Man musste mich mittlerweile nicht mehr wecken, mein Schlafrhytmus hatte sich angepasst, sodass ich jeden vedammten Morgen, egal ob das nur wenige Stunden Schlaf gehabt hatte, kurz vor Sonnenaufgang aufwachte.
Auch diesen Morgen hatte ich nicht genug Schlaf bekommen, doch trotzdem war schon Hochbetrieb, wenn man das so nennen konnte, mit bloß zwei Bewohnern im Haus. Maxime stand jeden Tag um vier Uhr auf, seine Frau, Katharina sogar schon eine Stunde früher, um den Ofen an zu heißen und frisches Brot zu backen. Es war wirklich sehr altmodisch. Aber die beiden taten mir auch etwas leid, sie hatten fünf Kinder, welche mittlerweile jedoch alle in einer großen Stadt mit ihrer eigenen Familie lebten. Vielleicht arbeitete ich deswegen immer noch hier, auch wenn ich ehe nicht so schnell wieder weg kommen würde, auf Grund von mangelnden Verkehrsmitteln. So viel Glück, per Anhalter bis nach Vermont, zu kommen hatte ich auf jeden Fall nicht.
Trotz ihrer sechzig Jahre, hatte Katharina ein erschreckend gutes Gehör, denn bevor ich auch nur die Tür aufgemacht hatte, flötete sie mir schon ein für die frühen Stunden viel zu gut gelauntes Guten Morgen entgegen. ,,Schätzchen, wie hast du geschlafen? Ich habe Maxime ja gesagt, er soll eine Matratze besorgen, aber wir mussten von den Kindern allles verkaufen. Wenn du willst, kann ich dir noch ein bisschen Erde unter die Matte häufen", zwitscherte sie und behielt ihren fröhlichen Tonfall bei, als würde sie nicht fragen, ob es mir gut ging, oder ob meine Rückenschmerzen mich bald umbrachten. Trotzdem wusste ich, dass diese Frau sich Gedanken um mein Wohlergehen machte, und das reichte, um mein Herz,was nicht mehr als komplettes Stück existierte zu erwärmen:,, Nein, alles gut. Ich helfe wo ich kann"
,,Du bist so gütig, Rachel, mein Kind, Gott möge dich segnen", erwiederte die Frau, während sie mir eine dicke Scheibe Brot auf die blitzblanke Tischplatte legte. An sich ein tolles Frühstück, doch mein Magen knurrte, wenn man bedachte, dass ich erst wieder am späten Nachmittag was zu essen bekommen würde.
Trotzdem beschwerte ich mich nicht, sondern versuchte so langsam wie möglich zu essen, um die Zeit heraus zu zögern, bis ich auf das Feld musste. Heute konnte ich wieder ein paar Früchte ernten, die Maxime dann sofort auf dem Markt heute Abend verkaufen würde, was bedeutete, dass ich gegebenenfalls vielleicht mitfahren durfte. Das erste mal seit mehr als einem Monat wieder etwas mehr Zivilisation, doch ich freute mich überhaupt nicht darauf.
Aber es wurde einfach Zeit, meine Rache zu planen. Natürlich, meine Tarnung konnte, je schneller ich mich aus dem Versteck wagt, sofort platzten, jedoch ich hatte immer noch so oft die trostlosen Augen der Leute im Kopf, die jetzt alle in einem Haufen von Schutt und Asche begraben lagen. Egal wie sehr ich mir einredete, dass es für sie eine Erlösung von ihrem ewigen Leid gewesen sein musste, glaubte ich mir selber doch nicht. Ich hatte mit eigenen Händen eine Person ermordet und erst danach erst den Schrecken gespürt, für sie war das, in dem dauer- benebelten Zustand, nicht schlimm gewesen. Und alle Leute in dem Lager, hatte ich umgebracht. Es hätte sicher eine Möglichkeit gegeben, sie zu retten, wenigstens eine Person, doch ich hatte mich zu sehr um das Wohl von Peter gesorgt.
Wenn ich ehrlich zu mir war, was ich aber eigentlich der Einfachheit halber nicht war, dann wusste ich, dass ich es nicht bereuen konnte, ihn gerettet zu haben, nur war da noch diese unsagbare Wut, welche es manchmal schaffte, die Trauer und den Schmerz zu vertreiben.
,,Alles gut, Schätzelchen?", fragte Katharina mich besorgt, weil ich, in meinen Gedanken versunken war. Ich nickte kurz mit meinem Kopf, drängte die Tränen zurück und zerknüllte den Zettel in meiner Hosentasche, den ich heute morgen beim Anziehen noch glatt gestrichen hatte einmal mehr. ,,Alles super, aber ich glaube, ich muss bald weiterziehen.", entgegnete ich, während ich meine Kurzschlussreaktion fast schon wieder in Frage stellte. Aber es wurde verdammt noch mal Zeit,auf zu stehen. Etwas zu tun, die Welt zu verändern, nachdem ich schon so viel schlechtes getan hatte. Captain America hatte es geschafft, einen Großteil von Hydra zu vernichten. Ich würde seine Arbeit komplett zu Ende führen. Und danach, dann würde ich zu Peter zurück gehen, und ihm vor die Füße spucken, oder ins Gesicht schlagen, oder küs... Naja, dazu musste es ehe erst noch kommen. Und bis dahin würde ich jemanden finden, der nicht so mies war.
Ungeduldig klopfte Katherina auf die Tischkante:,, Hörst du mir überhaupt zu?" Es war das allererste mal, dass sie ihre Stimme erhob, dass ihre Mundwinkel sich zu einer straffen Linie verzogen, die Stirn vor Falten gekräuselt,, Du kannst nicht einfach weg gehen. Wenn du willst, bezahlen wir dir mehr, ich sag Maxime, dass er eine super Matratze holen soll, aber , bitte, bleib. Wir brauchen deine Hilfe"
Genau das hatte ich befürchtet. Die beiden hatten wirklich Pech. Sie waren herzensgute Menschen, halfen wo sie konnten und sorgten sich sogar um das Kind, was sie nur im vorbeigehen gesehen hatten, wo sie doch ihre eigenen übermächtigen Probleme hatten. Und dieser bittende, fast flehende Blick dazu. Ich konnte wirklich nicht verstehen, wie ihre Kinder es geschafft hatten, wo ihre Eltern, die doch so nett zu ihnen gewesen sein mussten, sie so dermaßen im Stich zu lassen. Natürlich war es nicht der Traum vom Leben, sich mit all seinen Geschwistern ein Zimmer zu teilen, und während der Erntezeit immer auf dem Feld zu sein, aber selbst ich konnte dem Blick nicht standhalten.
Eigentlich konnte ich ja noch einen Monat warten, helfen, bis das gröbste vom Feld war, aber in der Zeit hätte ich ebenso gut Menschenleben retten können. Verdammt, wie sollte ich das einer älteren Frau erklären, die Kalifornien noch nie verlassen hatte?
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No tomorrow without a YESTERDAY
FanfictionTriggerwarnung* Das Ende. Was ist das eigentlich? Chiara Caruso, Tochter von Tony Stark, hat das Gefühl, die Bedeutung davon viel zu genau zu erkennen. Aber das ist auch kein Wunder, wenn das Leben scheinbar beschlossen hat, ihr Zitrone zu geben und...