Ich hatte mich hiermit ganz offiziell verirrt.
In der Nacht war ich komplett durchgeklettert, bis ich irgendwann oben angekommen war und dort vor Erschöpfung zusammen gebrochen war, sodass ich nicht mal mehr Zeit hatte, ein Zelt auf zu stellen oder meinen unglaublich kleinen Schlafsack heraus zu holen, bevor meine brennenden Augen schon zu fielen.
Als ich dann irgendwann aufwachte, weil es eiskalt war, und ein Vogel begann auf mir rum zu picken, befand ich mich gefühlt mitten in den Bergen. Ich konnte nicht mal die Straße sehen. Anscheinend musste ich in der Nacht wirklich ewig lang geklettert sein, aber es ging nicht steil runter, somdern gab immer mal wieder kleine Abschnitte, wo man stehen konnte. Das war wohl auch der Grund, warum ich nicht irgendwann während des kletterns umgekippt war, denn ich hatte wahrscheinlich selbst in meinem Trancehaftem Zustand noch ein paar kurze Pausen eingebaut. Super, das nannte man Überlebenskünstler.
Allerdings lief ich jetzt schon seit mehreren Tagen. Es mussten vier, oder vielleicht fünf sein, Richtung Norden. Meine Ahnnahme, dass die Berge, wie die Karte es auch zeigte, irgendwann in einer Stadt enden würden, stimmte wohl nicht so ganz. Also hatte ich tatsächlich die falsche Biegung genommen. Super. Doch das war nicht mal mehr mein größtest Problem. Sondern eher, dass mir das Essen langsam aber sicher aus ging. Ich hatte jetzt noch genau eine Dose mit Tomatencremesuppe, aber dieser Vorrat lag auch nur daran, dass ich jetzt seit über einem Tag nichts mehr gegessen hatte.
Wenigstens um das Wasser musste ich mir keine Sorgen machen, denn es regnete genug, dass ich regelmäßig meine Haare unter dem Regenfluss waschen könnte, hätte ich dann Duschgel oder sonstige Hygieneartikel gehabt. Aber selbst wenn sie vor handen wären, würde ich sie ohne mit der Wimper zu zucken wieder mit etwas essbarem tauschen.
Mit einem seuftzen ließ ich meine Schultern einmal kreisen und warf einen Blick auf meinen Kompass, wenigstens konnte ich immer der selben Richtung folgen und lief somit definitiv nicht im Kreis, auch wenn es sich leider ziemlich danach anfühlte, weil die karge Landschaft, welche aus größtenteils Felsen bestand, immer gleich blieb. Keine Bäume, selten immer blattlose Sträucher und nur ganz selten Gras. Also Utha würde ich ab jetzt wohl nie mehr mögen, egal wem oder was ich jetzt noch begegnete.
Vielleicht noch schlimmer als mein Hunger gepaart mit der Erschöpfung waren die Alpträume. An dem Tag, als ich das erste mal mein Zelt in den Felsen aufgebaut hatte, war es angefangen. Und seitdem ging mir das Gesicht von Austin, von Fite und den vielen leidenen Menschen einfach nicht mehr aus dem Kopf. Außerdem wurde ich langsam aber sicher paranoid, alle drei Schritte hielt ich zwanghaft an und schaute mich um, wohl wissen, dass, sollte mich jemand hier finden, ich nie im Leben in der Lage wäre, mich zu verteidigen. Das einzige, was für mich ein sicheres Fundamnt war, war meine Kraft. Ich hatte in der Zeit versucht, sie bewusst zu sammeln. Und tief in mir gab es tatsächlich diesen Brunnen. Einen Brunnen, den ich täglich mit etwas mehr Kraft füllte, indem ich meinen Körper, oder meinen Geist, davon überzeugte, dass ich sie später mehr brauchen würde. Was wohl auch stimmte.
Ich war wieder in meinen Gedanken, die sich diesmal tasächlich nur darum drehten, wann ich die letzte Dose auf machen sollte, versunken, als ich plötzlich etwas ungewöhnliches sah. Es war.. Ein Schild.
Wie von selbst begann ich zu rennen, vergaß für einem Moment meinen riesigen Rucksack auf den Schultern, worauf ich noch das Zeug fürs Zelt geschnallt hatte. Denn da war ein echtes Schild. Mittem im Nichts hatte jemand einen Eisenpfahl in den Felsen gesteckt und daran ein verwittertes Holzschild befestigt. Allerdings war die Schrief auf diesem Schild unleserlich bis komplett verschwunden, aber es musste tatsächlich ein Wegweiser sein. Und die Spitze zeigte genau in die Richtung, wohin ich laufen wollte. Hoffnung keimte in mir auf, konnte es sein, dass ich bald nicht mehr allein war? Es wäre so wunderbar.
Ich lief weiter, meine Schritte waren größer und nach jeder Biegung, jedes mal wenn ich über einen rieigen Geröllhaufen kletterte glaubte ich fest daran, dass ich jeden Moment die Dächer von Häusern sehen würde, ich bildete mir ein, Autos hupen, Menschen schreien zu hören.
Vielleicht hatten die Wissenschaftler doch recht. Menschen waren auch Herdentiere. Ich hatte es vermisst, mit jemanden zu reden. Na gut, eigentlich wollte ich nur noch mal bei Lia im warmen Auto sitzen, oder meinetwegen auch nochmal bei MJ vor meinem Vater unterkommen. Ich wollte nur nicht mehr alleine sein.
Mein Zeitgefühl war komplett verschwunden, aber als ich dann tatsächlich die ersten Anzeichen einer Zivilisation sah, ging die Sonne bereits wieder unter. Es war eindeutig keine schöne Stadt, aber als ich dort stand, auf dem kleinen Felsvorsprung und plötzlich vereinzelte Häuser in weitere Ferne sehen konnte, fühlte es sich an, als hätte ich niemals was besseres gesehen. Selbst der Regen, welcher genau in dem Moment einsetzte machte mir nichts mehr aus.
Vielleicht noch fünf Kilometer, dann hatte ich das erste Haus erreicht. Aber diese Strecke würde ich diesmal deutlich schneller hinter mich legen, da es nicht andauernd bergauf und ab ging, oder ich überall rumkraxeln musste.
Ein Laut der puren Erleichterung stieg in mir auf, und ich konnte nicht mal die kleine Träne der Erleichterung, welche meine rissige Wange herunterollte aufhalten. Und um mich dafür zu schämen war ich gerade einfach viel zu froh.
Die Zivilisation hatte mich zurück. Ich musste doch nicht irgendwo alleine sterben. Und wenn ich wieder bei Kräften war, dann würde ich sofort meinen Plan umsetzten, ohne wenn und aber.
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No tomorrow without a YESTERDAY
FanfictionTriggerwarnung* Das Ende. Was ist das eigentlich? Chiara Caruso, Tochter von Tony Stark, hat das Gefühl, die Bedeutung davon viel zu genau zu erkennen. Aber das ist auch kein Wunder, wenn das Leben scheinbar beschlossen hat, ihr Zitrone zu geben und...