war zurückgekommen. Mit letzter Kraft kämpfte ich mich den Weg zum Haus hinauf. Maja sprang aus dem Auto, sie sah schuldbewusst aus. „Wolltest du gehen, ohne dich zu verabschieden?!", brachte ich gerade so heraus. „Ja, das war mein Plan. Ich dachte, es wäre so einfacher für uns.". Empört und immer noch keuchend stemmte ich die Hände in die Hüften. „Das ... war ein scheiß Plan! Und eigentlich .... müsste ich dir jetzt eine reinhauen!". Sie blickte mich zerknirscht an und nickte zustimmend. „Aber das Gefühl, als ich gemerkt habe, dass du weg bist, war schlimmer als alles andere.", ich starrte ins Leere und versuchte meine Tränen zurückzuhalten. „Wahrscheinlich mindestens genauso schrecklich wie das Gefühl, als ich gegangen bin und mir klar wurde, dass ich dich damit sehr verletzte.". Ihre Augen wurden glasig.

Wir schauten uns einen Moment lang an und fielen uns dann in die Arme. „Wieso können wir nicht ein Happy End wie in den ganzen Filmen haben?", schluchzte ich. Maja drückte mich fest an sich und streichelte mir beruhigend über den Kopf. „Das hier ist ganz einfach kein Film. Wir sind nicht füreinander bestimmt, Friedachen.". Ich holte tief Luft und fragte mit brüchiger Stimme: „Warum fühlt es sich dann so richtig an?". Sie suchte nach den richtigen Worten. „Wir waren genau richtig für den Moment, für die sechs Wochen. Wir waren wichtig für den aktuellen Lebensabschnitt und die Entwicklung des Anderen, falls du nach einem Sinn suchst. Obwohl Liebe eigentlich nie Sinn macht.". Beiläufig schaute sie auf ihre Uhr. „Mein Flieger geht in einer Stunde, ich muss mich langsam beeilen.". Schweren Herzens ließ ich sie los.

Maja zog einen zerknitterten Zettel aus ihrer Hosentasche. „Ich möchte, dass du ihn in eine Flaschenpost steckst und ins Meer wirfst.". Sie reichte mir unsere Bucketlist, mit der eigentlich alles angefangen hatte. Ich wischte mir die Tränen von den Wangen und verstaute das Stück Papier neben dem vertrocknetem Kleeblatt in meiner Jackentasche. „Aber weshalb?". „Weil wir uns wiedersehen werden. Und dann wird uns die Flasche finden.". Ich schaute sie verwirrt an. „Wie kannst du dir da so sicher sein?". Sie zuckte mit den Schultern. „Bauchgefühl.".

Der Zeitpunkt des Abschieds war gekommen, vor dem ich mich so sehr gefürchtet hatte. Wir umarmten uns und ich versuchte so genau wie möglich, alles in meinem Kopf zu speichern. „Darf ich dich noch einmal küssen?", flüsterte ich tränenselig. Ich spürte, wie sie lächelte. „Natürlich.". Unsere Lippen trafen sich ein letztes Mal und ich dachte an all die Küsse davor. Den Ersten an der Feuertonne, die aus unseren leidenschaftlichen Nächten und an den, von gestern Abend. Wir lösten uns voneinander. „Falls du nach Frankreich gehst um zu studieren, schickst du mir ne Postkarte?". Ich nickte. „Versprochen?". Unsere kleinen Finger verschränkten sich. „Versprochen.". Maja stieg wieder in ihren Van und schloss die Tür. „Nur an welche Adresse?", hakte ich nach. „Sie wird mich schon erreichen. Pass auf dich auf, ja? Und vergiss mein nicht, Friedachen!". Unsere Blicke trafen sich zuletzt im Rückspiegel, sie startete den Motor. „Wie könnte ich nur.", hauchte ich. Dann brauste sie auch schon davon, mit Vollgas. So wie immer. Und weg war Maja, meine erste große Liebe.

Nach einer Weile gesellte sich Isa zu mir. Ich stand noch immer auf der Auffahrt und schaute ins Leere. Sie reichte mir die ausgewaschene Rotweinflasche von gestern und den Strauß Vergissmeinnicht. „Eure Wege werden sich erneut kreuzen, wenn es an der Zeit ist. Vertrau mir.". Sie tätschelte meinen Arm und ging dann wieder zurück ins Haus. Schwermütig trottete ich zum Strand und ging bis zu den Knien ins Wasser. Ich steckte die Bucketlist in die Flasche, presste den Korken darauf und warf sie weit weg ins Meer, dem Sonnenaufgang entgegen. So hatte ich also auch ihren letzten Wunsch erfüllt.

Was nun geblieben war? Die Zeichnungen von ihr, das vierblättrige Kleeblatt, der Strauß Vergissmeinnicht und die Erinnerungen an einen Sommer, den ich nie vergessen würde. Der Sommer, in dem ich mich selbst fand. Danke, Maja.

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𝐖𝐚𝐬 𝐟𝐮̈𝐫 𝐢𝐦𝐦𝐞𝐫 𝐢𝐬𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt